Frank Strahlhoff
Frank Strahlhoff
Frank Strahlhoff ist seit November 2022 Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigten (VSB). Gewählt wird die Vertrauensperson von allen schwerbehinderten und gleichgestellten Mitarbeiter*innen der HTW Berlin.
Mit der Hochschule ist Frank Strahlhoff bereits seit vielen Jahren verbunden: Während seines Studiums an der HTW Berlin, das er mit einem Master in Umweltinformatik abschloss, unterstützte er die Hochschule in verschiedenen Abteilungen. Seit 2021 gehört er als Ingenieur im Bereich Technik, Service und Verwaltung zum HTW-Kollegium.
Während des Studiums führten ihn berufliche Stationen zunächst in die Jugendhilfe und dann nach Abschluss des Studiums in den Berliner Schuldienst, wo er als Akademiker praktische Erfahrungen im pädagogischen und sozialen Bereich gesammelt hat.
Was ist Ihre Motivation, sich neben Ihrer Haupttätigkeit als Vertrauensperson zu engagieren?
Ich bin jemand, der gerne hilft – ganz praktisch und direkt. Wenn ich merke, dass Kolleg*innen durch Barrieren oder strukturelle Probleme eingeschränkt oder gar benachteiligt werden, dann will ich etwas tun. Und gerade Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen brauchen gelegentlich Unterstützung im System. Das motiviert mich. Ich sehe es als meine Aufgabe, Brücken zu bauen – zwischen Beschäftigten und Verwaltung, zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Was sind die Aufgaben einer Vertrauensperson?
Meine Aufgaben sind im Sozialgesetzbuch (SGB IX, § 178) geregelt. Ich berate Kolleg*innen bei Anträgen auf Gleichstellung oder Schwerbehinderung, helfe beim Nachteilsausgleich oder wenn es Schwierigkeiten im Arbeitsalltag gibt – zum Beispiel nach längerer Krankheit oder bei Konflikten. Ich begleite Auswahlverfahren und insbesondere Berufungskommissionen, gebe Stellungnahmen ab und achte darauf, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten werden – sachlich, aber bestimmt.
Ein wichtiger Punkt: Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist – anders als der Personalrat – auch für Beamtinnen und Beamte zuständig. Gerade bei Berufungsverfahren spielt meine Beteiligung eine wichtige Rolle.
Nach der neuen Satzung der HTW Berlin ist auch die Einbindung in die Fachbereichsräte realisiert worden. Denn zwischen der Arbeit der Berufungskommission und der späteren Entscheidung im Akademischen Senat lag lange Zeit eine Lücke – dort, wo die Berufungsakte im Fachbereichsrat beraten wird, war die SBV bislang außen vor. Durch die neue Satzung hat sich das geändert: Jetzt kann die Schwerbehindertenvertretung den gesamten Berufungsprozess begleiten – von der Ausschreibung über die Kommissionsarbeit und die Gremienbeteiligung bis hin zur Weiterleitung an die Senatsverwaltung.
In welchen Gremien wirken Sie mit?
Ich bin in mehreren Gremien aktiv – mit Rede- und Antragsrecht im Personalrat, im Akademischen Senat, im Kuratorium und in den Fachbereichsräten, wenn es relevante Themen gibt. Dazu kommt die Mitarbeit im Ausschuss für Arbeitssicherheit, im Inklusionsteam, im BEM-Team und im Antidiskriminierungsrat.
Außerdem bin ich an projektbezogenen Arbeitsgruppen beteiligt, zum Beispiel wenn neue Dienstvereinbarungen erarbeitet werden. Ich arbeite eng mit der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, dem Inklusionsbeauftragten der HTW und weiteren Ansprechstellen zusammen. Der Austausch ist immer sehr kollegial, vertrauensvoll und auf Augenhöhe – das schätze ich sehr.
Welche Schwierigkeiten erleben Sie?
Eine der größten Herausforderungen ist der Spagat zwischen meiner Haupttätigkeit als Angestellter der HTW und meiner Rolle als Schwerbehindertenvertretung. Im Hauptamt bin ich in erster Linie Dienstleister, arbeite auf Anweisung und orientiere mich an den Bedürfnissen anderer Bereiche. In meiner Funktion als SBV vertrete ich Interessen, muss Dinge anstoßen, einfordern und mitunter auch Positionen vertreten, die nicht immer auf Zustimmung stoßen – und manchmal auch nicht verstanden oder gern gehört werden.
Erschwert wird dieser Spagat aktuell durch die angespannte Haushaltslage. Die Zeitressourcen aller werden knapper, viele Bereiche arbeiten an der Belastungsgrenze – das betrifft auch ehrenamtlich Tätige in Vertretungsfunktionen. Gleichzeitig steigt der Beratungsbedarf, weil sich Belastungen, Unsicherheiten und strukturelle Herausforderungen häufen.
Gerade in solchen Phasen ist eine aktive Schwerbehindertenvertretung besonders wichtig – sie braucht aber auch realistische Rahmenbedingungen, um wirksam arbeiten zu können.
Sie haben das Thema Barrierefreiheit angesprochen. Wie können Sie hier mitwirken?
Barrierefreiheit bedeutet für mich weit mehr als Rampen oder automatische Türen. Ich begleite Bauvorhaben, nehme an Begehungen teil und dokumentiere, wo es hakt – sei es bei Wegen, Türen oder sanitären Einrichtungen.
