Ein Sieb für Arzneistoffe

Hans Hennig von Horsten im Labor

Prof. Dr. Hans Henning von Horsten hat ein neues Verfahren entwickelt, um Wirkstoffe, die in Arzneimitteln zum Einsatz kommen, aus größeren Mengen Flüssigkeit herauszufiltern. Für seine Entwicklung wurde ihm nun in mehreren europäischen Ländern das Patent erteilt. Das Molekül, auf das Hans Henning von Horsten auf seinem Computerbildschirm deutet, hat die Form eines Ypsilons und sieht vor allem groß aus. Daneben hat er zum Vergleich einige andere Moleküle wie das Hormon Insulin angeordnet — alles Wirkstoffe, die in Medikamenten zum Einsatz kommen, die aber allesamt um ein mehrfaches kleiner sind als das Molekül, um das es von Horsten geht. Der y-förmige Wirkstoff wird in zahlreichen Arzneimitteln eingesetzt: Er gilt als eine der vielversprechendsten Waffen gegen verschiedene Arten von Krebs und soll zudem unter anderem Patient_innen mit rheumatoider Arthtitis oder Multipler Sklerose helfen.

Den Wirkstoff schonend produzieren

Dieses verheißungsvolle Mittel ist der monoklonale Antikörper — ein im Labor hergestellter Abwehrstoff, der genau zu dem Erreger oder Zelltyp passt, den es zu bekämpfen gilt. Mit seinem neuen, nun patentierten Verfahren isoliert Hans Henning von Horsten, Professor im Studiengang "Life Science Engineering", Antikörper auf eine besonders effektive, kostengünstige und für den Wirkstoff schonende Weise. Die Herstellung des Moleküls ist nicht einfach: „Aufgrund seiner Größe ist der monoklonale Antikörper nicht chemisch herstellbar, sondern muss in komplexeren Säugetierzellen produziert werden“, sagt von Horsten.

Die Zellen befinden sich bei der Produktion in einem großen Tank, einem Bioreaktor. Sie schwimmen darin in einem Medium, das sie mit Nährstoffen versorgt. In diese Flüssigkeit geben die Zellen auch die produzierten Antikörper ab. Das Medium enthält darüber hinaus noch viele weitere Bestandteile wie tote Zellen und andere Stoffe. „Aus dieser Flüssigkeit mit all ihren Bestandteilen muss man die Antikörper in mehreren Schritten herausfiltern“, so von Horsten.

Die Spreu vom Weizen trennen

Dieser Prozess sollte so wenige Schritte wie möglich, aber so viele wie nötig beinhalten. „Denn es geht immer auch etwas von dem Material, das man eigentlich behalten will, verloren“, erklärt von Horsten. „Am wichtigsten ist der erste Schritt, da dieser das Volumen der Flüssigkeit stark reduzieren muss.“ Genau an dieser Stelle setzt sein Patent an. Der Wissenschaftler hat verschiedene Ansätze und Prozesse kombiniert, um die biologische Spreu vom Wirkstoff-Weizen in diesem ersten Verfahrensschritt optimal zu trennen. Ein Siebverfahren, die Affinitäts-Chromatografie, soll die Flüssigkeit mitsamt ihrem nicht benötigten Inhalt fortschwemmen, sodass hauptsächlich der Wirkstoff zurückbleibt. Der Antikörper wird nicht mit weggespült, da er an einer Art „Klebefläche“ hängen bleibt, die speziell auf ihn zugeschnitten ist.

Bevor von Horsten an die HTW Berlin wechselte, hat er sieben Jahre lang selbst in Pharma-Unternehmen gearbeitet und auch bereits Erfahrung mit Patenten gesammelt. Sein neuestes, in Deutschland, Frankreich und Großbritannien patentiertes Verfahren bringt viele Vorteile mit sich: Es ist schonender, wodurch auch die Ausbeute höher ist, es birgt weniger Risiken für den Menschen und die Kosten sind insgesamt geringer. „Momentan sind wir dabei, den Prozess weiterhin zu prüfen und zu validieren. Eine ähnliche Zuckerstruktur liegt zum Beispiel bei Viren vor, daher lässt sich das Verfahren auch für zusätzliche Anwendungsbereiche erschließen.“ 

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