Gebrauchtes auch im Baumarkt kaufen
Hub nennt man in der Logistik den Ort, an dem Güter unterschiedlichster Art zentral umgeschlagen werden. Im Fall des „Material Hub“ von Marlón Escobar Saupe wären es gebrauchte Materialien wie Holz, Metalle, Schaum- und Kunststoffe oder Kartonage. All das gäbe es in einem Container mit auffälligem Branding direkt neben einem zentral gelegenen Baumarkt, zu günstigeren Preisen und zusammen mit Tipps für das kreative Upcycling. Mit seinem Konzept „Material Hub“ schaffte es der HTW-Absolvent in die Endauswahl für den Bundespreis Ecodesign 2023. Die höchste staatliche Auszeichnung für ökologisches Design in Deutschland wird seit 2012 vom Internationalen Designzentrum Berlin (IDZ) organisiert und in Kooperation vergeben.
Die Idee entstand im Studiengang System Design
Das Konzept für den „Material Hub“ entwickelte Marlón Escobar Saupe im Rahmen seiner Masterarbeit im Studiengang System Design. Er hatte sie gerade bei Prof. Pelin Celik und Prof. Sebastian Feucht abgeben, als er von der Nominierung für den Bundespreis Ecodesign in der Kategorie „Nachwuchs“ erfuhr. „Das war ein echter Ansporn für mein damals noch ausstehendes Kolloquium“, lächelt der junge Gestalter, der den Anspruch hat, mit Ideen und Konzepten zur Lösung von Problemen beizutragen.
Materialien in den Kreislauf zurückführen
Das Wegwerfen von Materialien, die noch gebrauchsfähig sind, ist ein solches Problem, sagt Marlón Escobar Saupe. Denn es sei ökologisch fragwürdig. Doch wie könnte es gelingen, diese Materialien in den Nutzungskreislauf zurückzuführen? Und wie müsste der konkrete Ort aussehen, an dem das gelingt? Das waren zwei der Fragen, mit denen sich der Designer ausführlich beschäftigte und dabei auch mit vielen Interviewpartner*innen sprach: mit der Berliner Stadtreinigung, mit einem Dutzend Privathaushalten, aber auch mit Leuten, die das Upcycling professionell oder ehrenamtlich betreiben, beispielsweise mit der Initiative „Material Mafia“ im „Haus der Statistik“ am Berliner Alexanderplatz.
Ein "Material Hub" direkt neben dem Baumarkt
Fazit der Recherchen und Gespräche: Dreh- und Angelpunkt für den Kreislauf von Materialien müsste der Ort sein, an dem sie eingekauft werden. „Der Material Hub gehört direkt neben den Baumarkt“, sagt Marlón Escobar Saupe. „Denn dort kaufen die Menschen nicht nur Materialien ein, mit denen sie kreativ werden, sondern dort werden sie auch beraten und entwickeln neue Ideen“. Für den – selbstverständlich ansprechend gebrandeten - Container müssten nicht mehr als zwei oder drei Parkplätze wegfallen, von denen es auf den Flächen vor Baumärkten in der Regel genügend gibt.
Inspiration und Beratung gibt es gratis dazu
Die Vision von Marlón Escobar Saupe: Wer in einem großen Baumarkt neue Materialien oder Werkzeuge einkaufen will, checkt im Material Hub erst einmal das aktuelle Angebot - oder nutzt die Gelegenheit, dort etwas abzugeben, was noch brauchbar ist. Weil das komplette Interieur des Hub von Upcyclern gestaltet ist (die so Werbung in eigener Sache machen), bekommt die Kundschaft gleich neue Inspirationen. Im Material Hub wird die Kundschaft womöglich sogar von einem Angestellten des Baumarkts beraten. „Wenn nicht, übernehme ich das in der Testphase selbst“, verspricht Marlón Escobar-Saupe. „Man könnte im Hub auch Workshops anbieten, in denen Interessierte lernen, was man mit gebrauchten Materialien alles anstellen kann“, denkt der HTW-Absolvent weiter. Auf keinen Fall dürfe der Hub zum Sperrmüll-Container werden. Die BSR könnte im Abstand von zwei Wochen die Ladenhüter abholen, die niemand benötigt.
Der erste Schritt zu einem neuen Mindset
Ein zu idealistisches Konzept? Marlón Escobar Saupe glaubt, dass es funktionieren kann. Wer in einen Baumarkt komme, wolle etwas Eigenes erschaffen, ist er überzeugt. Wenn diese Kundschaft verinnerlicht, dass das auch mit Gebrauchtem geht bzw. mit Resten von neuen Materialien, und dabei sogar preiswerter ist, dann sei der erste Schritt in Richtung eines neuen Mindset schon gemacht. Die legendäre „Fundgrube“ bei IKEA, eine Vielzahl von Second Hand-Läden, das Gebrauchtwarenkaufhaus NOCHMALL der Berliner Stadtreinigung in Reinickendorf und die Plattform Ebay funktionieren schließlich auch.
Ein Praxistest ist auf jeden Fall geplant
Auf jeden Fall will Marlón Escobar Saupe sein Konzept in Kooperation mit einem Baumarkt in der Praxis testen. Er hat schon einen im Auge. Doch ehe er die Verantwortlichen anspricht, will er ein solides Netzwerk von Unterstützer*innen und Upcycler*innen aufbauen, die bei der Umsetzung helfen.