Talentschmiede Game Design
Der jüngste Erfolg liegt nicht lange zurück: Beim deutschen Computerspielpreis 2019 ging der mit sage und schreibe 35.000 Euro dotierte Nachwuchspreis an ein Team aus dem Studiengang Game Design der HTW Berlin; HTW-Teams landeten auch auf zwei 2. Plätzen mit jeweils 15.000 Euro des von einer hochrangigen Jury kuratierten Wettbewerbs. Die Liste an gut dotierten Preisen und Auszeichnungen ließe sich mühelos fortsetzen. Und sie macht klar: Der Bachelor-Studiengang „Game Design“ der HTW Berlin hat sich zur wahren Talentschmiede für die Branche entwickelt.
Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Die Eignungsprüfung und ein Gespür für die Auswahl von Talenten spielen eine Rolle, keine Frage. „Doch das ist nur die Grundlage“, sagt Prof. Susanne Brandhorst, die seit 2009 im Studiengang lehrt. Denn die 40 Erstsemester, die pro Jahr einsteigen, sind mitnichten Nerds, denen das Game Design schon in die Wiege gelegt wurde. Da findet sich stattdessen eine bunte Gruppe mit heterogenen Talenten, widersprüchlichen Erwartungen aller Altersgruppen zum Studienbeginn ein: die 17-Jährige direkt aus der Schule, die 25-jährige Informatikerin mit Bachelorabschluss, der 35-jährige Kameramann, der umsatteln will oder der 27-jährige Psychologiestudent, der sein Studium ergänzen möchte. Nicht zu vergessen: Studierende aus der ganzen Welt.
Vom Menschen ausgehen und seine Kompetenzen stärken
Dass aus ihnen in sieben Semestern kreative Game Designer_innen werden, die ohne Umwege in Entwickler-Studios tätig werden oder in andere innovative Bereiche der Spielebranche einsteigen, liegt vor allem an der ausgeklügelten Lehre und denen, die diese Lehre gestalten. Susanne Brandhorsts didaktisches Konzept, das den Studiengang maßgeblich prägt: Vom Menschen ausgehen und sich fragen, wie vorhandene Kompetenzen gestärkt, systematisch aufgebaut und neue Fertigkeiten entwickelt werden können.
Spielerisch geht es immer zur Sache und zwar im eigentlichen Sinn des Wortes. Spielen heißt: die Motivation beflügeln. Da werden vom ersten Semester an Challenges definiert, Ziele formuliert, Herausforderungen angenommen und Spielregeln beachtet. Fair Play ist eine Grundbedingung, die alle ernst nehmen. Schritt für Schritt lernen die Studierenden in kleinen und größeren Teams, Spiele unterschiedlichster Art inhaltlich zu konzipieren, künstlerisch zu gestalten und technisch umzusetzen. Mehr als 30 Games entstehen jedes Jahr, in einer Atmosphäre, die sich irgendwo zwischen Atelier, Werkstatt und Ingenieurbüro bewegt.
Auch analoges Lernen gehört dazu
Wer die Räumlichkeiten des Studiengangs im Technologie- und Gründerzentrum in der Ostendstraße unweit des Campus Wilhelminenhof besucht, findet sich in einem ansprechenden Ambiente wieder. Überraschend oft stößt man nicht nur auf die obligatorischen Rechner, sondern auf analoge Elemente. Auf großformatige Lernjournale beispielsweise. In den schwarz gebundenen A3-Büchern dokumentieren die Studierenden für jedes Modul mit Stift, Pinsel, aber auch Schere und Papier sorgfältig die Aufgabe, ihre Überlegungen, mögliche Varianten, aber auch den einen oder anderen Umweg, den sie nehmen, um ans Ziel zu kommen. Mit unterschiedlichsten Prototyping-Materialien aus Holz, Kunststoff und Metall wird gearbeitet. „Um zu lernen und zu verstehen, braucht der Mensch erwiesenermaßen auch seine Hände“, sagt Prof. Thomas Bremer, der zweite der drei Professor_innen im Studiengang.
Und man braucht konstruktiv-kritisches Feedback, um von Projekt zu Projekt besser zu werden. Diese Rückmeldungen gibt es reichlich, von den Kommiliton_innen genauso wie von den Lehrenden. In großer Runde werden regelmäßig Spiele unter die Lupe genommen — die Spiele, nicht die Studierenden, wohlgemerkt. Funktioniert das Game wirklich so wie gedacht? Gibt es logische Brüche, konzeptionelle Schwachstellen, vielleicht technische Hürden? Da wird offen diskutiert, da lernt man, sich in andere hineinzuversetzen.
Gezielte Portfolioberatung
Von Semester zu Semester wächst das Knowhow der Studierenden, entwickelt sich ihr Portfolio, mit dem sie sich rechtzeitig um gute Positionen bewerben können. Susanne Brandhorst berät jede Woche ganz gezielt. Sie kennt alle beim Namen, weiß sehr gut, was sie können, wohin sie wollen. Dass viele schon vor dem Studienabschluss Nachwuchspreise bekommen oder ihre Spiele auf Online-Plattformen erfolgreich verkaufen, macht sie mächtig stolz. Doch Urkunden an der Wand — eine Art Hall of Fame — soll es nicht geben. Als überzeugte Game Designerin gefällt ihr die Vorstellung besser, die Erfolgreichen zu bitten, allen Kommiliton_innen von den Erfahrungen zu berichten. Was waren die Learnings? Auf dass alle etwas davon haben!