Julia Noack
Julia Noack
Eine Studentin wie Julia Noack hatte das Team für Entrepreneurship und Gründung an der HTW Berlin wohl vor Augen, als es 2022 das Kickstart-Stipendium auflegte: Sie hat eine innovative Idee, verfolgt deren Umsetzung zielstrebig, mit eben so viel Energie wie Emotionen, und sie glaubt an den Erfolg. Mit einem von ihr konstruierten Kippfensterschutz will die 27-jährige dafür sorgen, dass Katzenbesitzer*innen unbesorgt die Wohnung lüften können, ohne Angst um ihre geliebten Vierbeiner haben zu müssen. Denn die bleiben beim Versuch, ins Freie zu gelangen, oft kläglich zwischen gekipptem Fenster und Rahmen stecken. „Das ist eine der häufigsten Todesursachen von Hauskatzen“, sagt die BWL-Studentin. Der von ihr im Gründungspraktikum entwickelte Prototyp könnte das verhindern. Im Gespräch erzählt sie mehr darüber.
Wie kamen Sie auf die Idee für den Kippfensterschutz?
Julia Noack: Das Problem heißt „Kippfenster-Syndrom“ und ist sehr gefährlich. Leider wissen nur wenige Katzenbesitzer*innen um die Gefahr, obwohl selbst lokale Medien manchmal darüber berichten. Meist ist man erst sensibilisiert, wenn es die eigene Fellnase trifft. Auch mein Kindheitskater Timmi wollte einmal durch das gekippte Fenster nach draußen und konnte glücklicherweise unverletzt durch meine Mama gerettet werden. Hierdurch bin ich aber schon früh auf das Thema aufmerksam geworden. Als uns Prof. Dr. Hölzner in einer Lehrveranstaltung der Vertiefung „Entrepreneurship und Mittelstandsmanagement ermunterte, Produktideen vorzustellen, auch solche, die vielleicht verrückt sind, habe ich gewagt, darüber zu sprechen. Ich bekam dafür so viel positives Feedback, dass ich die Sache einfach in Angriff nahm.
Lässt sich das mit dem Studium vereinbaren?
Ja, aber nur, weil zwei Dinge zusammenkamen: Ich konnte statt des Fachpraktikums ein Gründungspraktikum machen. So hatte ich genügend Zeit für die Verbesserung von Prototypen, die Durchführung von Umfragen, Zielgruppen- und Materialrecherchen und vieles mehr. Außerdem bekam ich ein Kickstart-Stipendium von der HTW Berlin. Mit dem Geld konnte ich das nötige Material kaufen: Fliegennetz, Klettband, Holz, sogar ein Fenster für meine Experimente. Ohne Stipendium wäre das nicht möglich gewesen. Sie müssen wissen: Ich finanziere mein Studium mit Nachtdiensten. Ich war in meinem ersten Leben Krankenschwester.
Wie gingen Sie genau vor?
Das Kickstart-Stipendium folgt der sogenannten Osterwalder-Methode: Sie wurde entwickelt, um von einer Idee zum validierten Geschäft zu kommen und unterteilt sich in vier Phasen: Gestaltungsphase, Hypothesenphase, Experimentierphase und Opportunitätsphase. So habe ich zwei funktionierende Schließmechanismen entwickelt. In beiden Fällen spannt sich das Netz automatisch auf, wenn man das Fenster öffnet, und verschwindet vollständig im Rahmen, wird also unsichtbar, wenn man es wieder schließt. Das war mir aus ästhetischen Gründen wichtig. Außerdem umspannt mein Kippfensterschutz den gesamten Fensterspalt. Das ist bei den beiden Modellen, die es schon auf dem Markt gibt, anders. Bei ihnen bleibt ein Rest von Verletzungsgefahr. Mit CETZ kann ich sie ausschließen.
Wie schaut es mit dem Marketing aus?
Der Name CETZ stand als allererstes fest. Er setzt sich aus dem englischen „cats“ und dem deutschen „Netz“ zusammen. Um mit der Zielgruppe, zu der ich selbst gehöre, in Kontakt treten zu können, sind vor allem der Instagram-Account @cetz.fensterschutz und natürlich mein Kater Gary wichtig. Meine Follower*innen, mittlerweile mehr als 1800 Catmoms und Catdads, konnten die Entwicklung des Produkts von Anbeginn verfolgen, Vorschläge und Feedback beisteuern, Farbwünsche äußern. Sie haben unglaublich Anteil genommen, und ich weiß, dass alle eine sinnvolle Lösung für das Problem herbeisehnen. Aber ich habe natürlich auch Marktrecherchen gemacht. Es gibt allein in Deutschland 17 Millionen Hauskatzen, die von ihren Besitzer*innen sehr geliebt werden. Sie würden viel dafür tun, gefahrenfrei lüften zu können. Wieviel CETZ kosten wird, weiß ich noch nicht. Aber ich wünsche mir, dass Katzenbesitzer*innen kein Vermögen dafür zahlen müssen.
Was, wenn es nicht klappt?
Daran denke ich im Moment nicht. Ich glaube einfach, dass es gelingt. Den schwierigsten Teil, also die Entwicklung des Prototyps, habe ich hinter mir. Falls der Markt die Idee nicht annimmt, wäre ich natürlich sehr enttäuscht. Ich weiß aber auch, dass ich wirklich alles für die Verwirklichung der Idee getan habe.
Was sind die nächsten Schritte?
Ich muss einen Hersteller finden, der sich bereit erklärt, sagen wir: 5000 Exemplare zu produzieren. Das kann ein klassischer Fensterbauer sein oder ein Unternehmen, das Fliegengitter produziert. Geld könnte man mit einem Crowdfunding oder durch die Unterstützung von „Business Angels“ beschaffen. Hierbei möchten mir meine Entrepreneurship-Professorin und Praktikumsbetreuerin, Prof. Dr. Hölzner, und Christopher Purbst, Team-Coach und Mentor des Kickstart-Programms, helfen. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Weiterführende Links
Das Gespräch führte Gisela Hüttinger, HTW Berlin, Transfer- und Projektkommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch
Berlin, 22. Mai 2023