Bessere Paketzustellung mit Künstlicher Intelligenz?
Das Problem ist nicht neu, aber die Lösung womöglich schon, die HTW-Wissenschaftler*innen in Kooperation mit der TU Darmstadt und Technologieanbietern erkunden. Etwa jedes dritte Paket kann beim ersten Versuch nicht persönlich zugestellt werden, weil die Empfänger*innen nicht zuhause sind. Das erzeugt Frust, führt zu höheren Kosten und mehr Verkehr auf ohnehin verstopften Straßen. Ließe sich die Tourenplanung mit Künstlicher Intelligenz (KI) optimieren? Technisch ja. Die Frage ist, ob Kundschaft und Zusteller*innen mitmachen. In einem Forschungsprojekt untersucht Prof. Dr. Stephan Seeck mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Maximilian Engelhardt und Dorian Zwanzig die Bedingungen und simuliert Szenarien. Gefördert werden sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Die datenschutzkonforme Technologie existiert
Die Idee: Pakete dann zustellen, wenn die Empfänger*innen zuhause sind. Alle dafür nötigen Einzelsysteme gibt es. Da ist die App des Kooperationspartners Green Convenience. Sie kann Anwesenheitszeiten mittels Verortung von Mobilfunkgeräten errechnen, weil die in der Regel dort sind, wo sich ihre Besitzer*innen aufhalten. Dafür nutzt sie KI-Verfahren, die in Kooperation mit der TU Darmstadt entwickelt wurden. „Die Technologie ist datenschutzkonform, denn sie verarbeitet weder konkrete Adressen noch personenbezogene Daten“, sagt Maximilian Engelhardt. Und da ist das Tourenplanungssystem von XTL, einem Spin-off der Universität Bremen.
Mehr Service, weniger Kosten
Und so sähe das Szenario aus: Die Kundin ordert per App ein Buch, tippt die Adresse ein und erteilt ihr Einverständnis für die datenschutzkonforme Nutzung der Standortdaten. Der vom Händler beauftragte Paketdienst bekommt das Päckchen mit dem Hinweis, dass die Empfängerin mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 10 und 12 Uhr oder 16 und 21 Uhr anwesend ist, der Fahrer plant die Tour entsprechend. „Das könnte Fehlzustellungen reduzieren, Kosten sparen und den Service erhöhen“, sagt Dorian Zwanzig.
Auch ein Feldversuch soll helfen
„Ob und unter welchen Bedingungen das funktioniert, wollen wir herausfinden“, beschreibt Prof. Dr. Stephan Seeck das Erkenntnisinteresse im Projekt. Lassen sich Kosten und Emissionen tatsächlich senken oder steigen sie, weil die Zustellfahrzeuge keine optimale Route fahren, sondern im Zickzack durch die Stadt? Wie viele Empfänger*innen geben ihre Standortdaten preis? Bei einer Erstanalyse der Kundenakzeptanz kamen Masterstudierende auf 50 Prozent, eine repräsentative Befragung soll folgen. Und sind die Zusteller*innen bereit, die Technologie zu nutzen? Viele planen ihre Touren manuell und ohne digitale Systeme, weil sie Freiraum und Flexibilität schätzen, hat das Projektteam bei Branchenexkursionen herausgefunden. Auch ein Feldversuch soll helfen, die Fragen zu beantworten. Er ist fest eingeplant, wie bei allen Projekten zur urbanen Logistik, die das Team um Prof. Dr. Seeck in den letzten Jahren durchgeführt hat.