Solarzellen können effizienter werden
Mit Photovoltaik verbindet man blau schimmernde Platten auf Dächern oder Feldern. Die im Schachbrettmuster angeordneten kristallinen Siliziumsolarmodule beherrschen bis heute den Markt. Inzwischen haben sich Dünnschicht-Solarmodule hinzugesellt und ein neues Material: Perowskit. Werden Perowskit-Solarzellen mit etablierten Solarzelltechnologien im Tandem kombiniert, können sprunghaft höhere Effizienzen erzielt werden, ohne dass die Kosten nennenswert steigen. Expert_innen erwarten mit der Einführung in den Markt einen wahren Booster für die Erzeugung von Solarstrom. Noch wird an dieser Technologie geforscht, auch an der HTW Berlin. Prof. Dr. Bert Stegemann und Dr. Christof Schultz arbeiten an Laser-basierten Prozessen für die industrielle Fertigung solcher Tandem-Photovoltaikmodule. „Wir wollen den Klimawandel auf doppelte Weise bekämpfen“, sagt Prof. Dr. Stegemann. Erstens durch effizientere Solarzellen mit deutlich höherem Wirkungsgrad; zweitens durch die Einsparung von Energie und Material bei der Herstellung.
Hochtechnologie im Laserlabor
Es geht um die Sonne, doch die Forschung der beiden Ingenieurwissenschaftler findet in der Regel bei Kunstlicht und im Keller statt. Genauer gesagt: im Laserlabor der HTW Berlin am Photovoltaik-Kompetenzzentrum (PVcomB) des Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie. In Adlershof steht dem HTW-Tandem und seinen Mitarbeitern imposante Hochtechnologie in Gestalt von Lasern mit unterschiedlichen Wellenlängen, Pulsdauern und Intensitäten zur Verfügung, integriert in eine Strukturierungsanlage, mit deren Hilfe sie die Materialproben flexibel bearbeiten können. Letztere stellt der Kooperationspartner PVcomB inhouse bereit: für Prof. Dr. Stegemann und Dr. Schultz ein echter Glücksfall.
Im Fokus: Dünnschicht-Solarmodule
Wie sind Dünnschicht-Solarmodule beschaffen? Weil er das oft gefragt wird, hat Prof. Dr. Stegemann ein Video gedreht, in dem er das Material beschreibt: Dünnschicht-Solarmodule bestehen aus mindestens drei dünnen, übereinander liegenden Schichten. Die Absorberschicht nimmt das Sonnenlicht auf; sie ist in zwei Kontaktschichten eingebettet mit deren Hilfe der generierte Strom abgeführt und genutzt werden kann.
Größe bedeutet nicht zwingend mehr Energie
Nun könnte man meinen, dass sich mit immer größeren Dünnschicht-Solarzellen immer mehr Energie gewinnen lässt. Doch das trifft leider nicht automatisch zu. Zwar lässt sich mit zunehmender Größe mehr elektrische Leistung bereitstellen, allerdings steigt auch im selben Maße der Strom. Das würde zum einen dicke Kabel erfordern, zum anderen sehr hohe elektrische Verluste nach sich ziehen.
Der Laser bringt die Lösung
Doch das Problem lässt sich lösen. Dafür werden die einzelnen Schichten strukturiert, das heißt sie werden mit einem Laser in feine Streifen geschnitten. Dadurch wird die große Fläche des Moduls in einzelne Solarzellen aufgeteilt, und diese wiederum in Reihe geschaltet. Der Strom entspricht dann nur noch der Fläche eines Streifens, die Spannung hingegen vervielfacht sich um die Anzahl der Streifen. Exakt dieser Prozess steht im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten von Prof. Dr. Stegemann und Dr. Schultz. „Eine Schicht mit einem Laser in feine Streifen zu schneiden mag trivial klingen“, lächelt Prof. Dr. Stegemann, „aber dabei kann man viel falsch machen“.
Prüfung unter dem Mikroskop
Punkt für Punkt und im Mikrometerbereich werden die einzelnen Schichten der Materialprobe mit bis zu acht Millionen Laserpulsen pro Sekunde abgetragen, das überschüssige Material abgesaugt und der Prozess so lange optimiert, bis die elektrische Funktionalität gewährleistet ist. „Dabei prüft man immer wieder unter dem Mikroskop, was gut war bzw. was anders gemacht werden muss“, beschreibt Dr. Schultz den kontinuierlichen Optimierungsprozess, bei dem Erfahrung und Ausdauer helfe. Mit Blick auf eine spätere industrielle Fertigung müssen die Parameter der Laserbearbeitung – also Wellenlänge, Pulsdauer, Intensität etc. - präzise bestimmt werden und reproduzierbar sowie auf die jeweiligen Materialeigenschaften angepasst sein. Entsprechende Empfehlungen werden am Ende des Forschungsprojekts stehen.
Empfehlung zum Projektabschluss
Diese Empfehlungen könnten dazu beitragen, dass sich die derzeit nicht gerade billige und recht komplexe Laserbearbeitung von Dünnschicht-Tandem-Photovoltaikmodulen unter Verwendung von Perowskiten mittelfristig in die industrielle Fertigung übertragen lässt. Zwar sei nicht alles, was im Labor funktioniere, sofort in der Massenproduktion realisierbar, sagen die beiden Ingenieurwissenschaftler. Doch auch die heutige Standardtechnologie der Photovoltaik habe in einem Labor ihren Anfang genommen.
Das Team hat noch viele Ideen
An neuen Ideen, wie Dünnschicht-Solarmodule weiterentwickelt werden können, mangelt es Prof. Dr. Stegemann und Dr. Schultz nicht. Warum nicht Solarzellen in die Karosserie von Autos integrieren oder Häuser mit Solarzellenfarbe anstreichen? Die beiden verstehen sich als eine Art Brücke zwischen Grundlagenforschung und Fertigung. Sie sind ein eingespieltes Team und haben große Freude daran, die Energiewende voranzubringen.