Mehr als ein Sprachkurs
„Nicht aufgeben, dann wird alles gut“, ist einer der Ratschläge, die Muhannad Meda seinen Zuhörer_innen gibt. „Ihr werdet auf jeden Fall auf Schwierigkeiten stoßen, aber es ist alles zu schaffen.“ Der 23-Jährige hält einen Kurzvortrag mit Informationen zum Studium und verrät seine persönlichen Einstiegs-Tipps. Muhannad ist einer der ehemaligen Teilnehmenden des Programms HTW-Integra, das Geflüchteten hilft, sich auf ein Studium an der HTW Berlin vorzubereiten. Bei der Semesterabschluss-Veranstaltung gibt es Urkunden für 22 Absolvent_innen der verschiedenen Sprach- und Vorbereitungskurse, die eine erfolgreiche Teilnahme bescheinigen. Zudem geben einige Geflüchtete wie Muhannad, die bereits Integra-Kurse absolviert haben und nun studieren, ihr Wissen in Kurzvorträgen an die frischgebackenen Absolvent_innen weiter.
Muhannad kommt aus Syrien und hatte in Damaskus bereits drei Jahre Betriebswirtschaftslehre studiert. Noch ein weiteres Jahr hätte er bis zum Abschluss gebraucht. Im September 2016 flüchtete er nach Deutschland und belegte erst einmal mehrere Deutschkurse in Berlin. Dann stieß er auf das Programm von HTW-Integra und bewarb sich für das Fachpropädeutikum für Ingenieurwesen und Informatik mit Sprachkurs auf B2-Niveau.
„Das Bewerbungsverfahren für HTW-Integra ist mehrstufig, denn die Zahl der Interessent_innen ist hoch“, sagt Projektkoordinatorin Maria Anne Schmidt. Zugelassen werden nur Bewerber_innen, die bereits eine Hochschulzugangsberechtigung haben und sich explizit für einen Studiengang interessieren, der an der HTW Berlin gelehrt wird. „Wir bereiten mit unserem Programm fachsprachlich vor und bieten auch eine Auffrischung in Studienfächern, die für die angestrebten Studiengänge relevant sind“, erläutert Maria Schmidt. So gehören Mathe, Physik, Informatik und Projektmanagement zu den Unterrichtsinhalten. Seit Beginn des Programms im Sommersemester 2016 haben etwa 160 Personen HTW-Integra erfolgreich absolviert. 35 von ihnen studieren mittlerweile an der HTW Berlin oder einer anderen universitären Einrichtung; zum Wintersemester werden voraussichtlich weitere 15 Personen hinzukommen.
Unter ihnen Antonnia aus Aleppo, Syrien. Sie hat eine Zulassung für den Master-Studiengang Arbeits- und Personalmanagement erhalten. Die Palästinenserin Shuruk startet im Bachelor-Studiengang Elektrotechnik. Mit Studienbeginn gehen die Geflüchteten als internationale Studierende in die Betreuung von Gernot Welschhoff über, der bei der Integra-Abschlussveranstaltung bereits die Angebote des International Office vorstellt: „Wir begleiten die Studierenden und freuen uns, auch etwas von ihnen lernen zu können.“
Muhannad studiert mittlerweile Informations- und Kommunikationstechnik; im Herbst beginnt sein zweites Semester. Wenn man ihm und den anderen Redner_innen der Abschlussveranstaltung zuhört, wird klar: Das Programm bietet den Geflüchteten umfangreiche Hilfe und Unterstützung, verlangt aber im Gegenzug auch, dass sie viel selbstständig leisten. „Für Studierende in Deutschland ist Selbstmanagement wichtig, darauf bereiten wir die Teilnehmenden vor“, so Maria Schmidt. Das arabische Universitätssystem unterscheide sich davon. Selbstständiges Lernen kann allerdings auch Spaß machen, wie Muhannad beweist. Auf die Frage, wie er es geschafft hat, dass sein Deutsch fast gänzlich fehlerlos ist, erklärt er: „Mit deutschen Serien und Filmen! Ich habe zum Beispiel sechsmal die Fernsehserie ‚Türkisch für Anfänger‘ geguckt, die Sätze auswendig gelernt und dann versucht, sie im Alltag zu verwenden.“