Kommen Sie mit dem Rad zur Langen Nacht!
65 spannende Beiträge hat die HTW Berlin für die Lange Nacht der Wissenschaften am 22. Juni vorbereitet. An attraktiven Programmpunkten mangelt es wahrlich nicht. Eine kleine Herausforderung ist allerdings die Anreise zum Campus Wilhelminenhof in Oberschöneweide. Der nahegelegene S-Bahnhof Schöneweide ist eine Großbaustelle, von dort kämpft sich der Schienenersatzverkehr mühsam vorwärts. Schneller geht es mit diversen Straßenbahnen ab dem S-Bahnhof Karlshorst. Doch wir haben noch einen anderen Vorschlag: Schwingen Sie sich in den Fahrradsattel und machen Sie aus der Not mit dem Öffentlichen Nahverkehr eine Tugend, genauer gesagt: einen unterhaltsamen Samstagsausflug. Vom S-Bahnhof Treptower Park radeln Sie in etwa einer Stunde auf Radwegen zum Campus der HTW Berlin, entlang der Spree und vorbei an Highlights der Berliner Industriekultur.
Alle Informationen in einem Flyer oder auf dem Handy
„Wasser und Strom“ heißt die Tour, die mit insgesamt 20 Kilometern und 17 Orten sicher zu üppig ist für einen entspannten Nachmittagstrip. Doch schon die Teilstrecke zwischen dem S-Bahnhof Treptower Park und dem Campus Wilhelminenhof der HTW Berlin gibt einen wunderbaren Einblick in eine Zeit, als die Berliner Industrie an den Stadtrand wanderte, die AEG an der „Schönen Weyde“, wie sie damals hieß, das erste Drehstromkraftwerk Europas baute und Oberschöneweide zum führenden Zentrum der Strom- und Elektroindustrie wurde, zur sogenannten „Elektropolis“. Alles, was man darüber wissen möchte, hat das Berliner Zentrum Industriekultur (bzi) in einem handlichen, schön bebilderten Flyer aufbereitet. Man kann ihn mitsamt Karte kostenlos von der Webseite herunterladen. Alternativ gibt es dort die GPS-Daten oder die digitale Navigation auf der App Komoot.
Start am S-Bahnhof Treptower Park
Ein passender Startpunkt ist der S-Bahnhof Treptower Park. Sie nehmen den Ostausgang, lassen die Ausflugsdampfer in der Rummelsburger Bucht zur Linken liegen und halten sich rechts. Unter prachtvollen Platanen geht es im Treptower Park zur Archenhold Sternwarte. Deren Linsenfernrohr war einst das längste bewegliche Linsenfernrohr der Welt, das 1896 Millionen von Menschen zur Berliner Gewerbeausstellung lockte. 20 Jahre später hielt Albert Einstein dort seinen ersten Vortrag über die Allgemeine Relativitätstheorie.
Schattiger Radweg entlang der Spree
Weiter geht es auf einem schattigen Radweg durch den Plänterwald, immer am Ufer der Spree entlang. Linkerhand über das Wasser kommt bald ein klassischer Backsteinbau in den Blick: das erste Berliner Großkraftwerk, benannt nach seinem Architekten Georg Klingenberg. 1927 war es der modernste Stromlieferant Europas. Weil das vom Kraftwerk erwärmte Wasser zurück in die Spree floss, konnte man in der dortigen Flussbadeanstalt beinahe das ganze Jahr ins Wasser steigen. Ehe 2017 auf Erdgas umgestellt wurde, kam täglich Braunkohle per Schiff aus Königs Wusterhausen. Der dortige Binnenhafen verfügt noch heute über eine sehr seltene Waggonstirnwandkippanlage: Züge werden mitsamt Gleisen angehoben und ihre Ladung auf die wartenden Schiffe gekippt.
Kleine Rast im Ausflugslokal "Eierhäuschen"
Einen Steinwurf entfernt haben Sie von einem nagelneuen Schiffsanleger einen wunderbaren Blick auf das Funkhaus Berlin in der Nalepastraße. Die Aufnahmeräume in dem Klinkerbau sind wegen ihrer ausgezeichneten Tonqualität hochgeschätzt. Alternativ genießen Sie die Aussicht bei einem Getränk im „Eierhäuschen“. Das traditionsreiche Ausflugslokal wurde aufwändig restauriert, seit März 2024 wird dort wieder bedient.
Mit dem "Fährbär" über die Spree
Danach bringt Sie der „Fährbär“ der BVG mitsamt Rad über die Spree. Für Ihre Planung: Das Schiff legt an Samstagen alle 20 Minuten ab, jeweils zu den Minuten 17/37/57 (letzte Fahrt um 18.57 Uhr). Am anderen Ufer stoßen Sie inmitten der Kleingartenanlage „Am Freibad“ auf die letzten noch erhaltenen Gleise der „Bullenbahn“. Diesen Spitznahmen verdankt die ehemalige Industriebahn vermutlich der massigen Gestalt der Loks. Beinahe 100 Jahre lang, von 1890 bis 1996, bedienten nämlich Güterzüge die unzähligen Fabriken entlang der Spree. Der einstige Betriebsbahnhof wird heute von der Straßenbahn genutzt.
Die Buchstaben "AEG" sieht man schon von Weitem
Durch die Kleingartenanlage geht es geradeaus in die Nalepastraße und weiter in die Wilhelminenhofstraße, wo Sie an der Kreuzung zur Edisonstraße auf das ehemalige Transformatorenwerk zufahren. Die roten Buchstaben "AEG" an der Stirnseite sind schon von Weitem sichtbar. Dort wurden einst Großtransformatoren gebaut, mit deren Hilfe hohe Spannungen aus Kraftwerken auf die Verbrauchsspannung im Haushalt umgewandelt werden konnten. Gleich gegenüber befindet sich die ehemalige Lampenfabrik Frister, um 1900 die größte Lampenfabrik Europas, wo Kronleuchter und Tischlampen hergestellt wurden.
Endspurt in der Wilhelminenhofstraße
Jetzt sollten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit der Überquerung der Kreuzung schenken, weil die derzeit eine große Baustelle ist. Wenn das gelungen ist, haben Sie es beinahe geschafft. Entlang der imposanten Gebäude des ehemaligen Kraftwerk Oberspree – es war das erste Drehstromkraftwerks Europas und wurde baulich vom Palast der Schönen Künste in Paris inspiriert -, radeln Sie durch die Wilhelminenhofstraße und gelangen schließlich zum Ziel, dem Campus der HTW Berlin. Er war selbst einmal ein Industriestandort: Wo früher das Kabelwerk Oberspree der AEG Technologie entwickelte und produzierte, wird seit 2009 gelehrt, gelernt und geforscht.
Herzlich willkommen an der HTW Berlin!
Diese Geschichte hat die HTW Berlin übrigens nicht vergessen, sondern auf einer rund um die Uhr zugänglichen Freiluftausstellung anschaulich aufbereitet. An der 60 Meter langen Fassade im Innenhof des Campus kommen Sie im Laufe der Langen Nacht mit Sicherheit vorbei. Aber jetzt wünschen wir erst einmal viel Vergnügen bei 65 Programmpunkten! Die Hochschule freut sich auf Ihren Besuch!