Nachhaltige Entwicklung von Laos vorantreiben
Wenn Prof. Dr. Martin Klaffke und seine laotischen Mitstreiter*innen für Fotografen fröhlich lächelnd zwei Finger in die Luft strecken, denkt man spontan an das berühmte „V“ für Victory. Tatsächlich bilden sie mit Zeigefinger und Daumen ein „L“. „Das Zeichen steht für „Lebenslanges Lernen“, erklärt der Professor aus dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre die bunten Aufnahmen, die ihn mit vielen Gesprächspartner*innen in Laos zeigen. Drei Monate bzw. ein ganzes Sabbatical verbrachte der Experte für Personal und Organisation im Auftrag des Internationalen Instituts des Deutschen Volkshochschulverbands (DVV International) in der Hauptstadt Vientiane. Ziel der Mission war es, das Land dabei zu unterstützen, einen Aktionsplan für die Umsetzung des offiziellen Dekrets für Lebenslanges Lernen zu erstellen und die Lehrerausbildung weiterzuentwickeln.
Gespräche und eigenständige Erkundung des Landes
Prof. Dr. Klaffke war in Laos als sogenannter „Senior Adviser“ unterwegs. In dieser Funktion traf er sich heute mit dem laotischen Bildungsminister und dem Dekan der National University of Laos – sie waren seine wichtigsten Kooperationspartner -, war morgen Gast beim Empfang der deutschen Botschafterin anlässlich des 65. Jahrestags der deutsch-laotischen Beziehungen, besuchte übermorgen ein dörfliches Community Learning Center, sprich: eine Volkshochschule, und machte sich am nächsten Tag persönlich ein Bild von einem Lehrerausbildungszentrum. „Die zahlreichen Gespräche, immer mit Dolmetscher im Schlepptau, aber auch die eigenständige Erkundung des Landes, waren eine wichtige Voraussetzung für diese Mission der Entwicklungszusammenarbeit“, erzählt er bei der Rückkehr nach Berlin.
"Bildung sollte in Laos das Thema überhaupt sein"
Kennengelernt hat Prof. Dr. Klaffke krasse Gegensätze in einem Land, das zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt gehört, in dem „Hochwertige Bildung“, das vierte der insgesamt 17 Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung (Social Development Goals – SDG), eine besondere Bedeutung zukommt. „Bildung sollte in Laos das Thema überhaupt sein, denn es ist Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung aller anderen SDG`s“, sagt er mit großem Nachdruck. „Wie, wenn nicht mit Bildung, will man das Land sonst transformieren, Armut bekämpfen und Ungleichheit reduzieren?“ Auf jeden Fall kein leichtes Unterfangen, wenn viele Kinder die Grundschule vorzeitig abbrechen, um zum Lebensunterhalt der Familie etwas beizutragen, insbesondere in der Feldarbeit, und selbst höhere Bildungszertifikate angesichts schlechter Wirtschaftsaussichten zu keinen größeren Erwartungen berechtigen.
Lebenslanges Lernen als große Chance
Umso wichtiger ist das Lebenslange Lernen und darin die Rolle der Erwachsenenbildung bzw. der non-formalen Bildung, wie sie in Laos meist genannt wird. „Angesichts der hohen Dropout-Quote des Schulsystems besteht ein enorm großer Bedarf an Qualifizierung außerhalb von klassischen Einrichtungen,“, sagt Prof. Dr. Klaffke. Dafür müsse es erstens resiliente Strukturen geben, die Menschen dabei helfen, jene Inhalte nachzuholen, die sie verpasst haben. Zweitens müssen Brücken gebaut werden, auf denen spätere Bildungsmaßnahmen aufbauen. Entsprechende Empfehlungen hat der Wissenschaftler im Aktionsplan gegeben. Mit dessen Hilfe soll das 2020 von der laotischen Regierung verabschiedete „Dekret für Lebenslanges Lernen“ mittelfristig umgesetzt werden. Die Expertise des HTW-Professors im Bereich „New Ways of Working“, „Learning Environments“ und „Change Management“ waren dabei ebenso vorteilhaft wie seine berufspraktischen Erfahrungen als ehemaliger Projektmanager bei der Top Management-Beratung Roland Berger.
Der Aktionsplan soll demnächst beschlossen werden
„Ganz fertig geworden ist der Aktionsplan bis zu meiner Abreise nicht“, bedauert Prof. Dr. Klaffke. Doch das Papier stehe in wesentlichen Teilen, werde derzeit übersetzt, danach von einer Task Force diskutiert und soll dann vom LLL-Steuerungskomitee, dem der Bildungsminister vorsteht und dem weitere Vize-Minister verschiedener Ressorts angehören, beschlossen werden. Der Schwerpunkt liegt auf einer vereinfachten Anerkennung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die Menschen in unterschiedlichen Lernsituationen erreicht haben. Digitale Bildung könnte eine größere Rolle spielen, der Aufbau von Kompetenzen wie Selbstorganisation und Selbstmotivation, die Weiterentwicklung von einfachen Tätigkeiten wie dem Flechten von Reiskörben oder Nähen von traditioneller Kleidung zu Bausteinen von größeren Produktionsketten, also die Etablierung einer Art von Entrepreneurship-Thinking.
Eigenes Modul für die Ausbildung von Lehrer*innen
Passend zum Aktionsplan und parallel hat Prof. Dr. Klaffke die Fakultät für Erziehungswissenschaften der National University bei der Gestaltung eines Moduls „Lebenslanges Lernen in der Lehrerausbildung“ unterstützt. Im Kern sollen dabei die Lehrer*innen zu Botschafter*innen des lebenslangen Lernens gemacht werden. Denn Lebenslanges Lernen befähigt nicht nur, neue Aufgaben in einer sich dynamisch wandelnden Arbeitswelt zu übernehmen, sondern ist gleichzeitig aus persönlicher, bürgergesellschaftlicher oder sozialen Perspektive wichtig, weil es gesellschaftliche Teilhabe und nachhaltige Entwicklung sichert. „Wenn die Lehrer*innen selbst über das inhaltliche und methodische Rüstzeug verfügen und die bereitgestellten Unterlagen 1:1 im Unterricht nutzen können, dann wird es ihnen sehr viel leichter fallen, ihre Schüler*innen nachhaltig von der Idee des lebenslangen Lernens zu begeistern und Neugierde zu kultivieren“, hofft der Wissenschaftler.
Wertvolle Impulse für die eigene Lehrveranstaltung
Er selbst kehrte mit vielen neuen Eindrücken und wertvollen Impulsen für seine eigene Lehrveranstaltung „Sustainable Human Resources & Diversity Management“ nach Berlin zurück – Lernen funktioniert in beide Richtungen, gerade bei einer partnerschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe. „Ein tolles Projekt mit vielen Chancen für Laos“, resümiert Prof. Dr. Klaffke. Er ist fest entschlossen, erneut im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig zu werden.