Pia Denker
Pia Denker
Wer schon einmal eine Klinik betreten hat, kennt das Problem: Wo befindet sich der Empfang, wie geht es zu der gewünschten Abteilung und gibt es eigentlich einen Fahrstuhl, den man nutzen könnte? „Das Gestalten von Leitsystemen in Krankenhäusern ist eine der herausforderndsten Disziplinen in der Signaletik überhaupt“, sagt Pia Denker, Kommunikationsdesignerin mit dem Schwerpunkt Informations-, Leit- und Orientierungssysteme. Die HTW-Absolventin hat 2020 im Verlag DOM Publishers ein Buch zu dem Thema veröffentlicht. Im Gespräch erzählt sie mehr von Schilderwäldern und der Schwierigkeit, diese zu lichten.
Warum sind Leitsysteme in Krankenhäusern eine besondere Herausforderung?
Pia Denker: Es ist vor allem die sensible Umgebung, die das Entwickeln von Orientierungssystemen in medizinischen Einrichtungen zu einer herausfordernden Disziplin macht. Die Gelände sind oft unübersichtlich, die Gebäudetrakte komplex strukturiert und über Jahre gewachsen. Die Inneneinrichtung ist auf Funktionalität ausgerichtet, überall liest man medizinische Fachbegriffe. Hinzukommen, dass hier viele Menschen mit individuellen physischen und kognitiven Fähigkeiten sowie unterschiedlichen Wegen und Zielen aufeinandertreffen. Aber auch die inneren Strukturen von Kliniken, ausgeprägte Hierarchien und lange Entscheidungsprozesse machen es nicht leicht, Leit- und Orientierungssysteme neu zu planen und zu etablieren.
Worauf kommt es bei einem Klinikleitsystem an?
Bei einem Klinikleitsystem sollten die Wege und Ziele der zu behandelnden Personen im Mittelpunkt stehen, aber auch die Bedürfnisse des Personals berücksichtigt werden. Das Leitsystem muss Menschen ohne Probleme von ihren Ausgangspunkten zu den Zielen und wieder zurück führen. Dafür ist eine eindeutige Informationsvermittlung nötig. Sie gelingt dann, wenn Informationselemente sowohl visuell erfasst und gelesen als auch richtig interpretiert werden. Dafür muss das Leitsystem nicht nur übersichtlich und leserlich gestaltet sein, sondern einer konsistenten Informationshierarchie folgen. Eine lückenlose Informationskette sowie eine logische Codierung und eine nachvollziehbare Nomenklatur sind substanziell. Raum-, Etagen- und Farbcodierungen, die keiner eindeutigen Logik folgen, sorgen für Verwirrung, komplizierte medizinische Fachausdrücke und Abkürzungen verursachen Missverständnisse.
Wie plant man ein solches Leitsystem?
Die Planung beginnt mit einer gründlichen Recherche und der Ausarbeitung der Aufgabenstellung in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber. Bevor das Leitsystem visuell gestaltet wird, müssen alle Vorgaben analysiert und ein Informationsprogramm erarbeitet werden. Es folgt die Verortung und Quantifizierung von Informationspunkten. Je nach Größe des Hauses, den architektonischen Gegebenheiten und der Anzahl von involvierten Personen und Interessensgruppen, variiert auch die Komplexität des Planungsprozesses. Zur Strukturierung haben sich die neun Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) bewährt.
Wie kam es zu Ihrem Interesse an dem Thema?
Ich kam mit dem Thema zum ersten Mal im Kommunikationsdesignstudium in Berührung. Damals begeisterte mich vor allem die Nutzungsorientiertheit dieser Disziplin und dass hier so viele verschiedene Aspekte des Designs aufeinandertreffen. Später war ich erstaunt, wie selten ausgerechnet in Gesundheitsgebäuden in gute und barrierearme Orientierung investiert wird. Dieser Problematik wollte ich auf den Grund gehen.
Für welches Haus würden Sie gerne tätig werden?
Der Nachholbedarf ist in vielen Kliniken groß. Da verspürt man oft mal das Bedürfnis aufzuräumen. Andererseits fände ich auch einen Krankenhaus-Neubau, der sich noch in der Planung befindet, sehr spannend. Die Wegeführung könnte man hier schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt mitplanen und Informationselemente im Zusammenspiel mit der Architektur denken.
Weiterführende Links
Die Fragen stellte Gisela Hüttinger
HTW Berlin, Transfer- und Projektkommunikation
Fotos: HTW Berlin/Alexander Rentsch
Berlin, 14. Dezember 2021