Gemeinsam lehren und lernen

Claudia Baldauf

Prof. Dr. rer. nat. Claudia Baldauf unterrichtet Bioanalytik im Studiengang "Life Science Engineering" und wurde dafür im Sommersemester 2021 mit dem Preis für gute Lehre ausgezeichnet. Studierende dieses Masterstudiengangs lernen, wie moderne Produkte und Produktionsprozesse der Pharma- und Biotech-Industrie entwickelt, realisiert und simuliert werden. Die auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrten Absolvent*innen sind beispielsweise an der Entwicklung von Impfstoffen oder neuen Medikamenten beteiligt. Wie elementar wichtig die Life Science Branche für unsere Gesellschaft ist, hat uns die Corona-Pandemie einmal mehr vor Augen geführt.

Ausdauertraining für den Kopf

Dennoch entscheiden sich nur wenige für ein solches Studium. Baldauf findet: „Lernen ist ein stückweit wie Sport. Eine anstrengende, Ausdauer verlangende Tätigkeit, bei der man manchmal bis an seine Grenzen gehen muss um, weiterzukommen.“ Dies gilt umso mehr für MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, wo große Mengen Grundlagen- und Fachwissen die Basis eines erfolgreichen Studiums bilden. Doch nimmt man die Anstrengung in Kauf, wird man durch eine sinnstiftende Arbeit belohnt.

Feedback ohne (Prüfungs-)Druck?

Die Professorin selbst hat ein klassisches Chemiestudium an der Universität absolviert. Aber permanenter Prüfungsdruck und der Zwang sich große Stoffmengen anzueignen, überlagerten die positiven Aspekte des Studiums, wie beispielsweise die Experimente. Deshalb empfindet Baldauf die kleineren Studiengänge der HTW Berlin als Privileg: „Die Arbeit mit kleineren Gruppen ist geprägt durch Interaktion und Dialog. Auf diese Weise ist Feedback auch anders als in Prüfungsform möglich!“ Nicht zuletzt deshalb ist sie als Lehrperson jederzeit, sogar außerhalb der Sprechstunden, für ihre Studierenden ansprechbar.

Aktivierung als Herausforderung

„So ganz ohne Druck geht es dann aber auch nicht“, gibt Baldauf schmunzelnd zu. Dabei musste sich die Professorin an die Vorgehensweise erst herantasten, denn didaktische Methoden gehörten nicht zu ihrer Ausbildung. Also versuchte sie zunächst auf ihre Erfahrungen mit Inhouse-Seminaren während ihrer Arbeit in der Industrie zurückzugreifen: „Als ich die Methoden auf die Studierenden übertragen habe, hat das erst mal ganz schlecht funktioniert“, erzählt Baldauf. Doch mit der Zeit, hat die Professorin den richtigen Methodenmix für ihre Zielgruppe gefunden.

Mix and Match

Ausgangspunkt für die Vermittlung der großen Menge an Fachwissen in der Veranstaltung Bioanalytik sind Vorlesungsvideos, die gemeinsam mit dem Foliensatz das ganze Semester über zur Verfügung stehen. Dazu gibt es wöchentliche, kurze eTests, die hauptsächlich als Feedbackinstrument genutzt werden und nicht in die Modulnote eingehen. „Wenn ein Großteil der Studierenden eine bestimmte Frage falsch beantwortet, ist das für mich ein Hinweis darauf, dass ich mein Vorlesungsvideo inhaltlich noch mal anpassen und genau diesen Aspekt besser ausarbeiten muss“, erklärt Baldauf. Gleichzeitig nutzt sie die Ergebnisse als Agenda für das wöchentliche Zoom-Meeting, um dort mithilfe von aktuellen Fallbeispielen genau die Inhalte noch mal zu vertiefen, die von den meisten Studierenden bis dahin nicht ausreichend verstanden wurden.

Studierende werden zu Expert*innen

Besonders stolz ist Prof. Baldauf auf das Blended Learning Element ihrer Veranstaltung, das seit über sechs Jahren genutzt und immer weiter optimiert wird: Jede*r Studierende erarbeitet zu einem aktuellen und praxisnahen Fallbeispiel, passend zum Vorlesungsthema, eine zehnminütige Präsentation, die in Form eines Videos in ein Moodle-Forum eingestellt wird. Die anderen Kursteilnehmer*innen stellen jeweils mindestens eine inhaltliche Frage unter dem jeweiligen Forumsbeitrag. „Der oder die Vortragende muss eine Woche lang mindestens einmal täglich auf die Fragen im Forum antworten. Es ist toll zu sehen, wie viel Eifer die Studierenden in dieser Expert*innenrolle entwickeln. Häufig nutzen sie sogar noch zusätzliche Quellen, um Fragen zu klären“, schwärmt Baldauf.

Mittendrin statt nur dabei

Durch diese aktive Beteiligung der Studierenden an der Wissensvermittlung erreicht die Professorin eine Abkehr von der rein konsumorientierten Teilnahme an der Lehrveranstaltung. Jede*r einzelne ist für den Lernerfolg der Gruppe mitverantwortlich und dadurch motivierter und engagierter. Damit das gut funktioniert, braucht es aber sehr klare Regeln und Absprachen, die u.a. in Form von detaillierten Anleitungen zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere für die Online-Präsentationen gibt es zudem intensives Coaching. Noch bevor die Videos erstellt werden, geht Baldauf die Folien mit den Studierenden einzeln durch und stellt so die inhaltliche Richtigkeit und das notwendige Fachniveau der vermittelten Inhalte sicher. Am Ende des Semesters zahlt sich fleißiges Lernen auch in der Abschlussklausur aus.

Hoffen auf Präsenz

Ein besonderes Highlight der Veranstaltung wurde in den letzten zwei Jahren leider durch die Pandemie verhindert. Dank der zahlreichen Kontakte von Prof. Baldauf in die Industrie gab es vor Corona jeweils eine gemeinsame Exkursion des Masterkurses in verschiedene Firmen. Hochrangige Mitarbeiter*innen führten die Gruppe durch das Unternehmen und zeigten Bereiche, die für die Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich sind. „Ich hoffe sehr, dass Corona bald überstanden und mehr Präsenz möglich ist, damit wir diesen besonderen Ausflug wieder anbieten können“, sagt Baldauf. „Denn es gab immer Studierende, die dann ihre Abschlussarbeit in einem der Unternehmen geschrieben haben oder später beruflich dort eingestiegen sind.“ Und eine solche Chance ist schwer zu digitalisieren.

Beratung für Lehrende

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