Mit Hefezellen gegen Alter und Krebs
Felix Richter kümmert sich täglich um Hefezellen. Nicht, weil er Brot bäckt oder Bier braut. Ihn interessiert die Saccharomyces cerevisiae, wie sie im Lateinischen heißt, weil er sich Erkenntnisse über die Alterung von Zellen verspricht. Die Vision des Molekularbiologen, der im Fachbereich 2 promoviert: eine Methode zu finden, die dabei hilft, Wirkstoffe sowohl gegen das Altern als auch gegen Krebserkrankungen entwickeln zu können.
"Es kann klappen, muss aber nicht"
Ein ehrgeiziges Ziel für eine Promotion, das ist dem Nachwuchswissenschaftler bewusst. „Es kann klappen, muss aber nicht“, sagt er. Immerhin sei er auf Konferenzen noch niemandem begegnet, der seinen Ansatz für aussichtslos hält, im Gegenteil. Überhaupt ist für Felix Richter der Weg das Ziel. Der Biologe und Physiker, der nach dem Studium zunächst zehn Jahre bei einem Projektträger tätig war, Förderanträge begutachtete und internationale Netzwerke managte, stieg vergleichsweise spät in die Forschung ein. Inzwischen macht sie ihm um so größere Freude. Und er möchte einen Beitrag zu einem gesellschaftlich hochrelevanten Thema leisten. „Wenn es gelänge, die von Krankheiten überschattete letzte Phase des menschlichen Lebens zeitlich zu begrenzen sowie Krebserkrankungen effizienter zu bekämpfen, dann wäre das in vielerlei Hinsicht positiv: für unsere Lebensqualität, für das Gesundheitswesen und für die Gesellschaft“, beschreibt Felix Richter seine Motivation.
Im Fokus: die Telomere der Hefezellen
Die in der Alterungsforschung gut etablierten Hefezellen dienen ihm als Modellorganismus. „Einfach zu züchten, preiswert und genetisch fix veränderbar“, zählt der Molekularbiologe die Vorzüge auf. Für ihn nicht minder relevant: „Hefezellen kann ich anders als Mäuse ohne Skrupel umbringen, wenn ich mal in einer Sackgasse gelandet bin“. Bei seinen Experimenten interessieren Felix Richter vor allem die Telomere der Zellen. Das sind die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen. „Wirkstoffe, die Telomere verlängern, könnten das Altern verzögern; Wirkstoffe, die sie verkürzen, in der Krebstherapie eingesetzt werden“, schreibt er in seinem Wissenschaftsblog.
Das Ziel: die optische Markierung der Proteine
Voraussetzung dafür ist freilich, dass man die Verlängerung bzw. Verkürzung ohne großen Aufwand messen kann. Genau darum geht es. Weil bisherige Methoden zu kompliziert sind bzw. zu vielen Einflussfaktoren unterliegen, arbeitet Felix Richter daran, jene Proteine, die sich natürlich an Telomere binden, optisch zu markieren, um sie automatisiert und in großem Stil nachweisbar zu machen.
Die Uhr für die Promotion tickt
Dafür züchtet er jede Menge Hefekulturen im Labor, schleust fremde Gene ein, setzt PCR-Tests an, arbeitet Proben auf und betrachtet sie unter dem Mikroskop. Bis November 2024 hat Felix Richter noch Zeit, mit der Option auf Verlängerung um ein Jahr. Sollte bis dahin kein Durchbruch in Sicht sein, müsste er rechtzeitig auf ein anderes Thema umsatteln. Angst macht ihm das nicht. „Ich werde für das Denken bezahlt“, lächelt er gelassen.