Natürlich bin ich kein Bauingenieur – mein Blick kommt aus der Perspektive der Betroffenen. Und oft sind es genau diese Perspektiven, die zeigen, wo Barrieren wirklich entstehen.
Teilweise arbeiten wir in historischen Gebäuden. Da wurden natürlich noch nicht alle Aspekte der Barrierefreiheit beim Bau mitgedacht – und das wirkt heute manchmal kurios. So kommt es zum Beispiel vor, dass Rollstuhlfahrer*innen zunächst mit einem Aufzug in das erste Obergeschoss fahren und dort dann den Aufzug wechseln müssen, weil nur der zweite über eine Tastenleiste in Greifhöhe verfügt, dieser aber nicht ab dem Erdgeschoss zugänglich ist. Solche Details erscheinen auf den ersten Blick nebensächlich – in der Praxis machen sie aber einen großen Unterschied. Und genau auf solche Dinge schaue ich heute als VSB ganz anders als früher.
Was konnte die VSB in dieser Legislatur erreichen?
Die VSB wird immer für 4 Jahre gewählt, ist aktuell also seit 2022 im Amt. In dieser Zeit kann ich ein paar konkrete Beispiele nennen:
- Kostenfreies Parken auf dem Campus für schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte
- Dienstvereinbarung „Extreme Wetterlagen“ – wer gesundheitlich gefährdet ist, kann bei Hitze oder Kälte mobil arbeiten oder freigestellt werden
- Mitwirkung an der Dienstvereinbarung „Flexible Arbeitsformen“
- Rede- und Antragsrecht in Fachbereichsräten, zum Beispiel bei Berufungskommissionen
Ein anderes Beispiel aus der Praxis zeigt, wie konkret ich mich auch um die Einhaltung von Rechten kümmere: Auf einem Behindertenparkplatz stand über Wochen ein Fahrzeug eines ehemaligen Studierenden, das dauerhaft dort abgestellt wurde – Anhand einiger PKW-Aufkleber und Internetrecherche konnte ich den Halter ermitteln.
Barrierefreiheit heißt eben auch: geschützte Zugänge zu sichern und Missbrauch zu verhindern – im Sinne derjenigen, die wirklich darauf angewiesen sind.
Wie fördern Sie das Gefühl einer Gemeinschaft?
Was viele nicht wissen: Schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte haben nach § 178 SGB IX das Recht, sich einmal im Jahr zu einer Versammlung zu treffen.
Wir nutzen das bei der HTW Berlin jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit – nicht nur für organisatorische Dinge, sondern auch, um uns ganz informell auszutauschen. Letztes Jahr waren wir gemeinsam in einer Bäckerei und haben dort unter fachkundiger Anleitung Weihnachtsplätzchen gebacken.
Solche Momente schaffen Nähe und Vertrauen – und sind eine gute Erinnerung daran, dass Teilhabe auch etwas mit Gemeinschaft zu tun hat.
Wie erleben Sie die HTW Berlin bei Ihrer Arbeit?
Ich erlebe die HTW Berlin als sehr engagiert – viele Dinge gehen hier über das gesetzlich Vorgeschriebene hinaus. Es gibt zahlreiche Ansprechstellen: die externe psychologische Beratung, den Betriebsarzt, die Beauftragte für schwerbehinderte Studierende, die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, das Inklusionsteam, den Antidiskriminierungsrat, die Arbeitssicherheitsbeauftragten – um nur einige zu nennen.
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Und es zeigt, dass an der HTW nicht nur über Inklusion gesprochen wird, sondern dass man sie auch lebt.
Was mir wichtig ist: Barrierefreiheit ist kein Zustand – sie ist ein Prozess. Anforderungen verändern sich, neue Herausforderungen entstehen. Wichtig ist, dass wir als Hochschule dranbleiben. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass die HTW Berlin ein Ort bleibt, an dem niemand aufgrund einer Behinderung zurückgelassen wird.
Welchen Rat können Sie schwerbehinderten Beschäftigten an der HTW Berlin geben?
Ganz klar: Nicht zögern, sondern die Beeinträchtigung als Behinderung anerkennen lassen.
Viele wissen nicht, dass sie sich mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 oder 40 gleichstellen lassen können – das geht über die Agentur für Arbeit. Wer einen GdB von 50 oder mehr hat, gilt als schwerbehindert. Der erste Gang ist also der Antrag beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo).
Und ja, es lohnt sich. Mit einem anerkannten Status gibt es zum Beispiel besonderen Kündigungsschutz, fünf Tage Zusatzurlaub (ab GdB 50), Unterstützung bei der ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung, technische Hilfsmittel, steuerliche Vorteile (nach § 33b EStG), vorzeitige Rente ohne Abschläge und vieles mehr – zum Beispiel bei der Nutzung des ÖPNV oder bei der Kfz-Steuer. Mit einer anerkannten Gleichstellung profitiert man von einem besonderen Kündigungsschutz und einem Steuerfreibetrag.
Die Verfahren sind nicht immer einfach. Ich unterstütze Kolleg*innen gern dabei – natürlich vertraulich.





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Die Fragen stellte Anja Schuster, HTW Berlin Kommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch, Nachbearbeitung Frank Strahlhoff
Berlin, 15. Oktober 2025