Know-how für einen guten Start in der Lehre
Wer sich an eine (Fach-)Hochschule als Professor_in berufen lässt, dem ist Lehre wahrscheinlich eine Herzensangelegenheit. Stolze 18 Semesterwochenstunden müssen hier gelehrt werden, an Universitäten sind es nur neun. „Lehre ist die wichtigste Aufgabe einer Fachhochschule“, sagt Birgit Müller, Vizepräsidentin für Lehre an der HTW Berlin.
In den Berufungsverfahren spielt die fachliche Expertise der neuen Professor_innen oft dennoch eine größere Rolle als pädagogische Erfahrungen, schließlich ist die Expertise in einem Wissensgebiet gefragt. Um trotzdem für gute Lehre zu sorgen, begleitet die HTW Berlin ihre Neuberufenen mit einem speziellen „Jahresprogramm“ beim Start an der Hochschule.
Zwar kann es für die Lehre keine inhaltlichen Vorgaben geben. Denn sie ist laut Grundgesetz so frei wie die Forschung. „Wir möchten den Professor_innen aber didaktische Impulse geben, ihren Methodenkoffer erweitern und sie anregen, sich mit Fragen des Lernens und der Lehre zu beschäftigen“, sagt Birgit Müller. Das „Jahresprogramm“ wird unter Leitung von zwei erfahrenen, externen Trainer_innen angeboten. Etwa 20 Neuberufene treffen sich sechs Mal zu einer Blockveranstaltung. Jeweils freitags und samstags geht es um didaktische Fragen, das Planen von Lehrveranstaltungen und die Gestaltung von Prüfungsleistungen. So stellen die Trainer_innen zum Beispiel die Idee des „Constructive Alignment“ vor, bei dem zunächst Lernziele, dann einzelne Lehraktivitäten und schließlich die Prüfungsform detailliert aufeinander abgestimmt werden. Aber auch Techniken, die nicht direkt auf die Vermittlung von Lehrinhalten abzielen, sind Teil des Seminars. Auf dem Programm stehen zum Beispiel Führungstheorien, Motivationsmethoden oder ein Stimm- und Sprechtraining. „Das Programm stellt eine sehr schöne Willkommenskultur an der HTW Berlin dar“, meint Prof. Sebastian Feucht, der 2015 an die Hochschule berufen wurde. „Gerade auch das Stimm- und Sprechtraining zeigt, dass man einen umfassenden Ansatz verfolgt und einen langfristigen Effekt erzeugen möchte. Immerhin ist die Stimme das Hauptmedium eines Lehrenden und muss entsprechend gepflegt werden.“
Der Austausch über Didaktik ist nicht das einzige Ziel. „Uns geht es auch darum, die Vernetzung innerhalb der Hochschule zu fördern“, erklärt Diana Fechner, an der HTW Berlin für Personalentwicklung zuständig, die das Programm betreut. Wenn Professor_innen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenkommen, entstehen häufig Kontakte, die sich im Hochschulalltag eher selten ergeben. „Oft sind so schon sehr spannende, fachbereichsübergreifende Kooperationen entstanden, die der Lehre eine neue Qualität geben“, berichtet die Personalerin. Um die Zusammenarbeit zu verstärken, regen die Trainer_innen zum Beispiel an, untereinander Lehrhospitationen durchzuführen. „Zu sehen, wie die Kolleg_innen lehren, von ihnen Feedback zu erhalten und über Lehre zu diskutieren, hat mir sehr viel gebracht.“, erinnert sich Sebastian Feucht. „Dadurch ist ein Netzwerk entstanden, das bis heute trägt.“
Für gute Lehre ebenso wichtig ist, dass sich die Professor_innen mit den Abläufen in der Hochschule auskennen und wissen, wie sie beispielsweise Forschungsprojekte beantragen können. In einem wiederkehrenden „Gut zu wissen“-Block stellen sich daher einige Abteilungen vor. Hier erläutert beispielsweise die Psychologische Studienberatung, welche Beratungsangebote Professor_innen empfehlen können.
Mittlerweile ist das Programm für neuberufene Professor_innen an der HTW Berlin schon in seinem 10. Jahr. Regelmäßig wird es im Hinblick auf Rückmeldungen der Teilnehmenden weiterentwickelt. Doch auch nach Abschluss des Programms haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in Fragen der Lehre weiterzubilden. „Finden sich mehrere Professor_innen mit einer konkreten Idee oder Frage zusammen, dann versuchen wir, eine weiterführende Veranstaltung zu diesem Thema möglich zu machen“, erklärt Diana Fechner. Weitere Kurse zum Thema Lehre bietet auch das Berliner Zentrum für Hochschullehre. Diese gemeinsame Einrichtung aller Berliner Hochschulen möchte mit diversen Seminaren die Qualität der Hochschullehre verbessern. Die Teilnahme steht allen Lehrenden der HTW Berlin offen, neben Professor_innen also auch Lehrbeauftragten und wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen. „Das Angebot wird gut angenommen“, freut sich die Personalerin.