Sreya Chatterjee

Sreya Chatterjee

Drei Mal Jahrgangsbeste, ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts, im November 2023 der Tiburtiuspreis der Berliner Hochschulen für ihre Masterarbeit im Studiengang Konservierung und Restaurierung der HTW Berlin: Die Auszeichnungen verraten, dass Sreya Chatterjee das Thema „Filmrestaurierung“ mit außerordentlich großer Leidenschaft bearbeitet. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin bei Prof. Dr. Ulrich Rüdel (Fachbereich 5) gehört sie zum Planungsteam der Konferenz „Colour in Film“, die vom 11. bis 13. Dezember 2023 in Wien stattfindet. Die internationale Veranstaltung wird von der HTW Berlin in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria und der britischen Colour Group ausgerichtet. Worum es geht und warum sie sich auf die Konferenz freut, verrät Sreya Chatterjee im Gespräch.

Was steht bei „Colour in Film“ auf der Agenda?

Sreya Chatterjee: Im Fokus steht die Farbe im Unterwasserfilm, insbesondere die Arbeit von Hans Hass. Er war ein österreichischer Film- und Tauchpionier und Anfang der 50-er Jahre einer der ersten, der die Welt unter Wasser in natürlichen Farben gezeigt hat. Das war damals etwas Besonderes. Filme wurden ja lange in Schwarz-Weiß gedreht, dann hat man Einzelbilder von Hand bzw. mit Schablonen koloriert, später kamen die bahnbrechende Technicolor-Farbtechnik und andere Verfahren bis hin zum modernen Farbfilm hinzu. Die Konferenz beleuchtet die Prozesse und die Herausforderungen, die damit für die Filmrestaurierung einhergehen. Denn Farbe im Film ist und bleibt eine Herausforderung. Sie hat viele, sehr komplexe Facetten, weshalb auf der Konferenz interdisziplinär diskutiert wird. Bei vergangenen Konferenzen hatten wir bis zu etwa 100 Teilnehmer aus der ganzen Welt. Die einen kennen sich mit Chemie und Physik aus, die anderen haben Erfahrung im Bereich Filmrestaurierung, wieder andere nehmen eine kunsthistorische oder filmwissenschaftliche Perspektive ein. Das wird sehr spannend!

Schlagen Sie auch eine Brücke in die Gegenwart?

Oh ja, neben der authentischen Übersetzung der Filmfarben ins moderne Digitale gibt es auch eine politische Perspektive, die etwa in unserem täglichen runden Tisch am Konferenzabend diskutiert werden muss. Wie ging man bei den Filmarbeiten mit den Tieren um? Wo macht sich eine gewisse koloniale Attitüde bemerkbar? Welche Geschlechterstereotypen werden bedient? Lotte Hass etwa, die Ehefrau von Hans Hass, ist ein Beispiel dafür. Sie wirkte als Taucherin in den Filmen ihres Mannes mit, Gezeigt wird sie meistens wie ein schönes Objekt, sie gilt aber zu Recht auch als eine große Tauchpionierin. Auch solche Aspekte sollte man bei der Betrachtung von historischen Filmen in den Blick nehmen und im Zweifelsfall einen Disclaimer setzen, um den historischen Kontext zu verdeutlichen.

Worin besteht Ihr Beitrag zur Konferenz?

Im Vorfeld unterstütze ich die Organisation. Ich kommuniziere beispielsweise mit allen Beteiligten und trage die Abstracts zusammen, wirke aber auch am Zeitplan und am Programm mit, das im Team gestaltet wird. Bei der Konferenz selbst werde ich gemeinsam mit Prof. Dr. Rüdel Aquarienfilme von Ulrich K. T. Schulz aus den 1930er Jahren zeigen, die im Bundesarchiv bewahrt werden. Diese Vorgänger der Unterwasserfilme von Hans Hass waren noch zweifarbig, zum Einsatz kam Ufacolor.

Und worum geht es in Ihrer Promotion?

Ich beschäftige mich mit dem Thema Transdisziplinarität in der Filmrestaurierung, und zwar auf drei Ebenen. Erstens transmedial, also über verschiedene Technologien hinweg. Egal mit welcher Technik ein Film gedreht wurde, bei der Restaurierung geht es immer darum, die visuelle Authentizität zu bewahren. Das ist eine große Herausforderung. Zweitens will ich verschiedene Länder in den Blick nehmen - das ist die transkulturelle Perspektive. Drittens gibt es eine transpädagogische Perspektive. Ich will ein Curriculum zum Thema Filmrestaurierung entwickeln, das dem digitalen Zeitalter gerecht wird. Es soll auch neue Synergien schaffen, zur klassischen Museumsrestaurierung und zu den Naturwissenschaften. Dieser Wissenstransfer ist mir sehr wichtig.  

Warum haben Sie sich für die HTW Berlin entschieden?

Weil der Schwerpunkt „Audiovisuelles und Fotografisches Kulturgut“ innerhalb des Studiengangs Konservierung und Restaurierung/Grabungstechnik etwas Besonderes ist. Von ihm erfahren habe ich durch Zufall bei einer zweiwöchigen Summer School zum Thema „Filmrestaurierung“. Mir war sofort klar: Das will ich machen. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon den Bachelorstudiengang „Massenmedia und Videographie“ in meiner Heimatstadt Kalkutta und den Masterabschluss in „Filmbearbeitung“ an der Film- und Fernsehhochschule in Pune abgeschlossen hatte. 2018 kam ich an die HTW Berlin, stieg kurz in den Bachelorstudiengang ein, um noch besser Deutsch zu lernen und meine Kenntnisse in Chemie zu erweitern. Denn die photographisch-chemische Materialität spielt bei der Restaurierung von Filmen eine große Rolle. Danach konnte ich mich dann in den Master einschreiben und meinen Abschluss machen. Ich liebe die Filmrestaurierung und beschäftige mich jeden Tag mit dem Thema.

Welche Rolle spielt für Sie Diversität?

Über Diversität wird zuletzt viel diskutiert, dabei gab es sie eigentlich schon immer. Geändert hat sich lediglich die Bedeutung, die wir ihr beimessen. Da ich aus einem vielfältigen Land wie Indien komme, gehören Toleranz sowie die Wertschätzung von Unterschieden schon immer zu meinem Alltag. Aus Unterschieden kann man viel lernen. Ich setze mich aktiv für Diversität ein, wenn es sein muss, auch lautstark. Die Natur ist hier meiner Meinung nach eine wunderbare Inspirationsquelle: In der Natur ist Diversität absolut notwendig und stellt keinerlei Bedrohung dar.

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Sreya Chatterjee
Sreya Chatterjee Symbolbild Konservierung und Restaurierung

Das Gespräch führte Gisela Hüttinger, HTW Berlin, Transfer- und Projektkommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch

Berlin, 9. November 2023