Fakten statt gefühlter Realität
Journalist*innen dürfen Prof. Dr. Sebastian Dullien alles fragen. Dass sie nicht so viel Zeit für die Analyse ökonomischer Zusammenhänge haben wie er, weiß der Wirtschaftswissenschaftler nur zu gut. Denn er hat vor seiner Berufung an die HTW Berlin selbst jahrelang Beiträge für die Financial Times Deutschland verfasst. Texte publiziert Prof. Dr. Dullien bis heute. Noch öfter wird aber über ihn geschrieben, genauer gesagt: Er wird um seine Einschätzung von wirtschaftspolitischen Entscheidungen und ihren möglichen Folgen gebeten. Weil Prof. Dr. Dullien mit seiner wissenschaftlichen Politikberatung maßgeblich zur Sichtbarkeit und Profilierung der HTW Berlin beiträgt, hat ihm die Hochschule 2023 den Transferpreis verliehen.
Debatten brauchen eine rationale Grundlage
Lieber noch als fragende Journalist*innen sind Prof. Dr. Dullien solche, die hinterfragen. Vorausgesetzt, sie kommen nicht mit „gefühlten Realitäten“. Die behagen ihm nämlich nicht. „Gespräche und politische Debatten müssen immer eine rationale Grundlage haben“, sagt der Ökonom. Seine eigene Rolle sieht er als Wissenschaftler, der Zahlen und Fakten beisteuert, sie auswertet und analysiert. Seitdem Prof. Dr. Dullien 2019 die wissenschaftliche Leitung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung übernommen hat, steht ihm dafür ein Team zur Verfügung, kann er größere Themenkomplexe erforschen als zuvor an der HTW Berlin, finden die dabei entstehenden Erkenntnisse und Ergebnisse enorme öffentliche Beachtung.
Straff geplanter Terminkalender
Es vergeht keine Woche, in der Prof. Dr. Dullien nicht in namhaften Medien zitiert wird. Gestern war es der Gaspreisdeckel, den er mit der Ökonomin Prof. Dr. Dr. Isabella Weber ins Gespräch brachte; heute ist es die Einordnung der umstrittenen Schuldenbremse, morgen eine Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen eines Streiks. Seinen Terminkalender hat die Assistentin straff geplant. Diverse Interviews, Besprechungen und Vorträge müssen Platz finden zwischen Lehrveranstaltungen, Masterprüfungen und Gremiensitzungen an der Hochschule. Hier wurden seine Verpflichtungen reduziert, haben sich aber nicht erledigt.
Als Wissenschaftler gebe ich Empfehlungen ab
„Diese Doppelrolle kostet Kraft“, räumt er ehrlich ein. Sie bedeutet ihm aber viel. Denn als Ökonom, dessen Herz für wirtschaftspolitische Themen von gesellschaftlicher Relevanz schlägt, hält er es für unverzichtbar, politische Debatten mit wissenschaftlichen Positionen zu unterfüttern. „Für Entscheidungsfindungsprozesse ist es wichtig, verschiedene Richtungen aufzuzeigen und die möglichen Folgen“, findet er. Der Grenzen dieses Tuns ist er sich dabei bewusst. „Ich gebe nur Empfehlungen ab, die eine Teilbetrachtung im Gesamtkontext darstellen. Die Entscheidung selbst müssen andere treffen“. Nämlich Politiker*innen, die dafür abgewählt werden können.