Studenten programmieren für ein Startup

Es ist eine erfrischende Erfolgsstory, egal aus welcher Perspektive man sie erzählt. Prof. Dr. Christina Kratsch ist stolz auf ein studentisches Team, das in ihrer Lehrveranstaltung über sich hinausgewachsen ist. Drei Studenten der Ingenieurinformatik freuen sich, dass die von ihnen programmierte Webseite für den Kunden in der Praxis zum Einsatz kommen wird. Der besagte Kunde wiederum, das mehrfach ausgezeichnete Startup amendio, ist hoch zufrieden über den Webauftritt und seine Funktionalitäten, die dabei helfen werden, die Idee einer Vermittlungsplattform für Handwerker*innen auf den Geschäftsweg zu bringen. Last but not least, und auch dieser Aspekt lohnt eine Erwähnung: In dem Projekt arbeiteten drei angehende Informatiker aus Iran und Pakistan mit drei Business-Ladies aus Deutschland, Tadschikistan und Mexiko zusammen. „Super unkompliziert, immer auf Augenhöhe und mit viel Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse“, erinnert sich Jil Landtau mit Freude an die multikulturelle Kooperation im Sommersemester 2025. Sie ist Co-Founderin & Co-Managing Director von amendio.

Softwareentwicklung für echte Kunden

Eine Lehrveranstaltung des Studiengangs Ingenieurinformatik im 4. Semester bietet den organisatorischen Rahmen für den Transfer von studentischem Know-how in die Praxis. Sie heißt „Software-Entwicklungsprojekt“ und katapultiert die HTW-Studierenden, die bereits über solide Programmierkenntnisse verfügen, aus dem Seminarraum direkt hinein ins Wirtschaftsleben. „Dort treffen sie auf echte Kunden und deren Ansprüche, müssen beraten, kommunizieren, passende Lösungen entwickeln und auch umsetzen“, beschreibt Prof. Dr. Christina Kratsch das von ihrem Kollegen Prof. Dr. Frank Neumann etablierte Format. Es hat sich in den letzten Jahren zu einer bewährten Matching-Plattform zwischen Studierenden und Unternehmen entwickelt. Man binde, sagt die Hochschullehrerin, grundsätzlich Kunden aus ganz verschiedenen Branchen ein, um eine bunte Mischung hinzukriegen. Die reiche von Berliner Behörden über Großkonzerne und wissenschaftsnahe Einrichtungen bis zu Startups. „Auch Existenzgründungen unterstütze ich gerne und bin überzeugt davon, dass Studierende diese Welt kennenlernen sollten“, sagt Prof. Dr. Kratsch. 

Kontaktaufnahme via LinkedIn

Da passte es gut, dass sich die Hochschullehrerin und Jil Landtau durch Zufall im Netzwerk LinkedIn begegneten. Jil Landtau hatte mit zwei Kommilitoninnen noch während des Studiums an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin das Startup amendio gegründet. Inzwischen war das Trio mit der HTW Berlin verbunden, nämlich über ein EXIST-Gründungsstipendium und den Female Founder Preis. amendio befand sich auf der Suche nach einem neuen Softwareprototypen für die nächste Entwicklungsstufe, Prof. Dr. Kratsch wiederum hat immer Interesse an spannenden Aufgabenstellungen für ihre Studierenden. Außerdem imponierte ihr die Gründungsidee von amendio, das zu diesem Zeitpunkt noch „Fixit“ hieß. 

Professionelle Hilfe bei der Selbsthilfe

„Wir wollen Menschen, die Reparaturbedarf im Haushalt haben, mit Handwerker*innen zusammenbringen und ihnen dabei helfen, die Reparatur selbst hinzukriegen“, beschreibt Jil Landtau die Idee. Das Procedere werde einfach sein: Die Kundschaft logge sich auf der Webseite ein und stelle die Reparaturanfrage. Die erscheint auf dem virtuellen Job-Board der beteiligten Handwerker*innen. Wer will und Zeit hat, nimmt die Anfrage an, erstellt die passende Problemdiagnose und auch eine Liste der Werkzeuge, die für die Reparatur benötigt werden. Anschließend bucht die Kundschaft einen Videocall zum gewünschten Zeitpunkt, tritt in selbigen ein und lässt sich bei der Reparatur fachkundig anleiten. Am Ende wird der/die Handwerker*in für die Dienstleistung bezahlt. 

