Suse Prejawa

Suse Prejawa

Noch passen sie in einen Raum: die Nachwuchswissenschaftler*innen, die an der HTW Berlin promovieren. „Etwa 150 junge Männer und Frauen sind es derzeit“, schätzt Suse Prejawa. Sie berät und betreut auf dem Weg zur Promotion, und zwar im hochschulinternen Graduiertenservice. Er ist ein Baustein im Projekt „Talent Identification & Empowerment“, kurz „TIEs“, mit dem die HTW Berlin den professoralen Nachwuchs sichern will. Im Interview erzählt Suse Prejawa mehr darüber, was sie jungen Akademiker*innen rät und warum sie die Promotion für eine herausfordernde Lebensphase hält. Suse Prejawa selbst hat sowohl den Bachelor- als auch den Masterabschluss in England gemacht und dort als Research Assistent gearbeitet. Im Anschluss an die Rückkehr nach Deutschland war sie am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig tätig, ehe sie 2021 an die HTW Berlin kam. 

Eine Promotion ist eine Herausforderung, oder?

Das stimmt. An einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften muss man sogar eine Extra-Schleife drehen, wenn man seinen Doktor machen will, nämlich für die sogenannte kooperative Promotion zusätzlich zum / zur HTW-Professor*in eine Erstbetreuung an einer Universität suchen. Das klappt oft gut, ist aber eine kleine Extra-Hürde. Immerhin wird das für einige Fachgebiete nun einfacher, weil die HTW Berlin im Sommer 2025 gemeinsam mit der Berliner Hochschule für Technik das Promotionsrecht für zwei Promotionszentren erhalten hat.

Als ich die Stelle im Graduiertenservice im Oktober 2023 antrat, hoffte die Hochschule schon darauf und hat auch viel Kraft in die Vorbereitung gesteckt, aber kaum jemand hat damit gerechnet, dass es so schnell geht. Damit hat der Graduiertenservice eine zusätzliche Aufgabe bekommen. Doch das passt sehr gut. Im Fokus steht das Thema Promotion. 

Wie sehen Sie Ihre Aufgabe?

Ich verstehe mich als unabhängige Beraterin von Nachwuchswissenschaftler*innen, zusätzlich zu den wissenschaftlichen Betreuer*innen. Diese Unterstützung wird wirklich gebraucht, denn bei einer Promotion stellen sich jungen Menschen viele Fragen, auch ganz praktische. Die meisten stehen beispielsweise unter einem gewissen Finanzierungsdruck. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass eine Promotion in Deutschland durchschnittlich 4,5 Jahre dauert, die Regelförderung aber drei Jahre beträgt. Dieser Druck erzeugt Stress, da können Talente schnell verloren gehen, wenn sie nicht individuell ermutigt werden. In Gesprächen sage ich immer: Ich weiß nicht auf jede Ihrer Fragen eine Antwort, aber ich weiß ziemlich sicher, wer die Antwort geben könnte. Tatsächlich gibt es (auch) an der HTW Berlin zahlreiche Hilfsangebote, man muss sie nur kennen und finden. 

Was ist wichtig bei einer Promotion?

Da fällt mir viel ein. Existenziell ist das Verhältnis zu den Erst- und Zweitbetreuenden. Ich spreche in diesem Zusammenhang gerne von einer „Langzeitbeziehung“. Damit meine ich zum einen, dass man sehr genau überlegen sollte, auf wen man sich mit seinem Vorhaben einlässt. Zum anderen bedeutet das aber auch, dass man die Beziehung gestalten kann und gestalten sollte. Da gibt es immer Spielraum für Aushandlungsprozesse. Aber auch die jeweilige Promotionsordnung sollte man aufmerksam lesen. Das rate ich zumindest. Das lohnt sich, auch wenn sie viele für lästigen Papierkram halten.   

Welchen praktischen Service bieten Sie jenseits von Beratung an?

Ich entwickle überfachliche Qualifizierungsangebote mit dem Schwerpunkt Promotion. Das geht nicht ganz so schnell wie gewünscht, weil ich - wie schon gesagt - am Aufbau der Promotionszentren mitarbeite. Aber es wird sie geben. Und ich sorge für Vernetzung. Bei einem persönlichen Austausch merken Promovierende schnell, dass sie nicht allein mit den Herausforderungen sind, sondern dass es im Zuge einer Promotion typische Krisen gibt, die jeder und jede erlebt. Und ich verschicke regelmäßig Newsletter mit Updates speziell für Promotionsinteressierte.  

Was treibt Sie persönlich an?

Ich will an der HTW Berlin ein Bewusstsein schaffen für die immer größer werdende Gruppe von Nachwuchswissenschaftler*innen, den sogenannten „wissenschaftlichen Mittelbau“ – übrigens eine ziemlich heterogene Gruppe, auch wenn die Bezeichnung nicht danach klingt. Denn ich erlebe immer wieder, dass diese jungen Leute bemerkenswerte Kompetenzen haben, sich sehr für ihre Projekte engagieren und sich rasend schnell weiterentwickeln. 

Was bedeutet für Sie Diversität?

Eine große Frage! Gerade im akademischen Kontext fällt mir als erstes „mehr Frauen“ ein. Die „leaky pipeline“ ist ein altbekanntes Phänomen: Frauen gehen in großen Zahlen verloren, je weiter sie die akademische Karriereleiter hinaufklettern. Ja, es gibt Unterschiede in den Fachrichtungen, aber die Kurve hat eine eindeutige Richtung: Nach der Promotion verschwinden Frauen aus der akademischen Laufbahn.  Von einem 50/50 -Verhältnis bei Gruppenleitungen oder Professuren sind wir weit entfernt. Das ist schade! Ich wünsche mir, dass eine akademische Karriere für alle Geschlechter attraktiv und machbar ist.