Monitoring soll die Sicherheit von Stromtrassen erhöhen

Prof. Dr. Matthias Menge (links) und Prof. Dr. Thomas Gräf mit dem Prototyp eines Kabels © HTW Berlin/Alexander Rentsch

„Monalisa“ hat sie intensiv beschäftigt: alle Berliner Hochschulen mit technischer Expertise, darunter auch die HTW Berlin. „Monalisa“ hatten die Beteiligten das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 3,54 Millionen ausgestattete Forschungsprojekt genannt, das zur Betriebssicherheit der Stromnetze beitragen soll, indem Gefahren für deren Betrieb frühzeitig erkannt und vermieden werden. Vier Jahre lang wurde entwickelt und erprobt, wurden Papiere geschrieben und diskutiert. Im Dezember 2019 präsentierten die Wissenschaftlerteams in Berlin ihre Ergebnisse. „Wir sind um wertvolle Erkenntnisse und einige Patentanmeldungen reicher“, resümieren Prof. Dr. Thomas Gräf und Prof. Dr. Matthias Menge aus dem Fachbereich Ingenieurwissenschaften – Energie und Information der HTW Berlin, die gemeinsam ein Teilprojekt leiteten.

Stromausfälle können teuer werden

„Monalisa“ ist das klangvolle Akronym für den weniger eingängigen Projekttitel „Sicherer Netzbetrieb durch Erkennung von betriebsgefährdenden Zuständen in Hoch- und Mittelspannungs-Betriebsmitteln unter Verwendung von integrierbaren faseroptischen Sensorsystemen“. Doch so kompliziert der Name des Projekts ist, so einfach erschließt sich seine Bedeutung. Es geht um jene Kabel, die Strom von Offshore-Windanlagen auf das Festland befördern und dort die Versorgung mit nachhaltig produzierter Energie gewährleisten, sowie um die Komponenten, die zwischen den Kabelabschnitten verbaut sind. Manche Trassen befinden sich in schwer zugänglicher Meerestiefe, wenn Probleme auftreten, werden Spezialschiffe benötigt. Doch auch bei leichter zugänglichen Trassen möchte man Ausfälle vermeiden, nicht zuletzt wegen des entgangenen Stromverkaufs.  

Optische Sensoren sollen Risiken minimieren

Warum nicht ein online-gestütztes Monitoringsystem entwickeln, das es erlaubt, Probleme in den Kabeln und Schaltanlagen frühzeitig zu erkennen, zu analysieren und größere Schäden durch die rechtzeitige Abschaltung der Anlagen zu vermeiden? Helfen könnten dabei Sensoren, die sinnvollerweise nicht elektrisch funktionieren, denn sie müssen ihre Messdaten im Umfeld von Hochspannung erfassen. Stattdessen kommen optisch arbeitende Sensoren auf der Basis von licht- oder geräuschempfindlichen Glasfasersensoren zum Einsatz. Die Sensoren sollen dabei direkt in jenen Bereich integriert werden, in dem Störungen bzw. Schäden erwartet werden, und die von außen nicht oder erst sehr spät erkannt werden können. 

Bei der Fehlererkennung zählt jede Sekunde

Der Part von Prof. Dr. Gräf und Prof. Dr. Menge, die innerhalb des Projektverbundes übrigens das größte Arbeitspaket zu stemmen hatten, bestand darin, die sogenannten faseroptischen Sensoren auf ihre Eignung für das Monitoring von Kabeln und Schaltanlagen zu untersuchen. Hierzu mussten umfangreiche spezifische elektronische Schaltungen sowie Software entwickelt werden. Insgesamt waren fünf wissenschaftliche Mitarbeiter_innen mit ganz unterschiedlichem Know-how sowie studentische Hilfskräfte und diverse Bachelor- und Masterstudierende daran beteiligt. Es galt in den mehr als vier Jahren, die Fasersensoren realitätsnah zu testen und Schritt für Schritt zu optimieren. Zwei Schlüsselfragen beschäftigten das Team: Wie hoch sind Temperatur und Feuchtigkeit? Und wie heftig die Vibrationen in einer Schaltanlage? Diese Informationen müssen lokal erfasst werden, weil sie Folgen sowohl für Schalt- als auch für Kabelanlagen haben können. Um die Messdaten auswerten, analysieren und visualisieren zu können, wurde außerdem ein intelligentes Datenmanagementsystem entwickelt. „Jede Sekunde zählt“, sagt Prof. Dr. Menge. Je früher ein Fehler erkannt ist, desto früher könne eine Anlage abgeschaltet und größere Schäden dadurch vermieden werden.

Der Innovationsbedarf ist noch immer sehr hoch

Dass von der HTW Berlin im Zuge von „Monalisa“ immerhin vier Patente angemeldet wurden, von denen eines inzwischen erteilt wurde, macht deutlich, wie groß der Innovationsbedarf im Bereich Stromnetze noch immer ist. Prof. Dr. Gräf kennt keine Offshore-Anlage, die wegen defekter Kabel und Schaltanlagen nicht schon unfreiwillig vom Netz gegangen ist. Verbraucher_innen bekommen von diesen Problemen nur nichts mit. Viele Fragen konnten wir beantworten, sagt der Ingenieurwissenschaftler. Doch es gibt noch offene Punkte, die wir hoffen, in Folgeprojekten klären zu können. Den krönenden Abschluss von „Monalisa“ stellte die Demonstration an einer echten Netz-Anlage beim Industriepartner IPH „Prüffeld für elektrische Hochleistungstechnik“ GmbH in Berlin dar. Der Einladung folgten auch die vier Übertragungsnetzbetreiber TenneT, 50Hertz, Amprion und TransnetBW, die besonders großes Interesse an den Erkenntnissen haben. 

Weitere Informationen finden Sie auf der Projektwebseite
Fachveröffentlichungen der HTW- Wissenschaftler sind auf den Personenseiten aufgelistet:
Prof. Dr. Thomas Gräf
Prof. Dr. Matthias Menge