In Berlin und Brüssel für die Photovoltaik
Sein Engagement gilt der Photovoltaik, ob in Berlin oder in Brüssel. In der deutschen Hauptstadt lehrt und forscht Prof. Dr. Rutger Schlatmann im Studiengang Regenerative Energien der HTW Berlin und leitet das Kompetenzzentrum für Photovoltaik am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB). In der belgischen Hauptstadt wurde der Solar-Experte im Oktober 2022 zum Vorsitzenden der Europäischen Technologie- und Innovationsplattform für Photovoltaik (ETIP PV) gewählt. Im Interview gibt er einen Einblick.
Was muss man sich unter der Europäischen Technologie- und Innovationsplattform für Photovoltaik vorstellen?
Prof. Dr. Schlatmann: Die ETIP PV, so der kürzere und leichter auszusprechende Name, versammelt rund um das gewählte, 30-köpfige Steering Committee mehr als 200 Expert*innen, die die gesamte Photovoltaik-Wertschöpfungskette abdecken. Das Gremium ist unabhängig und wurde von der Europäischen Kommission sowie von der Lenkungsgruppe mit nationalen Vertretern des sogenannten Strategic Energy Transision (SET)-Plans- als Vertretung des Photovoltaik-Sektors anerkannt. Es berät in Fragen der Energiepolitik im Bereich der Photovoltaik. Die Empfehlungen können sich auf die Bereiche Forschung und Innovation, Marktentwicklung einschließlich Wettbewerbsfähigkeit, Bildung und Industriepolitik beziehen.
Was ist Ihre Aufgabe als Vorsitzender?
Meine Aufgabe ist es, das geballte Wissen der Mitglieder des ETIP PV zu bündeln und für die erforderliche schnelle Weiterentwicklung der Photovoltaik in der EU und weltweit einzusetzen. Ich trete dazu auch als Ansprechpartner und Gesicht der ETIP PV im Brüsseler Umfeld auf, manchmal auch gemeinsam mit Lobbyorganisationen wie Solar Power Europe oder dem European Solar Manufacturing Council.
Die ETIP PV hat sich in mehreren Arbeitsgruppen organisiert, die für ihr jeweiliges Fokusgebiet wissenschaftlich dokumentierte Forschungs-Roadmaps, Stellungnahmen oder Informationsblätter schreiben. Themen sind beispielsweise Stromgestehungskosten der Photovoltaik, Zirkularität, Einbettung in das Energiesystem, Integration der Photovoltaik in Gebäude, die Landwirtschaft oder in Transportmittel.
Wir organisieren auch Hintergrundgespräche mit Kommissionsvertreter*innen oder EU- Parlamentarier*innen und versuchen so wichtige Themen für die Photovoltaik auf die Agenda zu bringen. Meine Aufgabe ist es auch, die Aktivitäten der Arbeitsgruppen mit zu lenken und den Output der Gruppen bei der Kommission sowie auch den nationalen Regierungen zu präsentieren.
Ergeben sich aus der neuen Funktion Anknüpfungspunkte zur HTW Berlin?
Die HTW Berlin hat schon lange ein sehr starkes Forschungsprofil in den Erneuerbaren Energien und sicher auch in der Photovoltaik. Die Anknüpfungspunkte aus meiner neuen Rolle als ETIP PV Chair sind eher indirekt. Zum einen, indem die ETIP PV einen großen Einfluss auf die Forschungsprogramme der EU hat, in die sich die HTW Berlin verstärkt einbringen könnte. Zum anderen hoffentlich durch mein umfangreiches Netzwerk, das ich durch diese Funktion natürlich noch stark erweitern werde und für die HTW Berlin einsetzen kann. Außerdem werde ich in meiner Funktion als Vorsitzender "automatisch" sehr gut über aktuelle und anstehende EU-weite Entwicklungen auf dem Gebiet der Photovoltaik und der Energiepolitik im breiteren Sinne informiert sein.
Wie schätzen Sie den Ausbau der Photovoltaik in Europa ein?
Durchaus optimistisch. Die Solarenergie befindet sich in Europa und weltweit in einer entscheidenden Phase. Die Technologie steht bereit, um eine wichtige Rolle bei der Transformation eines vollständig auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystems zu übernehmen. Dennoch gibt es noch reichlich Innovationspotenzial. Es sind kontinuierliche Anstrengungen erforderlich, um Europas Position an der technologischen Spitze zu halten. Die ETIP PV hat dieses Innovationspotenzial in der jüngsten Strategischen Forschungs- und Innovationsagenda für die Photovoltaik aufgezeigt.
Vor welchen Herausforderungen steht Europa?
Die technologische Führung und die Sicherheit der Energieversorgung in Europa kann nur mit einer florierenden und vollständigen Lieferkette für die Solarmodulproduktion auf dem Kontinent aufrechterhalten werden. Wir wollen dazu beitragen, dass Europa seine industrielle Position beibehält und verbessert, um eine Führungsposition auf dem globalen Photovoltaikmarkt zu erreichen. Europa braucht ein gesundes eigenes Photovoltaik-Ökosystem.