Fordern, fördern, vertrauen

Algorithm-Slam © HTW Berlin/Nina Zimmermann

Wie bringt man Erstsemester dazu, sich freiwillig mit Graphentheorie, Aussagenlogik und Sortieralgorithmen auseinanderzusetzen – und das mit Begeisterung? Prof. Dr. Juliane Siegeris, Informatik-Professorin im Frauenstudiengang „Informatik und Wirtschaft“, hatte nach dem Besuch eines Science Slams die zündende Idee: den Algorithm-Slam – ein Format, das trockene Theorie in Bewegung und Studierende an den Campus bringt. Dafür erhielt Siegeris 2025 den Preis für gute Lehre.

Kreativität trifft Komplexität

Der Slam ist fester Bestandteil der Veranstaltung "Grundlegende Konzepte der Informatik" im ersten Semester. In Dreiergruppen bereiten die Studierenden eine Präsentation zu einem selbstgewählten Algorithmus vor. Alles ist erlaubt: Theaterstücke, Videos, Tanz oder Live-Sortieraktionen mit den Kommilitoninnen. „Im letzten Semester kamen die Teammitglieder als Türsteherinnen verkleidet, um den Algorithmus ‚Bucketsort‘ zu präsentieren“, erzählt Siegeris. „Die Reihen des Hörsaals wurden zu Klubs umgedeutet und mit Einlassketten versehen. Es durften jeweils nur bestimmte Altersgruppen eintreten und so hat sich das Publikum automatisch sortiert.“

Die Vorträge dauern 12 bis 15 Minuten, gefolgt von einer kurzen Fragerunde. "Das Format lebt davon, dass man sich in Präsenz trifft, sich gegenseitig erlebt und gemeinsam lacht oder staunt. In der Corona-Zeit haben wir es digital versucht, aber das war nicht dasselbe", resümiert Siegeris.

Freiraum mit Struktur

Trotz der kreativen Freiheit ist der Anspruch hoch: Die Präsentation soll fachlich korrekt, verständlich und vor allem unterhaltsam sein. Zusätzlich zum Slam muss vorab ein Handout eingereicht werden. Der Slam wird nicht benotet, ist aber verpflichtend für die Klausurzulassung. "Wir haben inzwischen kein Siegerteam mehr – es geht nicht um Konkurrenz, sondern um den Spaß an der Sache", erklärt Siegeris. Trotzdem nehmen die Studierenden die Aufgabe ernst. "Sie entwickeln einen hohen eigenen Anspruch. Und sie erinnern sich an den Slam oft noch im fünften Semester."

Lösungen ohne Muster

Der Slam wird zum Ende des Semesters durchgeführt. Auch in der restlichen Zeit bleibt die Lehre aktiv und beteiligungsorientiert. In jeder Vorlesung gibt es kleine Beispiele und Übungen, die in Gruppen bearbeitet werden. Die anschließenden Hausaufgaben greifen das Thema auf. 80 % aller Hausaufgaben müssen bearbeitet werden – eine weitere Voraussetzung für die Klausurzulassung.

Musterlösungen sucht man vergeblich: Stattdessen präsentieren Studierende verschiedene Lösungswege in der zur Veranstaltung gehörenden Übung. Siegeris fördert dadurch kontinuierliches Lernen und schafft Raum für persönliches Feedback, ohne dass alle Abgaben einzeln kontrolliert werden müssen. Am Ende melden sich Studierende auf die Frage, ob sie mit ihrer Lösung zufrieden waren – eine einfache, aber wirkungsvolle Rückmeldung. Siegeris erklärt: „So sehe ich, wie viele die Lerninhalte schon gut verstanden haben – und die Studierenden merken, dass ihre Arbeit gesehen wird.“

Dazu gibt es ein klares Versprechen: Wer die Hausaufgaben gewissenhaft bearbeitet, ist bestens vorbereitet und kann der Klausur gelassen entgegensehen.

Haltung in der Lehre

Fazit der Professorin: "Wenn Studierende später sagen: ‚Die Klausur war fair. Ich wurde gefordert. Und es hat trotzdem Spaß gemacht‘ – dann habe ich alles richtig gemacht." 

Für Juliane Siegeris bedeutet gute Lehre, Anspruch und Wertschätzung in Balance zu bringen. Sie schafft eine Lernumgebung, in der sich Studierende gesehen fühlen und ermutigt werden, Neues auszuprobieren. Dabei setzt sie auf Vertrauen, klare Strukturen und lebendige Methoden. Studierende loben diese Lernatmosphäre und die offene Fehlerkultur, in der gemeinsames Lernen im Mittelpunkt steht. 

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