Jan Niklas Kocks
Jan Niklas Kocks
Jan Niklas Kocks ist ein deutscher Kommunikationswissenschaftler, Professor und Kommunikationsberater mit Schwerpunkt auf politischer Kommunikation, Online-Kommunikation und Wissenschaftskommunikation. Nach dem Studium der Kommunikations-, Politik- und Rechtswissenschaften in Berlin promovierte er 2015 an der Freien Universität Berlin. 2024 folgte die Habilitation an der Universität Greifswald zum Thema "Vor-Herrschaft: Hegemonie und politische Kommunikation in vernetzten Strukturen". Ebenfalls seit 2024 ist Kocks Professor für Wirtschaftskommunikation an der HTW Berlin. Parallel leitet er als geschäftsführender Gesellschafter das Berliner Büro der CATO Sozietät für Kommunikationsberatung. Kocks publiziert regelmäßig zu aktuellen Fragestellungen der politischen Kommunikation.
Was fasziniert Sie an politischer Kommunikation – und wie geben Sie das an Ihre Studierenden weiter?
Politik war schon immer — und ist heute noch viel sichtbarer — stark von politischer Kommunikation geprägt. Sie schafft politische Macht und stellt sie gleichzeitig infrage. Wer die dahinterliegenden Prozesse versteht, gewinnt neue Perspektiven und Einsichten. Ich möchte meinen Studierenden vermitteln, dass Politik uns in fast allen Lebensbereichen begleitet und auch für zentrale Fragen der Wirtschaftskommunikation wichtig ist. Wirtschaftskommunikation ist nicht dasselbe wie politische Kommunikation — aber ohne politische Kommunikation ist erfolgreiche Wirtschaftskommunikation oft kaum möglich.
Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie zu Ihrem Habilitationsthema „Vor-Herrschaft“ geführt hat?
Ich hatte schon immer ein Faible für die eher randständigen Theorien meines Fachs. Gleichzeitig wollte ich die Soziale Netzwerkanalyse theoretisch neu für die politische Kommunikation nutzen. Während der Ideenfindung habe ich Antonio Gramsci, einen marxistischen Philosophen, noch einmal für mich wiederentdeckt und habe überlegt, wie sich das miteinander verbinden ließe. Meine Doktormutter, die mich sonst oft von zu abenteuerlichen Theoriepfaden abgebracht hat, war von der Idee begeistert und hat mich meinem späteren Habilitationsbetreuer empfohlen. So fügte sich eins zum anderen.
Welche Erkenntnisse aus Ihrer Habilitation bringen Sie in die Lehre an der HTW Berlin ein?
Ganz klar den Spaß an Sozialer Netzwerkanalyse: Viele Studierende sind zunächst keine Fans von empirischer Forschung — sie wirkt kompliziert und wenig praxisbezogen. Gleichzeitig wächst in der Berufswelt der Bedarf an empirisch fundierter Arbeit. Tech-Unternehmen verteilen kommunikative Ressourcen nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip, sondern gezielt und analytisch — oft mithilfe der Sozialen Netzwerkanalyse. Deshalb biete ich regelmäßig freiwillige Einführungen an. Die Begeisterung der Studierenden, wenn plötzlich verborgene Strukturen auf dem Bildschirm sichtbar werden, ist eine Freude und ein echter Ansporn.
Mit welchem politischen Akteur würden Sie gern einen Kaffee trinken – und worüber würden Sie sprechen?
Wenn es keine aktuell lebenden Akteure sein müssen: Benedetto Croce und Antonio Gramsci. Ein Liberaler und ein Marxist, wobei Gramsci sich immer wieder an Croce abgearbeitet hat, aber auch viel von ihm übernommen hat. Beide in einem Raum beim politischen Streitgespräch, da wäre ich wirklich gerne mit von der Partie. Aktuell lebend: Antonio di Pietro, ein italienischer Politiker und ehemaliger Staatsanwalt. Faszinierende Karriere, rohe Sprache (auch dafür habe ich ein Faible), nachhaltiger Impact im politischen System Italiens. Da würde ich gebannt der Geschichte der Mani Pulite (italienisch für "Saubere Hände", einer Antikorruptionskampagne in Italien zu Beginn der 1990er Jahre) lauschen.
Wie sieht für Sie eine wünschenswerte Zukunft in zehn Jahren aus – in Ihrem Beruf, für Berlin oder für die Gesellschaft?
Beruflich hoffe ich, dass ich dann noch immer Studierenden den Spaß an professioneller Kommunikation, zugleich aber auch die notwendige Ernsthaftigkeit in der Ausbildung vermitteln kann. "In der PR hilft doof sein halt nicht wirklich." — Den Satz können alle meine ehemaligen Studierenden im Schlaf aufsagen. Für Berlin wünsche ich mir, dass die Hochschullandschaft hier weiter bzw. wieder wächst und gedeiht. Gesellschaftlich den Mut zu mehr offener und ehrlicher Kontroverse.
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Die Fragen stellte Adina Herde, Team Kommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch
Berlin, 25. Juni 2025