Neue Perspektiven für den 3D-Druck
Der 3D-Druck, die sogenannte additive Fertigung, gilt längst als eine Art „Schweizer Taschenmesser“ für die Herstellung von Produkten. Mit Kunststoffen ging es vor vielen Jahren los, Materialien wie Aluminium, Edelstahl oder Ton gesellten sich später dazu. Das Prinzip ist bestechend einfach: Ein 3D-Drucker fügt auf der Grundlage einer am Computer designten Vorlage Schicht für Schicht auf, jede Schicht härtet aus, das so entstandene Objekt wird nachbearbeitet, fertig ist ein Maschinenbauteil, eine Schachfigur oder ein Schmuckstück, um einige Beispiele zu geben. Soweit der große Vorteil des Verfahrens. Seinen bis heute großen Nachteil nehmen Prof. Dr.-Ing. Matthias Dahlmeyer und Sebastian Noller als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „TaFF“ in Angriff: Die Nachbearbeitung ist oft so aufwändig, dass sie hohe Kosten verursacht. Die beiden Maschinenbauer versuchen sich deshalb in Kooperation mit verschiedenen Partnern daran, eines der Verfahren zu modifizieren. Das Projekt wird vom Institut für Angewandte Forschung Berlin (IFAF Berlin) gefördert.
Das Ziel: Nachbearbeitung vermeiden
„Die Nachbearbeitung von im 3D-Druck hergestellten Teilen kann je nach gewünschter Oberfläche oder Passgenauigkeit sehr teuer werden“, sagt Prof. Dr.-Ing. Dahlmeyer. Mitunter sei sie sogar völlig unwirtschaftlich oder technisch gar nicht machbar. Deshalb ist das Verfahren bis dato nur für die Herstellung von Prototypen interessant, für Bauteile mit einer komplizierten Geometrie oder für Kleinserien. In der standardisierten Massenproduktion geben Unternehmen konventionellen Fertigungsverfahren wie dem Guss oder dem Schmieden noch immer den Vorzug. Doch das muss nicht so bleiben. “Ohne teure und aufwändige Nachbearbeitung könnte die additive Fertigung sehr viel attraktiver werden“, blickt Sebastian Noller in die Zukunft. Dadurch würden sich auch neue Anwendungen erschließen.
Den Weg gemeinsam finden
Das Ziel ist also klar. Den Weg wollen sie gemeinsam mit Kooperationspartnern finden, jeder mit seinem spezifischen Knowhow. Man könnte, so die Überlegung von Prof. Dr.-Ing. Dahlmeyer, bereits bestehende, konventionell hergestellte Teile nehmen und erst im zweiten Schritt via 3D-Druck zu komplexeren Gebilden weiterentwickeln bzw. mit anderen Bauteilen verbinden. So ließen sich die Stärken der klassischen Verfahren mit den Vorzügen der additiven Fertigung kombinieren. Dadurch würde die Nachbearbeitung vermieden bzw. in einen günstigen konventionellen Prozess vorverlagert. Die dazu passende Fertigungsmöglichkeit soll im Projekt entwickelt werden.
Ein experimenteller Aufbau steht
In der Praxis wurden bereits die ersten Schritte zurückgelegt. Sebastian Noller hat einen experimentellen Aufbau samt Drum und Dran entwickelt: mit beweglicher 3D-Kinematik, einer Düse für die Pulverzugabe, einem Laserstrahl inklusive Spiegeln sowie einer Zuführung für Schutzgas, dass Korrosion während des Prozesses verhindert. Dort verbringt der Nachwuchswissenschaftler, der leidenschaftlich gerne tüftelt, so manche Stunde, um ideale, möglichst glatte Schweißraupen, welche nicht nachbearbeitet werden müssen, auf einem Edelstahlkörper zu erzeugen. Diese unterzieht er im benachbarten Werkstofftechniklabor einer qualitativen Prüfung. Mal unter dem Mikroskop, mal wird das Gefüge analysiert, mal kommt ein Wiegeverfahren zum Einsatz. Denn Sebastian Noller will die Parameter der späteren Fertigung präzise definieren. Das zu entwickelnde Verfahren, das irgendwann einmal reif für die Industrie sein soll, steht auch im Mittelpunkt seiner Promotion. Betreut wird er dabei von Prof. Dr.-Ing. Dahlmeyer sowie einer Werkstoffwissenschaftlerin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Viele Projektpartner sind an Bord
Technologien zum aufbauintegrierten Fügen per additiver Fertigung haben sie das Vorhaben genannt, daher auch das Projekt-Akronym TaFF. Während die HTW Berlin für die Entwicklung der neuartigen Verfahrenstechnologie sorgt, bringt die Berliner Hochschule für Technik (BHT) ihr wissenschaftliches Know-how im Bereich 3D-Druckersteuerungen ein. Mit im Boot ist auch die TU Berlin, genauer gesagt: deren Zentraleinrichtung 3D-Technologien. Hinzukommen mehrere Industriepartner. Das Unternehmen SKDK ist spezialisiert auf Automatisierungssysteme. Die Isios GmbH entwickelt Software und Sensorik zur Genauigkeitssteigerung, Optimierung und Steuerung von Industrierobotern. Scansonic wiederum steht für intelligente Laserbearbeitungsprozesse. Last but not least gehört auch der Verband 3DDruck zum Team. Er will als überparteiliche Denkfabrik strategische Allianzen mit Stakeholdern schmieden, die sich für die Entwicklung der Additiven Fertigung engagieren.
Das Interesse der Industrie ist groß
Prof. Dr.-Ing. Dahlmeyer und Sebastian Noller sind zuversichtlich, dass es Ihnen gelingt, mit dem Projekt einen Paradigmenwechsel in der additiven Fertigung anzustoßen. Das Interesse seitens der Industrie ist groß. Autohersteller beispielsweise, so ihre Einschätzung, würden lieber heute als morgen noch mehr Bauteile im 3D-Druck produzieren, ließe sich doch dadurch die Masse der Fahrzeuge verringern und somit Treibstoff bzw. Energie sparen.