Das Studium ist ein Honigschlecken
Als ich bei den Bienenstöcken gleich hinter dem Urban Garden auf dem Campus Wilhelminenhof ankomme, steckt Linda gerade im Imkerhemd und schaut nach dem Wohlergehen der Bienen. Der Smoker sorgt dafür, dass die Bienen ruhig bleiben, auch wenn ihre Behausung auf den Kopf gestellt wird. Linda entdeckt eine Wespe, die begonnen hat, sich im Bienenhaus ihr Nest zu bauen. Das Nest wird entfernt, die Wespe fliegt davon. Alles ist im Lot.
„Bienenwirtschaft“ ist beliebt
Insgesamt 15 Studentinnen und Studenten besuchen in diesem Semester den Kurs „Bienenwirtschaft im Urban Gardening“ an der HTW Berlin und erlernen das Imkerhandwerk. Der Ansturm war groß, bewerben musste man sich mit einem Motivationsschreiben. Die Truppe ist bunt gemischt: Linda zum Beispiel studiert Game Design, Kilian Mikrosystemtechnik, Andi Wirtschaftsinformatik, Julia und Jakob Kommunikationsdesign. „Wachhund“ Salithi macht auch ohne Leistungspunkte mit. Einige Studenten sind bereits seit dem vorigen Semester dabei und haben sich, während die Bienen Winterruhe hielten, mit den theoretischen Grundlagen der Bienenzüchtung vertraut gemacht. Nun ist der Frühling da: Zeit für die Bienen, sich ihre Nahrung von den Weiden und Kastanien in der Nachbarschaft zu holen. Besonders hartgesottene Exemplare verschlägt es bis in die Wuhlheide.
Klimawandel und Monokulturen
Dass in diesem Jahr so früh sommerliche Temperaturen herrschten, stellt die Bienen vor Herausforderungen. „Alles blüht auf einmal. Dadurch wird es für die Bienen schwierig, auch später noch Futter zu finden – vor allem, weil sie im Moment noch sehr klein sind und den Nektar und die Pollen dringender bräuchten, wenn sie etwas größer sind“, erzählt mir Kilian. Deshalb soll bald auch die „Bienenweide“ ausgestreut werden – eine Blütenmischung, von der die Bienen fast das ganze Jahr über etwas haben. Im Frühling liefert beispielsweise der Löwenzahn Nektar und Pollen, im Sommer Thymian und Salbei, im Herbst Kornblumen. „In der Stadt haben es die Bienen im Grunde besser als auf dem Land. Hier haben sie viel mehr Abwechslung, denn die Landwirtschaft setzt größtenteils auf Monokulturen“, sagt Linda. Zwar blüht gerade vielerorts in Brandenburg der Raps. Der wird aber spätestens im Juli geerntet, danach liegen die Felder brach. Getreide und Mais, bei Brandenburger Landwirten ebenfalls sehr beliebt, werden später geerntet, bieten den Bienen aber keine Nahrung, weil sie nicht blühen.
Carnica und Buckfast einträchtig nebeneinander
Wenn man dem Internet Glauben schenken mag, tobt in Deutschland – etwas überspitzt formuliert – ein „Krieg der Bienenglaubensrichtungen“. In den einschlägigen Foren wird leidenschaftlich darüber diskutiert, welche Bienen am pflegeleichtesten sind und den meisten Ertrag bringen. Auf dem Campus Wilhelminenhof leben dagegen zwei Bienenarten einträchtig nebeneinander: die aus den Alpen stammende Kärntner Biene (Carnica) und die ursprünglich in England beheimatete Buckfast. Beide Rassen sind an der HTW Berlin mit jeweils zwei Völkern vertreten und gelten als sanftmütig. Unterscheiden tun sie sich hinsichtlich ihres Schwarmtriebes: Während die Carnica-Bienen bestrebt sind, ihre Staaten zu teilen und sich dadurch zu vermehren, sind die Buckfast-Bienen eher schwarmträge. Dafür sind die „Buckis“ etwas robuster, was die Überwinterung angeht.