Nachwachsende Rohstoffe statt Erdöl
Es ist den meisten längst klar: Die Wirtschaft muss weltweit und in allen Branchen weg von fossilen Ressourcen und Stoffen, hin zu einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaftsweise. Auch Prof. Dr.-Ing. Anja Drews arbeitet an der HTW Berlin daran, dass dies irgendwann gelingt. Die Verfahrenstechnikerin aus dem Studiengang Life Science Engineering ist mit ihrem Team in einen Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingebunden, in dem seit 2009 an sieben Standorten in insgesamt 14 Teilprojekten zu unterschiedlichen Facetten des Themas geforscht wird.
Ein neuer verfahrenstechnischer Prozess ist nötig
Die Vision: Erdöl als Rohstoff durch pflanzliches Öl zu ersetzen, und zwar speziell in der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Was daran so schwierig ist, bringt Prof. Dr.-Ing. Drews in einem Satz auf den Punkt: „Der verfahrenstechnische Prozess muss völlig neu entwickelt werden, weil die Moleküle der pflanzlichen Öle anders als die aus Erdöl schlecht wasserlöslich sind, etablierte Prozessschritte aber auf Wasser beruhen. “InPROMPT" heißt der Sonderforschungsbereich, in dem interdisziplinär und hochschulübergreifend an vielen Teilschritten des Prozesses gearbeitet wird. Das Akronym leitet sich vom Untersuchungsgegenstand ab: Integrierte chemische Prozesse in flüssigen Mehrphasensystemen.
Im Fokus: die Membranfiltration
Prof. Dr.-Ing. Anja Drews und ihr HTW-Team untersuchen speziell die Membranfiltration von sogenannten Pickering-Emulsionen. In diesen Emulsionen werden die wasserunlöslichen Pflanzenöle mit dem erforderlichen Wasser in Kontakt gebracht, müssen aber hinterher wieder getrennt werden. Diesen Trennschritt effizient und robust zu gestalten, ist eine neue Herausforderung, die das Team 2016 als erste Arbeitsgruppe mit der Membranfiltration gemeistert hat.
Live dabei mit einer Hochgeschwindigkeitskamera
Bei den ersten Experimenten haben Prof. Dr.-Ing. Drews und ihre Mitstreiterinnen allerdings festgestellt, dass bei der Membranfiltration nicht alles so abläuft wie es laut physikalischer Theorie ablaufen müsste. Es gibt daher noch viel zu tun, diese unvorhergesehenen Ereignisse aufzuklären. Jetzt will das Team den Prozess live verfolgen, sprich: das Filtrationsverhalten der Emulsion mit einer Hochgeschwindigkeitskamera durch ein Mikroskop beobachten. Denn für die Effizienz des späteren Verfahrens ist es wichtig, präzise Aussagen zur Beschaffenheit der abgelagerten Tropfenschicht treffen zu können.
Experimente im gut ausgestatteten Hochschullabor
Am Projekt InPROMPT sind eine Doktorandin, zwei studentische Hilfskräfte und momentan zwei Studierende im Rahmen ihrer Bachelorarbeit beteiligt. Das Team der HTW Berlin kooperiert eng mit der TU Berlin und der TU Darmstadt, aber auch mit der amerikanischen Michigan State Universität und der in Singapore sitzenden Technischen Universität Nanyang. Das Labor für Verfahrenstechnik ist mit seinen Versuchsanlagen bestens gerüstet. Es gibt neben den Filtrationsanlagen diverse Analysegeräte für die Viskosität des Öls und der Emulsionen, auch ein Mikroskop mit integrierter Hochgeschwindigkeitskamera. Hinzu kommen spezielle Teile nach eigenen Konstruktionszeichnungen, die von der hochschuleigenen Zentralwerkstatt gefertigt werden.
Bis Ende 2021 soll das Teilprojekt abgeschlossen sein
Schritt für Schritt will das HTW-Team seinen Beitrag zur Umstellung der Rohstoffbasis leisten. Das Teilprojekt des Sonderforschungsbereichs soll bis Dezember 2021 erfolgreich abgeschlossen sein. Das große Ziel ist damit freilich längst nicht erreicht; für die verschiedenen Rohstoffe und Produkte werden einfach zuviele verschiedene Verfahren und damit auch Teilschritte benötigt. Doch die eine Lösung wird es ohnedies nicht geben, sondern verschiedene Lösungen für verschiedene Prozesse, in Abhängigkeit von den Rohstoffen und den daraus hergestellten Produkten.