Meryem Yildiz

Meryem Yildiz

Mit einer gehörigen Portion Leidenschaft und einem reichen Erfahrungsschatz ist Meryem Yildiz seit dem 1. Juni 2024 Teil des Teams des Zentralen Referates für Gleichstellung und Antidiskriminierung. In der zentralen Antidiskriminierungsstelle ist sie unter anderem für das Beschwerdemanagement und den Aufbau eines umfassenden Diskriminierungsmonitorings zuständig. Ihre Aufgabe? Hindernisse abbauen und Brücken bauen.

Können Sie uns etwas über Ihren beruflichen Hintergrund und Ihre Erfahrungen im Bereich Antidiskriminierung erzählen?

Mein beruflicher Werdegang ist so facettenreich wie ein gut gewürzter Döner. Als staatlich anerkannte Sozialpädagogin habe ich mehrere Jahre lang Schüler*innen und Eltern aus marginalisierten Gruppen beraten. Zuvor habe ich einen weiteren BA-Abschluss in Sprachwissenschaften absolviert und Masterprogramme in Kommunikations- und Politikwissenschaften besucht. Darauf folgte über zehn Jahre Berufserfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit und im Projektmanagement an den Indischen und Südafrikanischen Botschaften in der Türkei. Anfang 2023 habe ich ein weiteres Master-Studium in Kritischen Diversity und Community Studies abgeschlossen. Meine preisgekrönte Masterarbeit, die bald publiziert wird, widmete sich der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung im Hochschulkontext. Ich habe an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, dem FEZ Berlin und der Charité Universitätsmedizin Diversity-Prozesse initiiert und begleitet. Als zertifizierte Coachin und Achtsamkeitstrainerin bringe ich eine holistische Sicht auf Inklusion und Empowerment mit. Nebenberuflich lehre ich an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, wo ich mein Wissen an Studierende der Sozialpädagogik weitergebe und wertvolle Praxisimpulse für meine Arbeit an der HTW Berlin erhalte.

Wie lässt sich eine inklusive und diverse Campus-Kultur fördern?

Eine inklusive und diverse Campus-Kultur zu erreichen, erfordert Mut und Weitsicht – das bedeutet, tiefgreifende strukturelle Veränderungen voranzutreiben. Es beginnt mit der Schaffung empowernder Safer Spaces und geht weiter über transparente und diversitätsgerechte Recruiting- und Förderprogramme. Verpflichtende Schulungen zu Diversity und Diskriminierungsschutz sind genauso essenziell wie die Gestaltung von Curricula, die die Vielfalt menschlicher Lebenswelten widerspiegeln und nicht in alten, kolonialen, eurozentrischen, heteronormativen, ableistischen oder klassistischen Denkmustern verhaftet sind. Es braucht diverse Stimmen in Führungspositionen, niedrigschwellige Beschwerdestrukturen und qualifizierte Beratungsangebote für Betroffene von Diskriminierung. Barrierefreiheit sollte dabei umfassend gedacht werden – von der physischen Zugänglichkeit bis hin zu inklusiven Lehrmethoden und Didaktiken. Diversitätspat*innen, digitale Ideenplattformen und anonymes Feedback können das Campus-Leben ebenso bereichern wie inklusive und transparente Kommunikation in gendergerechter Sprache und Mehrsprachigkeit. Spezifische Mentoring-Programme und Stipendien für marginalisierte Studierende könnten das i-Tüpfelchen einer umfassenden Diversity-Strategie sein.

Welche großen Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung Ihrer Antidiskriminierungsarbeit an der HTW Berlin?

Antidiskriminierungsarbeit ist oft ein Balanceakt, der durch strukturelle Hindernisse und Herausforderungen erschwert wird. Dazu zählen mangelnde Sensibilisierung, begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen sowie rechtliche Komplexität. Nicht zu vergessen: interne Widerstände, die oft unterschätzt werden. Diese Herausforderungen erfordern ein starkes Committment – besonders von der Hochschulleitung und den Führungskräften. An der HTW Berlin sehe ich erfreulicherweise ein hohes Maß an Engagement, das für mich ein vielversprechendes Fundament darstellt.

Wo sehen Sie die HTW Berlin in Bezug auf Antidiskriminierung in fünf Jahren?

Die Zukunft ist immer ein Stück weit ungewiss, besonders in einer sich ständig wandelnden politischen und gesellschaftlichen Landschaft. Doch trotz potenzieller Rückschläge durch gesellschaftliche Polarisierungen und den Rechtsruck hoffe ich, dass die HTW Berlin auch in fünf Jahren weiterhin eine Vorreiterin im Bereich Antidiskriminierung an Hochschulen sein wird. Ich stelle mir eine Hochschule vor, die ein machtkritisches Verständnis von Diversity breit verankert hat und Diskriminierungsschutz als zentrale Aufgabe begreift. Eine Hochschule, die eine gleichberechtigte Partizipation aller Mitglieder – insbesondere aus marginalisierten Gruppen – ermöglicht, ausreichende Ressourcen für Antidiskriminierungsarbeit bereitstellt, Personal mit hoher Diversity-Kompetenz beschäftigt und kontinuierlich ihre Maßnahmen evaluiert. Mein Wunsch ist es, dass die HTW Berlin patriarchale, heteronormative, ableistische und klassistische Normen in den Curricula identifiziert und abbaut, die Studierenden ebenso wie das Personal für Diskriminierung sensibilisiert, qualifizierte und spezialisierte Unterstützungssysteme wie z.B. Beratung und Empowerment für Mitarbeitende und Studierende mit Rassismus Erfahrungen bietet, Technologie für mehr Transparenz nutzt und sich noch stärker mit Communities vernetzt. 

Was motiviert Sie persönlich, sich im Bereich Antidiskriminierung zu engagieren?

Mein Engagement ist tief in eigenen und beobachteten Diskriminierungserfahrungen verwurzelt. Ein ausgeprägtes Mitgefühl und ein starkes Gerechtigkeitsbewusstsein treiben mich an, genauso wie der Wunsch, ein Arbeits- und Studienumfeld zu schaffen, in dem Menschen sich sicher, zugehörig und wertgeschätzt fühlen. Ich bin inspiriert von Vorbildern wie beispielsweise Bell Hooks, Gloria Anzaldúa, Sojourner Truth oder Audre Lorde, die sich unermüdlich für Gleichberechtigung und Menschenrechte eingesetzt haben, und sehe mein Engagement zugleich als Teil meiner eigenen Selbstverwirklichung. Denn was könnte erfüllender sein, als aktiv daran mitzuwirken, eine gerechtere und menschlichere Welt zu gestalten?

Meryem Yildiz am Schreibtisch
Büroregal, darüber an der Wand ein Plakat mit der Aufschrift “Alle sind gegen Rassismus” Meryem Yildiz lehnt an einem Fahnenmast, an dem eine Diversity-Fahne weht
Diversity-Fahnen auf dem Campus Treskowallee
Farbenfroher Schreibtisch mit bunten Papierblumen

© HTW Berlin, Team Kommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch

Berlin, 1. Oktober 2024