Lisa Marie Asubonteng
„Holy Women“ hat Lisa Marie Asubonteng die Frauen getauft, die sie fotografisch porträtiert hat: 22 Ghanaerinnen im Alter von 11 bis 56 Jahren, die ein Schicksal eint: Sie wurden vergewaltigt. Der „Tag gegen Gewalt an Frauen“ am 25. November war der passende Anlass, mit der Absolventin des Studiengangs Kommunikationsdesign zu sprechen.
Was ist die Idee hinter dem Fotoprojekt „The Holy Women“?
Es ist tatsächlich keine Idee gewesen, sondern eine Sache, die auf mich zugestoßen ist. Ich muss kurz ausholen. Meine Oma ist im vergangenen Jahr gestorben. Daraufhin bin ich nach Ghana geflogen. An einem Tag haben wir Frauen zusammengesessen und ganz allgemein über das Leben gesprochen. In diesem Kreis kam die Geschichte meiner Cousine auf. Sie wurde vergewaltigt. Leider keine Seltenheit in Ghana. Da wusste ich, dass es mein Thema ist und angesprochen werden muss.
Was war Ihnen bei den Porträts wichtig?
Mir war wichtig, sie so zu zeigen, wie sie sich selbst zeigen wollen. Wenn man an Spendenaufrufe bei Hilfsorganisationen denkt, werden Menschen häufig als bemitleidenswerte Opfer dargestellt. Die Frage, ob es für diese Menschen in Ordnung ist, so porträtiert zu werden, wird nicht gestellt. Als Fotograf*in sollte man deshalb seinen Blick hinterfragen.
Ghana ist ein „heiliges“ Land, die Religion genießt dort einen sehr hohen Stellenwert. Sobald einem etwas „Unheiliges“, wie etwa eine Vergewaltigung zugestoßen ist, gilt man in Ghana als unrein. Ich wollte deshalb mit meinen Bildern auch die Gesellschaft und Politiker*innen wachrütteln, für das Thema sensibilisieren und herausstellen, dass diese Frauen trotz dieser schmerzvollen Erfahrung stark sind und ihren Stolz bewahrt haben. Den Begriff „Survivor“ finde ich passend, da er etwas sehr Empowerndes hat.
Ihre Botschaft am Tag gegen Gewalt an Frauen?
Ich würde mich nicht in die Position stellen wollen, dass ich eine Botschaft habe. Aber ich würde mich als Frau hinstellen, auch für mich selbst, und sagen: Verliere deinen Wert nicht, egal was passiert, und sei stolz auf dich. Ich mag das Sprichwort meines Papas: „Auf eins folgt zwei.“ Das heißt, es wird immer Hürden im Leben geben.
Was genau macht Fotografie für Sie aus?
Ich liebe das Sehen und das Spiel von Licht und Farbe. Einen Moment, den du auffangen und erinnern kannst, das ist etwas sehr Besonderes. Leider knipst man heutzutage viel zu oft Bilder einfach ab und geht weiter. Deshalb ist es für mich wichtig, Bilder nicht zu sehen, sondern Bilder zu fühlen.
Das schönste Erlebnis an der HTW Berlin?
Ich glaube der Studienabschluss. Ich hatte viele schöne, aber auch schwierige Momente. Im dritten Semester war ich mal fast so weit abzubrechen. Ich habe auch diskriminierende Situationen erlebt. Häufig merken Menschen gar nicht, dass sie dich mit Worten verletzen, die sie vielleicht gar nicht so meinen. Ich bin aber auch sehr dankbar, wie alles für mich gelaufen ist, insbesondere meinen Professor*innen.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Ich möchte auf jeden Fall einen Master im Bereich Fotografie anschließen. Erstmal bin ich aber freiberuflich unterwegs. Meine Projekte möchte ich weiterverfolgen und neue anstoßen. Ansonsten möchte ich weiterhin mit meiner Fotografie Spaß haben. Mal sehen, wo es mich hinbringt. Gerade bin ich sehr glücklich und dankbar, wie alles für mich gelaufen ist.