"Wachstumsimpulse, aber auch Risiken"

Das Handelsblatt hat über Simulationsrechnungen zu den gesamtwirtschaftlichen Folgen des geplanten Investitionsprogramms berichtet, das in den Sondierungsgesprächen von CDU/CSU und SPD vereinbart wurde. Die Berechnungen stammen von Prof. Dr. Ferdinand Fichtner und Dr. Claus Michelsen. Prof. Dr. Fichtner ist seit 2018 Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomie und Wirtschaftspolitik an der HTW Berlin. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf Konjunkturanalysen und -prognosen, makroökonomischer Wirtschaftspolitik und europäischer Integration. Im Interview erläutert er die Ergebnisse seiner Studie.

Was würde das von der neuen Bundesregierung geplante Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro volkswirtschaftlich bedeuten?

Prof. Dr. Ferdinand Fichtner: Unser Modell zeigt, dass ein solches Programm spürbare Wachstumsimpulse setzen könnte. Über einen Zeitraum von zehn Jahren könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) insgesamt um knapp 900 Milliarden Euro höher ausfallen als ohne das Programm. Die staatlichen Investitionen wirken also nicht nur direkt, sondern ziehen auch private Ausgaben in großem Umfang nach sich.

Wie stark profitiert die Wirtschaft kurzfristig?

Das hängt stark vom Tempo ab, mit dem die Politik das Geld auf die Straße bringt. Wenn die Mittel schrittweise von vier Milliarden Euro im Jahr 2026 auf knapp 100 Milliarden Euro im Jahr 2035 ansteigen, dürfte das Wachstum in den nächsten Jahren um ein bis zwei Zehntelprozentpunkte höher liegen als ohne das Programm. Wird das Geld schneller ausgegeben – wir nennen das Szenario „Deutschlandtempo“ – könnte die Wachstumsrate kurzfristig um bis zu anderthalb Prozentpunkte steigen. Dann müsste die Politik aber richtig Druck machen!

Die Wirtschaft könnte eine solche Konjunkturspritze gut gebrauchen. Gibt es auch Schattenseiten?

Ja, die gibt es. Ein schneller Ausgabeschub könnte die Inflation in der Spitze um bis zu 0,7 Prozentpunkte erhöhen und die langfristigen Zinsen um 0,8 Prozentpunkte steigen lassen. Das wäre gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage politisch heikel. Daher ist ein schrittweiser Anstieg der Investitionen wahrscheinlich nicht nur realistischer, sondern auch wirtschaftspolitisch klüger.

Kommt es also vor allem auf das richtige Tempo an?

Nicht nur — entscheidend ist auch, wofür das Geld ausgegeben wird. Wenn die Bundesregierung mit dem Sondervermögen einfach ohnehin geplante Investitionen finanziert und die entstehenden Spielräume im Haushalt nutzt, um etwa Renten zu erhöhen oder Steuergeschenke zu verteilen, dann bleibt der langfristige Wachstumseffekt begrenzt. Das Programm kann nur dann einen nachhaltigen Beitrag leisten, wenn wirklich zusätzliche, produktivitätssteigernde Investitionen getätigt werden.