Echtzeitdaten für kluge Stadtplanung
Es heißt zwar Internet der Dinge oder Internet of Things (IoT), aber es sind Menschen, die davon profitieren. Wenn beispielsweise über einen längeren Zeitraum präzise erfasst wird, wie viele Autos, Radfahrer_innen und Fußgänger_innen in einer Straße unterwegs sind und diese Messungen in eine bessere Verkehrsplanung münden. Passende Technologien zu erproben, zu evaluieren sowie die Ergebnisse interessierten Bürger_innen, der Verwaltung und Unternehmen in Form von Open Data zugänglich zu machen, ist Gegenstand des Forschungsprojekts „EdgeCity“ von Prof. Dr. Olga Willner. Die Wirtschaftsinformatikerin und ihr Team haben dafür den Ortsteil Adlershof im Bezirk Treptow-Köpenick ausgewählt. Sie wollen zum Wissenstransfer in jenem Kiez beitragen, in dem die HTW Berlin einen Standort hat.
Klein, wasserdicht, möglichst günstig: die Sensoren
Bei diesem Wissenstransfer verfolgen sie eine Doppelstrategie in Gestalt von zwei sogenannten „Reallaboren“. Im Technologiepark Adlershof dreht sich alles um die Sensoren, mit deren Hilfe Verkehrsströme und Umweltdaten in Echtzeit erfasst und zur Auswertung ins Internet übertragen werden. Die Geräte müssen günstig, klein und wasserdicht sein sowie energieautark, weil Steckdosen im öffentlichen Raum gewöhnlich nicht zur Verfügung stehen. Nach der Erprobung der ersten Prototypen wird inzwischen an der zweiten Sensorengeneration mit einer optimierten Energieversorgung durch Sonne und Wind getüftelt. „Die Geräte sollen so klein wie möglich werden“, sagt Erik Zinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der kooperierenden Beuth Hochschule für Technik, der im Labor von dem Studenten Christopher Horz unterstützt wird. Man sei da im „unteren Milliwattbereich“ unterwegs.
Datenschutz dank LoRaWAN-Technologie
Für die Übertragung der Echtzeitdaten ins Internet wird die Schmalbandfunktechnologie LoRaWAN genutzt. Denn WLAN steht nicht überall zur Verfügung und der Mobilfunk wäre zu teuer. „LoRaWAN ist nicht nur energieeffizient und kostengünstig, sondern sorgt auch dafür, dass unser Anwendungsfall garantiert datenschutzkonform umgesetzt wird“, erklärt Prof. Dr. Willner. Schließlich erlaubt es die Technologie aufgrund der kleinen Nachrichtengröße gar nicht, einzelne Personen zu verfolgen, also zu tracken, sondern lediglich, die Anzahl der gezählten Personen zu übertragen. Dafür müssen die Daten am Ort der Erfassung, also dezentral, vorverarbeitet werden, am Rande des Netzwerks sozusagen, der sogenannten Edge, was dem Projekt auch den Namen "Edge City" gegeben hat.
Exponate in Schaufenstern informieren
Während in dem einen Reallabor die Technologien für IoT erprobt werden, geht es im zweiten Reallabor, dem Aktiven Zentrum Dörpfeldstraße, um Aufklärung und Vermittlung. Ausstellungen und Workshops bieten Schüler_innen genauso wie Senior_innen Gelegenheit, sich mit dem Thema zu beschäftigen und eine Vorstellung vom konkreten Nutzen des Internet of Things zu bekommen. Dafür kreierten HTW-Studierende interessante Exponate für Schaufenster der örtlichen Geschäfte, welche die Lautstärke maßen, Staub und Umwelteinflüsse registrierten, je nach Wetterlage Medikamente empfahlen oder den Abstand zwischen Menschen ermittelten. Den einen oder anderen Prototypen durfte das Publikum ausprobieren, wer Lust hat, die Geräte nachzubauen, findet sogar Anleitungen auf der Webseite. Für die Umsetzung und die Kommunikation zwischen allen Beteiligten sorgte Evelyn Cimander, die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HTW Berlin.
Partner in Wissenschaft und Praxis
Apropos Beteiligte: Derer gibt es im Projekt "EdgeCity" viele. Wissenschaftlicher Partner der HTW Berlin ist die Beuth Hochschule. Als Praxispartner firmieren die landeseigene Wista Management GmbH, die den Technologiepark Adlershof betreibt, sowie das historische gewachsene Ortsteilzentrum Dörpfeldstraße, dessen Stärkung dem Bezirksamt Treptow-Köpenick ein Anliegen ist. Hinzukommen zwei kompetente Technologiepartner, nämlich die Wireless IoT Solutions GmbH und die Urban Impact GmbH. Als assoziierter Partner ist die DB Stations&Service AG mit im Boot. Fördermittel für das Projekt stellt das Institut für Angewandte Forschung Berlin (IFAF Berlin) zur Verfügung.
Auch andere Berliner Bezirke haben Interesse
Das Interesse an den Technologien, da ist sich Prof. Dr. Olga Willner sicher, wird in den nächsten Jahren stetig wachsen. Andere Berliner Bezirke haben bei ihr bereits angefragt. Und die für die Standortentwicklung des Technologieparks Adlershof verantwortliche WISTA will die Sensoren dauerhaft installieren. Die Rohdaten kann man übrigens online abrufen. Bis sie auch für Laien gut verständlich sind, müssen die Daten noch ein wenig aufbereitet und Aufklärungsarbeit betrieben werden.