„HTW-Integra“ hält, was der Name verspricht
„HTW-Integra“ hält, was der Name verspricht
Der Erfolg ist gut ablesbar an den Diagrammen. Sorgfältig haben Anett Geithner und Johanna Backes Buch geführt über die Entwicklung von „HTW-Integra“, einem der gesellschaftlich wohl relevantesten Programme an der HTW Berlin der letzten Jahre. Im März 2021 ist es fünf Jahre her, dass die Hochschule den Projektantrag „Studienvorbereitung und Studienbegleitung für Geflüchtete“ beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) einreichte. „Wir konnten auf den Call des DAAD rasch reagieren, da wir an der Hochschule bereits eine „AG Geflüchtete“ etabliert hatten und intensiv über Hilfsangebote diskutierten“, erinnert sich Prof. Dr. Birgit Müller, damals Vizepräsidentin für Studium und Lehre. Sie bekam grünes Licht für den Antrag und die nötigen Finanzmittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das kleine, aber feine Jubiläum ist eine gute Gelegenheit, auf die Anfänge zurückzublicken und ein Resümee zu ziehen.
Der Frauenanteil wächst stetig
Mit 50 Teilnehmer_innen ging „HTW-Integra“ 2016 an den Start, bis 2020 hatte sich die Zahl schon verdreifacht, zeigt die Programmkoordinatorin Anett Geithner auf einem ihrer Diagramme. Anfangs waren es fast ausschließlich Männer, doch inzwischen wächst der Anteil der Frauen. Zum einen wegen des Familiennachzugs, aber wohl auch, weil die pandemiebedingte Online-Lehre mehr Möglichkeiten für die Kinderbetreuung lässt. Im Wintersemester 2020/2021 stellten Frauen zum ersten Mal mehr als die Hälfte der Teilnehmer_innen. Und noch ein interessantes Diagramm: Die meisten Geflüchteten stammen aus Syrien (80 Prozent), gefolgt von Iran (sechs Prozent), der Türkei und den palästinensischen Gebieten (drei Prozent) sowie dem Irak und Afghanistan (zwei Prozent).
Integra – wie alles begann
Die Brücke in ein neues Leben
Für die „Integras“, wie sie an der Hochschule genannt werden, war und ist das Programm ein wichtiger Anker in einem anfangs noch fremden Land. Es eröffnet Perspektiven und hilft dabei, die Brücke in das neue Leben zu bauen. „HTW-Integra“ bietet ein klug durchdachtes System von aufeinander aufbauenden Kursen, in denen die Teilnehmer_innen erst einmal die deutsche Sprache lernen, mit dem hiesigen Bildungssystem im Allgemeinen und der HTW Berlin im Besonderen vertraut gemacht werden, sich dann auf die „Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang“ (DSH) vorbereiten und diese auch absolvieren (können), anschließend bei der Bewerbung um einen Studienplatz an der HTW Berlin unterstützt und in den ersten Semestern begleitet werden, ehe sie den Abschluss machen und den Sprung auf den Arbeitsmarkt schaffen.
Integra – die wissenschaftliche Begleitung
"HTW-Welcome" ergänzt "HTW-Integra"
Auch Exkursionen beispielsweise auf die Museumsinsel, ins Futurium oder in den Industriesalon Schöneweide stehen auf der Agenda, es sei denn, die Pandemie lässt diese geselligen Aktivitäten nicht zu. Für Begegnungen mit HTW-Studierenden sorgen u. a. die Summer School, an der auch „gewöhnliche“ Internationals teilnehmen sowie das Programm „HTW-Welcome“, das parallel startete und bis heute läuft. Es wird mit großem Engagement von studentischen Hilfskräften bestritten; derzeit sind das Essa Alahmar und Mohamad Halwani, über ihre Vorgänger Ibrahim Mawead und Majd Assad gab es schon eine Campus Story.
Ganzheitliche Vorbereitung auf das Studium
„Ganzheitliche Vorbereitung auf ein Hochschulstudium“ lautet der Schlüsselbegriff von „HTW-Integra“. Für diesen ganzheitlichen Ansatz bringen sowohl Anett Geithner als auch Johanna Backes beste Voraussetzungen mit. Beide unterrichteten vor ihrer Tätigkeit an der HTW Berlin als DAAD-Lektorinnen im Ausland nicht nur Deutsch als Fremdsprache, sondern berieten auch über Studienmöglichkeiten in Deutschland und boten Veranstaltungen an zur deutschen Landeskunde und jüngeren deutschen und europäischen Geschichte. „In den USA bzw. in Ungarn vertraten wir Deutschland nach Außen, jetzt tun wir das quasi nach Innen“, lächelt Anett Geithner.
Sprache + Beratung
Deutsch als Fremdsprache unterrichten beide auch im Programm „HTW-Integra“, nämlich 24 Stunden pro Woche. Doch sie kümmern sich in ihren Kursen eben auch um Themen wie „Interkulturelle Kommunikation“, „Projektmanagement“ und „Existenzgründung“. Der Career Service berät zum Deutschen Arbeitsmarkt und hilft bei der Entwicklung einer individuellen Bewerbungsstrategie. Außerdem bindet das Duo die Psychologin der Studienberatung ein, die Hochschulbibliothek etc., sodass die Integras nach und nach die HTW Berlin kennenlernen.
Der Neuanfang ist für manche schwer
Die ganzheitliche Herangehensweise sei wichtig, weil die Erfahrungen der „Integras“ höchst unterschiedlich seien und die Bedürfnisse dementsprechend heterogen. „Manche kommen mit Abitur, andere haben in ihrem Heimatland bereits studiert, manche sogar promoviert und selbst gelehrt“, erzählt Johanna Backes. Für sie sei es traurig zu sehen, dass vor allem ältere Geflüchtete in ihrem Leben schon so viel geleistet haben und es trotzdem schwer für sie sei, sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen.
"Ein fester Bestandteil an der HTW Berlin"
Um so größer sind die Freude und der Stolz bei Johanna Backes und Anett Geithner, wenn wie im Sommersemester 2020 sage und schreibe alle (!) Teilnehmer_innen die DSH-Prüfung bestehen und einen Studienplatz bekommen. Dieses Erfolgsdiagramm gibt es in ihrem Statistik-Fundus natürlich auch. Denn für alle „Integras“ gilt: Der Wunsch, in Deutschland zu studieren, ist groß, und alle arbeiten mit Leidenschaft daran, ihn zu verwirklichen. So fällt denn auch das Resümee von Prof. Dr. Tilo Wendler, der das Programm als Vizepräsident für Studium, Lehre und Internationales von seiner Vorgängerin übernommen hat, rundherum positiv aus: „HTW-Integra ist zu einem festen Bestandteil der Hochschule geworden. Das Programm hilft angehenden Studierenden, sich mit der deutschen Hochschullandschaft vertraut zu machen und ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entfalten“.
Integra – heute und in Zukunft
Text: Gisela Hüttinger, HTW Berlin, Transfer- & Projektkommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch
Videos: Atelier Limo for Research (Produktion), Simon Brunel (Schnitt), René Arnold (Kamera)
1. April 2021