Die Vorbereitungen für die Promotionszentren laufen
Seit August 2025 verfügen die HTW Berlin und die Berliner Hochschule für Technik (BHT) als erste Berliner Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) über ein eigenständiges Promotionsrecht. Das heißt: Sie dürfen selbst einen Doktortitel verleihen. Dies war im Land Berlin bis dato ein Privileg der Universitäten. Das Promotionsrecht gilt für zwei verschiedene Promotionszentren, die von der HTW Berlin und der BHT gemeinsam getragen werden (siehe Kasten auf der Webseite). Was bedeutet diese Entwicklung für die Hochschule? Und was muss sie noch tun, damit irgendwann die ersten Doktorurkunden mit dem Logo der HTW Berlin übergeben werden können? Darüber sprechen Prof. Dr. Stefanie Molthagen-Schnöring, die Vizepräsidentin für Forschung, Transfer und Wissenschaftskommunikation, sowie Prof. Dr. Horst Schulte, Wissenschaftler im Studiengang Elektrotechnik und Sprecher des Promotionszentrums „Energiesystemtransformation und Klimaneutralität“.
Ist das Promotionsrecht ein Gamechanger?
Prof. Dr. Schulte: Gamechanger ist ein großes Wort, aber ja, man könnte es so nennen. Denn das eigenständige Promotionsrecht erlaubt es uns nunmehr, die Themen wissenschaftlich so zu setzen, dass sie perfekt zu unserer Expertise und zu unseren Forschungsschwerpunkten passen. Das war in der Vergangenheit durch unsere Kooperationsvereinbarungen mit Universitäten durchaus schon möglich, wird nun aber deutlich einfacher.
Prof. Dr. Molthagen-Schnöring: Das eigenständige Promotionsrecht ist noch aus einem anderen Grund von Vorteil: Es öffnet uns den Zugang zu neuen Förderprogrammen, beispielsweise Programmen zur Graduiertenförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Nunmehr sind wir auch als Hochschule für Angewandte Wissenschaft antragsberechtigt, können also zusätzliche Mittel akquirieren. Davon wird unser wissenschaftliches Profil profitieren und wir können Promovierenden noch bessere Rahmenbedingungen bieten.
Welches Karrierewege eröffnet eine Promotion?
Prof. Dr. Schulte: Zuerst einmal eine Wissenschaftskarriere, doch die ist nicht zwingend. Es gibt auch Misch-Karrieren, gerade an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Das heißt, man kann in der Industrie oder in einer außeruniversitären Forschungseinrichtung tätig sein und zur Promotion an die HTW Berlin kommen. In solchen Fällen dauert es eben ein wenig länger. So oder so: Wer promovieren möchte, sollte für ein Thema brennen, mindestens vier Jahre in Vollzeit für die Promotion mitbringen und über eine gewisse Frustrationstoleranz verfügen. Spaß macht eine Promotion übrigens auch.
Prof. Dr. Molthagen-Schnöring: Die neuen Promotionszentren ermöglichen uns nicht nur, den wissenschaftlichen Nachwuchs direkt zu qualifizieren. Exzellente Promovend*innen kommen auch für eine spätere Professur an der HTW Berlin in Frage. Natürlich müssen sie vor einer Berufung noch Erfahrung in der Praxis sammeln; das ist ja Voraussetzung an einer HAW. Doch man kennt sich bereits, hält den Kontakt vielleicht über einen Lehrauftrag aufrecht, das ist alles von Vorteil. Und sollte der- oder diejenige nicht als Professor*in an die HTW Berlin zurückkehren, profitiert möglicherweise eine andere Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Das ist auch erfreulich.
Wie viele Promovierende erwarten Sie?
Prof. Dr. Schulte: Ich gehe davon aus, dass jede*r der am Promotionszentrum beteiligten Wissenschaftler*innen zwei bis drei Kandidat*innen betreuen wird. Das ergibt zusammen etwa 40 Promovend*innen, die gleichzeitig eingeschrieben sind. Der eine wird noch am Anfang der Arbeit sein, die andere kurz vor dem Abschluss. Uns geht es definitiv nicht um möglichst viele Promovend*innen, sondern um möglichst gute, unabhängig davon, woher sie kommen. Im Fokus steht die Qualität, nicht die Quantität.
Wird man künftig nur an einem der beiden Promotionszentren promovieren können?
Prof. Dr. Molthagen-Schnöring: Aber nein, die einschlägigen Kooperationsvereinbarungen mit Universitäten in Berlin, Deutschland und auch im Ausland bleiben natürlich bestehen. Auf diesem Weg und mit fachlich passenden Themen wird man weiterhin promovieren können – mit einem/einer Erstprüfer*in an der Universität und einem/einer Zweitbetreuer*in an der HTW.
Sind noch formale Hürden zu nehmen?
Prof. Dr. Molthagen-Schnöring: Tatsächlich ist noch einiges zu tun, denn formal gibt es derzeit keine Promovierenden an der HTW Berlin. Wir gehen gerade durch alle bestehenden Ordnungen und Satzungen, um die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen; womöglich sind noch Lücken zu schließen. Auch die Akademischen Gremien werden damit zu befassen sein. Zu allen Schritten tauschen wir uns eng mit den anderen Berliner HAW aus. Denn Vorbilder im Land Berlin haben wir leider nicht. Es sind ja die ersten Promotionszentren, die etabliert werden.
Prof. Dr. Schulte: Es bedarf solider Prozesse in den Promotionszentren, das finde ich auch. Wir wollen es gut hinkriegen. Mit Blick auf mein Fachgebiet würde ich es so formulieren: Es muss eine saubere Systemintegration werden.
Wann starten die Promotionszentren?
Prof. Dr. Molthagen-Schnöring: Ich sage mal vorsichtig: Zum Sommersemester 2026 sollten sich die ersten Promovend*innen einschreiben können. Anfragen gehen bereits ein. Annehmen können wir sie noch nicht, aber gegen eine vorausschauende Vorbereitung spricht nichts. Frühzeitige Erkundigungen sind sinnvoll, auch mit möglichen Betreuer*innen kann man schon Kontakt aufnehmen.