Auf die Umsetzung in der Praxis kommt es an

Barbara Praetorius

Sie sei das einzige Führungsmitglied mit ausgewiesener Expertise für Klima und Energiewende, konnte man lesen, als Prof. Dr. Barbara Praetorius 2019 an der Spitze der »Kohlekommission« den Abschlussbericht an die damalige Bundesregierung übergab. Die Mitwirkung in dem Gremium, die der Wissenschaftlerin große Aufmerksamkeit eintrug – die Frankfurter Allgemeine Zeitung führte sie in der Liste der einflussreichsten deutschen Ökonominnen – ist bezeichnend für das Selbstverständnis, mit dem Prof. Dr. Praetorius Forschung betreibt. Ihre Leidenschaft gilt weniger der Entwicklung von ökonomischen Theoriekonstrukten. »Die eigentliche Herausforderung ist die Umsetzbarkeit von Klimapolitik in der Praxis«, sagt die Volkswirtin und Politikwissenschaftlerin.

Ökonomie, Ökologie und Soziales zusammenbringen

Eine aus ökologischer Perspektive optimale CO2-Steuer rechnerisch zu ermitteln, sei beispielsweise relativ einfach. Doch ökonomische und soziale Nebenwirkungen könne man bei den Überlegungen für die Energiewende nicht einfach vom Tisch wischen. Als  Umweltökonomin ist es ihr erklärter Anspruch, Ökologie, Ökonomie und Soziales zusammen zu denken.

Mitwirkung in Kommissionen und Gremien

Diese interdisziplinäre Expertise bringt Prof. Dr. Praetorius dort ein, wo sie es für wichtig hält: in die Suche nach einem Kompromiss in der Kohlekommission; in Expert*innenkommissionen und wissenschaftliche Beiräte von Einrichtungen, die nach Wegen für die Bewältigung der Klimakrise suchen; in Maßnahmenkataloge für die Transformation der Energieversorgung, um nur einige ihrer Aktivitäten zu nennen.

Die Umweltökonomin sucht den Austausch

Unermüdlich sucht die Umweltökonomin den Austausch mit Politik, Behörden und Wirtschaft. Denn dort würden Rahmenbedingungen defi”niert und Weichen gestellt. Dort müsse man Widerstände überwinden und könne etwas bewegen. Im Gespräch mit den Akteur*innen der Praxis bekomme sie aber auch Impulse; denn die Wirtschaft, so ihre Erfahrung, denke in Sachen Nachhaltigkeit oft fortschrittlicher als die Politik und mache konkrete Vorschläge für den politischen Rahmen, damit die unternehmerische Transformation gelingen kann.

Bewusste Entscheidung für die Angewandte Wissenschaft

Für die Professur an der HTW Berlin als Hochschule für Angewandte Wissenschaften hat sich die Volkswirtin und Politikwissenschaftlerin, deren Interesse für ökologische Themen in den 80er Jahren durch die Debatte über den Atomausstieg geweckt wurde, sehr bewusst entschieden. Es ist Prof. Dr. Praetorius ein echtes Anliegen, Studierenden die Fähigkeit zu vermitteln, konstruktive Beiträge für Nachhaltigkeit und Umweltpolitik zu leisten. Denn sie hält weder die politische Radikalisierung noch den frustrierten Rückzug ins Private für die richtige Reaktion auf die globalen Herausforderungen. Wenn die Hochschullehrerin der einen Alumna oder dem anderen Alumnus später im politischen Raum oder auf Entscheidungspositionen wieder begegnet, freut sie sich doppelt.