Patrick Knuchel

Patrick Knuchel

Ohne Lehrbeauftragte geht nichts an der HTW Berlin. Rund 800 Profis aus der beruflichen Praxis gestalten die akademische Lehre mit, auch wenn von ihnen sehr viel seltener die Rede ist als von Professor*innen. Bei Patrick Knuchel stehen Lehrbeauftragte allerdings im Fokus. Im Projekt „Talent Identification & Empowerment“ (TIEs) kümmert er sich ausschließlich um sie. Denn: Auch ein Lehrauftrag kann einen Einstieg in die akademische Karriere darstellen und den Weg zur Professur ebnen. Im Interview erzählt der Mitarbeiter im Fachbereich Gestaltung und Kultur mehr darüber, was die Hochschule unternimmt, um Lehrbeauftragte für eine Professur zu sensibilisieren. Patrick Knuchel selbst hat Bildende Kunst an der Burg Giebichenstein in Halle studiert und war zuletzt in der beruflichen Weiterbildung an der FH Potsdam tätig. 

Was macht Lehrbeauftragte interessant?

Wir wollen ja im Projekt die Karriereoption „Professor*in“ an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften bekannter machen und dazu beitragen, dass sich die HTW Berlin bei der Akquise von akademischem Nachwuchs besser aufstellt. Lehrbeauftragte sind da eine interessante Zielgruppe, eine von mehreren. Denn sie lehren entweder bereits an der Hochschule oder wollen das tun, und Lehrerfahrung ist eine wichtige Voraussetzung, wenn man eine Professur ins Auge fasst. Deshalb ist die Vergabe von Lehraufträgen eine Schnittstelle, an der wir im Projekt ansetzen können. Natürlich müssen für eine Professur noch mehr Bedingungen erfüllt sein. 

Wer vergibt Lehraufträge an wen und warum?

Lehraufträge werden von den Fachbereichen in jedem Semester neu erteilt, manchmal werden auch bestehende Verträge verlängert. Viele Kontakte kommen durch unsere Professor*innen zustande, auch Ehemalige bleiben hier und da als Lehrbeauftragte für die Hochschule tätig. In anderen Fällen schreibt die Personalabteilung Lehraufträge öffentlich aus. Es kommt ein wenig darauf an, wie schwierig es ist, einen Experten oder eine Expertin aus der Berufspraxis für ein bestimmtes Spezialgebiet zu finden. Denn genau das ist der Sinn eines Lehrauftrags: die aktuelle berufliche Praxis in die akademische Lehre zu integrieren. Ich will einige Themenbeispiele aus dem letzten Semester nennen: Virtuelle Produktentwicklung, Future Mobility Concepts oder CAD-Systemtechnik. Je nach Studiengang kommen unsere Lehrbeauftragten aus großen Unternehmen, aus Ministerien, aus Museen, von Stiftungen, oder aber sie sind freiberuflich tätig. Letzteres gilt vor allem für die künstlerischen Studiengänge in meinem Fachbereich. 

Wo kommt Ihre persönliche Expertise ins Spiel?

Ich unterstütze die Fachbereiche dabei, gezielt solche Lehrbeauftragte zu identifizieren und zu rekrutieren, die „berufungsfähig“ sind. Gemeint sind Young Academic Professionals, die schon mehrere Jahre in einem Beruf tätig sind, bereits promoviert haben oder kurz vor der Promotion stehen. Oder aber solche, die künstlerisch geeignet sind, denn für eine Professur in Studiengängen meines Fachbereichs ist eine Promotion keine zwingende Voraussetzung für eine Berufung. Es geht also um Lehrbeauftragte, die alle Qualifikationen mitbringen, Interesse an einer Professur haben könnten und durch den Lehrauftrag die nötige Lehrerfahrung sammeln.

Für das Recruiting haben wir gemeinsam Kriterien definiert und eine Checkliste entwickelt. Bei allem stimme ich mich eng mit den Kolleg*innen der Lehreinsatzplanung ab, besuche Sitzungen der Studiengangsprecher*innen, helfe beim Onboarding und bei der Einarbeitung der Lehrbeauftragten. Im letzten Semester habe ich für sie außerdem einen Newsletter konzipiert, der ihnen hilft, sich an der Hochschule leichter zurechtzufinden.

Begonnen habe ich modellhaft im FB 5, weil ich diesem Fachbereich organisatorisch zugeordnet bin. Speziell für die Lehrbeauftragten meines FB habe ich beispielsweise einen Raum eingerichtet, in den sie sich zurückziehen, ihre Utensilien lagern oder auch mal ihren Laptop aufladen können. Aber ich bin längst mit den anderen Fachbereichen im Austausch. Im Sommersemester 2025 ist es uns gelungen, insgesamt vierzehn Lehrbeauftragte zu gewinnen, die auch für eine Professur in Frage kämen. Im Wintersemester 2025/26 dürfte sich die Anzahl bereits verdoppelt haben. 

Wie attraktiv sind Lehraufträge eigentlich?

Das kommt auf die Branche an. Für Freiberufler sind Lehraufträge interessant, weil sie ein kalkulierbares Zusatzeinkommen bieten. Wer einen gut bezahlten Job in der Wirtschaft hat, den lockt weniger die Vergütung. Ihnen macht der Austausch mit Studierenden Spaß, sagen viele. Sie schätzen die Gelegenheit, ihr Fachwissen zu reflektieren und ihre praktische Erfahrung in Projekte einzubringen. Und um auf das Projekt TIEs zurückzukommen: Ein Lehrauftrag ist eben auch eine hervorragende Möglichkeit, die eigene Karriere weiter zu entwickeln und eine Professur ins Auge zu fassen. 

Was war Ihr schönstes Erlebnis an der HTW Berlin?

Ich konnte meine Kollegin Marina Porras Chassignet dafür gewinnen, am Tag der Druckkunst teilzunehmen. Er findet immer im März bundesweit statt, bei der Veranstaltung zeigen unterschiedlichste Akteur*innen das breite Spektrum der Druckkunst. Das war ein schöner Brückenschlag zu meinem privaten Engagement in der Kunst und ich hoffe auf weitere Synergien. Denn auch im Fachbereich 5 kann man Druck- und Buchbindetechniken studieren. Marina ist Laboringenieurin für unser Druckstudio und die Buchbinderei, aber auch als Lehrbeauftragte tätig. Da schließt sich der Kreis, denn ein Baustein für die Karriereoption Professur ist die besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit, z.B. durch Ausstellungen.

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Patrick Knuchel
Patrick Knuchel am Schreibtisch Patrick Knuchel am Schreibtisch mit Blick auf den Monitor
Patrick Knuchel vor Backsteinfassade

Ein Lehrauftrag an der HTW Berlin

An der HTW Berlin sind etwa 800 Lehrbeauftragte aus der beruflichen Praxis tätig. Sie lehren zwischen zwei und acht Semesterwochenstunden (SWS). Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Lehraufträge sind im Berliner Hochschulgesetz geregelt. Die Bezahlung hat die HTW Berlin in einem Rundschreiben festgelegt. Jede SWS wird derzeit mit 45,50 Euro vergütet.  

Zur Ausschreibung von Lehraufträgen der HTW Berlin

Die Fragen stellte Gisela Hüttinger, Transfer- und Projektkommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch

Berlin, 5. September 2025