Simon Herdegen

Simon Herdegen

Gestern eine Fachtagung, heute ein Branchentreff, morgen ein Symposium: Simon Herdegen besucht viele Veranstaltungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Denn das ist die wichtigste Zielgruppe des Netzwerkmanagers im noch jungen KMU-Büro der HTW Berlin. „Das Gespräch vor Ort, in dem ich die Hochschule vorstelle und die genauen Interessen der KMU erkunde, ist ein guter Weg, persönliche Kontakte herzustellen und eine Zusammenarbeit anzubahnen“, sagt Simon Herdegen, der selbst an der HTW Berlin den Masterabschluss im Studiengang System Design gemacht hat. Im Interview erzählt er mehr darüber, wie er seit Juli 2024 im Geschäftsbereich der Vizepräsidentin für Forschung, Transfer und Wissenschaftskommunikation das erste KMU-Büro an einer Berliner Hochschule aufbaut. Es wird gefördert von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und unterstützt von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin.

Wie spricht man kleine und mittelständische Unternehmen als Hochschule an?

Simon Herdegen: Das ist gar nicht einfach, denn die meisten KMU haben vollauf mit ihrem Tagesgeschäft zu tun. Sie müssen sehr sparsam mit der Ressource Zeit umgehen. Wenn ein Mittelständler oder eine Mittelständlerin beispielsweise eine Veranstaltung besucht oder sich Zeit für einen Hochschulkontakt nimmt, dann will er oder sie vorher genau wissen, was das bringt. Das gilt für eine Stunde am Abend genauso wie für einen halbtägigen Workshop. 

Was bedeutet das für Ihre Arbeit im KMU-Büro?

Ich gehe beispielsweise dorthin, wo ich KMU antreffe. In persönlichen Gesprächen stelle ich die vielfältigen Möglichkeiten dar, mit der HTW Berlin zu kooperieren. Man kann ja ganz niedrigschwellig einsteigen, beispielsweise, indem ein Mittelständler einen Vortrag hält oder Studierende ihre Abschlussarbeit einem passenden Thema widmen. Gerade Abschlussarbeiten sind meines Erachtens ein guter Weg für KMU, die bislang noch keinerlei Kontakt zu einer Hochschule hatten, sie kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen.

In den Gesprächen finde ich mehr über die Interessen und Bedürfnisse eines KMU heraus. Damit kann ich mich in der Hochschule nach fachlich passenden Professor*innen umschauen. Mails schreibe ich natürlich trotzdem, um über die Ergebnisse meiner Recherche zu informieren und die Beteiligten zu vernetzen. Aber dann haben beide Seiten schon ein Gesicht vor Augen und man bewegt sich auf einer anderen Ebene.

Und wie schaut es mit Veranstaltungen aus?

Sie müssen kompakt sein und effizient, im Idealfall ziehen mehrere Akteure an einem Strang, statt sich gegenseitig Teilnehmer*innen abzuwerben. So machen wir das beispielsweise am 9. Oktober am Zukunftsort CleanTech Marzahn, wenn es darum geht, wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in der produzierenden Industrie konkret aussehen kann. Viele der dortigen Unternehmen sind bei diesen Themen schon sehr weit und werden ihre Erfahrungen einbringen, außerdem Wissenschaftler*innen der HTW Berlin, so dass Anwendung und Forschung in einen Dialog kommen. Gastgeber ist die Berlin.Industrial.Group, die IHK Berlin als Partner des KMU-Büros ist natürlich mit im Boot, auch die Wirtschaftsförderung Marzahn-Hellersdorf. Von anschaulichen Führungen über eine wissenschaftliche Keynote und Impulsreferate bis zu Breakout-Rooms, in denen die Teilnehmer*innen Themen nach ihrer Wahl vertiefen können, bis zum zwanglosen Networking ist also alles dabei, was eine produktive Veranstaltung ausmacht. 

Hat sich im letzten Jahr ein besonders wichtiges Thema herauskristallisiert?

Ja, definitiv die Digitalisierung und KI, wobei erstere die Voraussetzung dafür ist, KI-Tools sinnvoll einsetzen zu können. Ohne digitalisierte Daten und Prozesse ist das allerdings nicht möglich. Das Thema Nachhaltigkeit hat leider an Bedeutung verloren.

Gibt es auch Ängste auf Seiten der KMU?

Manche KMU haben Vorbehalte, wertvolle Daten und Informationen mit Dritten zu teilen, auch wenn die HTW Berlin als Hochschule kein kommerzielles Interesse verfolgt. Da gilt es, erst einmal Vertrauen aufzubauen. Andere zögern, weil sie den zeitlichen Aufwand für eine Kooperation nicht präzise abschätzen können. Nicht alle wollen oder können ergebnisoffen rangehen, denn man weiß natürlich nie zu 100 Prozent, was am Ende rauskommt. Auch das Timing ist mitunter schwierig, denn Professor*innen machen ihre Lehre ja nicht spontan, sondern planen mittelfristig. Das bedeutet, dass manche Themen nicht in den laufenden Semesterbetrieb passen und warten müssen. Deshalb ist ein enger Austausch von Vorteil. Dann kann man schnell handeln, sobald sich ein Fenster öffnet. 

Müssen sich KMU um die Kosten einer Kooperation sorgen?

Normalerweise nicht, vor allem bei niedrigschwelligen Kooperationsformen entstehen meist keine unmittelbaren Kosten. Zeit ist natürlich eine Ressource, die Unternehmen auch „verrechnen“. Manche Unternehmen bekunden explizit das Interesse, an lukrative Fördermittel und Fördertöpfe ranzukommen, aber dafür muss natürlich schon eine Kooperation mit der HTW Berlin existieren, ehe man gemeinsam einen Antrag schreibt.   

Ihre Botschaft als Netzwerk-Manager?

Ich will zwei nennen. Die erste: Die HTW Berlin sitzt nicht im Elfenbeinturm, sie kennt die Praxis und forscht anwendungsbezogen. Und die zweite Botschaft: Eine Kooperation muss nicht bei 100 starten, sondern kann ganz klein anfangen und in den Folgejahren wachsen. 

Mit wem würden Sie gerne einen Tee trinken?

Aktuell: Einen guten Schwarztee mit Anne Hidalgo und Simon Sinek. Mit der einen würde ich gerne zum Thema Stadtentwicklung sprechen, mit dem anderen über Perspektiven von KI und Leadership.

Weiterführende Links

Simon Herdegen auf einer Treppe
Simon Herdegen Simon Herdegen im Gespräch
Simon Herdegen auf einem Sofa

Die Fragen stellte Gisela Hüttinger, Transfer- und Projektkommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch

Berlin, 16. September 2025