Das Beste kommt zum Schluss: Wenn aus Theorie Praxis wird
Im Studiengang Informations- und Kommunikationstechnik arbeiten Studierende selbstständig an industrietypischen Aufgaben – zum Beispiel an Wetterballons oder Totwinkelwarngeräten.
Generalprobe für den Berufseinstieg
Die Spree, im Hintergrund ein altes Industriegebäude: Als das Foto auf der Webanwendung erscheint, geht ein Raunen durch den Seminarraum. Ein Lächeln huscht über die Gesichter von Martin, Philipp, Steven und Tanzou. Die vier Studenten präsentieren ihren Kommiliton_innen gerade die Technik eines Wetterballons, die sie im Rahmen eines Studienprojekts entwickelt haben. Später soll der Ballon Wetterdaten und Fotos aus der Stratosphäre senden und nicht nur aus dem geöffneten Fenster des Seminarraums, aus dem Tanzou die Messgeräte gerade für die Live-Präsentation hält. „In diesem letzten Kurs im Studium geht es darum, ein komplexes Projekt eigenständig zu planen und strukturiert in einem engen Zeitfenster zu bearbeiten. Das bereitet sehr gut auf den Berufseinstieg vor“, erklärt Prof. Dr. Hans-Rainer Langner, der den Kurs betreut.
Auf dem Weg in die Stratosphäre
6 Meilensteine, 75 Arbeitspakete und 82 Anforderungen haben Martin, Philipp, Steven und Tanzou im Rahmen der Projektplanung definiert. Schnell stand fest, dass die Sonde des Ballons Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck erfassen sollte. „Außerdem wollten wir eine Kamera einbauen, da in der Stratosphäre, also in bis zu 50 km Höhe, beeindruckende Aufnahmen gemacht werden können“, fügt Martin hinzu. Die nächste Herausforderung bestand darin, die Sonde und ihr Gehäuse, die Funkübertragung und die Bodenstation zu konstruieren. Dazu mussten die vier Hardware bestellen, die Messgeräte und Antennen auf Platinen anbringen und die Software für die Decodierung der Daten programmieren. Doch die ersten Feldversuche in Schöneweide waren ernüchternd. Die Stadt und speziell die Oberleitungen der Straßenbahnen störten die Signalübermittlung. „Für die nächsten Tests sind wir daher zur Havel gefahren und haben die Funkübertragung über das Wasser getestet“, erzählt Tanzou. Hier empfing die Bodenstation nun endlich fast vollständige Datensätze. „Das Schöne an diesem Projekt ist, dass man alles, was man in fünf Jahren Studium gelernt hat, anwenden kann und sieht, dass es funktioniert“, sagt Martin begeistert.
Mehr Sicherheit für Fahrradfahrer und E-Biker
Neben dem Projekt der vier Jungs präsentieren an diesem Tag Catharina und Raphael ein Totwinkelwarngerät, mit dem sie den Straßenverkehr für Radfahrer und E-Biker sicherer machen möchten. „Wir wollten eine Lösung entwickeln, die zuverlässig vor Personen im toten Winkel warnt“, erzählt Catharina. Denn im Gegensatz zu zusätzlichen Spiegeln oder Sensoren, die an einzelnen Fahrzeugen angebracht werden können, macht das Totwinkelwarngerät alle Verkehrsteilnehmer über ein Warnlicht an den Ampelanlagen auf die gefährliche Situation aufmerksam. An einem kleinen Modell zeigen sie, wie der Infrarot-Sensor die Verkehrssituation darauf überprüft, ob gleichzeitig ein Radfahrer und ein Autofahrer auf der Straße sind. Ist das der Fall, aktiviert der Sensor eine kleine weiße LED an der Modellampel.
Nicht nur für die Schublade
Mit der Präsentation ihrer Ergebnisse im Seminar haben die Studierenden ihre Leistungspunkte in der Tasche. Doch die Projekte sollen jetzt nicht einfach in einer Schublade verschwinden. Das Wetterballon-Team möchte seine Technik zum Beispiel tatsächlich in die Stratosphäre aufsteigen lassen. Dazu klären sie gerade noch die Finanzierung. Schon jetzt sind sie gespannt auf den Moment, wenn das erste Foto aus der Stratosphäre auf dem Bildschirm erscheint.