Mit fachmännischer Hilfte kriegt man vieles selbst hin

Eine solche Vermittlungsplattform sei mehr als überfällig, findet die Gründerin, und zählt gute Argumente auf. Den Fachkräftemangel natürlich und die langen Wartezeiten für die Kundschaft, die damit verbunden sind. amendio eröffne einen völlig neuen Zugang zur handwerklichen Expertise. Denn mit fachmännischer Unterstützung würden viele Leute kleine Reparaturen selbst hinkriegen. Prof. Dr. Kratsch beispielsweise. „Ich bin handwerklich nur normal begabt, aber wenn mir jemand im Videocall erklärt, was ich zu tun habe, dann wäre ich einige kleine Probleme bei mir zuhause schnell los“. Sie warte sehnsüchtig auf das Online-Going der Plattform. 

"amendio bringt das Homeoffice ins Handwerk"

Und die Branche selbst? Was hätten Handwerker davon, ihr Know-how preis zu geben? „Die Möglichkeit, endlich im Homeoffice zu arbeiten“, bringt es Jil Landtau auf den Punkt. Diese Option weiß derzeit etwa ein Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland zu schätzen; auch Handwerker könnten dank amendio dazugehören. Außerdem: „Ein Handwerker in Buxtehude kann einem Kunden in Garmisch-Partenkirchen dabei helfen, seinen tropfenden Wasserhand abzudichten oder den neuen Teppichboden zu verlegen“, wirft Jil Landtau einen Blick in die Zukunft. Das sei eine völlig neue Flexibilität in der Branche. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit für Langzeiterkrankte, ihren Job weiter ausüben zu können, oder für Rentner, im Ruhestand Geld hinzuzuverdienen. Vielleicht sinke sogar die Barriere für Frauen, im Handwerk tätig zu werden, weil es mit amendio einfacher würde, Kinder zu betreuen, denkt die Gründerin laut nach.     

Drei Studenten übernahmen die Programmierung

Doch zurück zur HTW Berlin. Mit ihrer Idee hatten sich die Gründerinnen in der Lehrveranstaltung von Prof. Dr. Kratsch vorgestellt und auf Anhieb Studenten gefunden, die sich um Programmierung kümmern wollte. „Zwei oder drei Funktionalitäten hätten uns eigentlich genügt, doch die Drei haben erstaunt zurückgefragt, warum nur so wenige“, erzählt Jil Landtau vom Projektbeginn, der sie begeisterte. Die angehenden Ingenieurinformatiker setzten die Webseite auf und entwickelten alle Funktionalitäten, von der Reparaturanfrage über den Eintritt in den Videocall bis zur Bezahlung der Handwerker*innen. „Farhad, Ali und Zia sahen das als eigene Challenge und wollten ein richtig gutes Produkt abliefern“, erinnert sich die Gründerin mit Freude an die unkomplizierte Zusammenarbeit mit den Studenten, mit denen man sich in englischer Sprache verständigte und bestens zurechtgekommen sei. 

Einige Arbeiten sind noch zu tun

Noch ist die Webseite nicht scharf geschaltet, müssen die Gründerinnen noch Formalitäten erledigen, sind die Texte aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen und Funktionalitäten final zu prüfen. Doch wenn alles klappt und amendio tatsächlich ins Geschäft kommt, dann haben auch die angehenden Ingenieurinformatiker der HTW Berlin und Prof. Dr. Kratsch zu einer neuen Flexibilität im Handwerk beigetragen. 

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