Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit: gutes Ergebnis für HTW Berlin

Bekommen Männer und Frauen an der HTW Berlin gleich viel Geld für gleichwertige Arbeit? Die Hochschulleitung und die zentrale Frauenbeauftragte wollten es genau wissen. Den Anfang machte die Prüfung der Bezahlung der Professor_innen, genauer gesagt: die Prüfung ihrer Leistungs- und Berufungsbezüge. Beide gibt es zusätzlich zum Grundgehalt, das im Rahmen der sog. W-Besoldung festgelegt ist, allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hoch ausfällt. Jetzt liegen Ergebnisse der Untersuchung vor, zu der wir den HTW-Präsidenten Prof. Dr. Klaus Semlinger und die Frauenbeauftragte Dr. Sünne Andresen befragten.

Mit welchen Methoden kann man überhaupt herausfinden, ob Professor_innen an einer Hochschule gleich viel Geld für gleichwertige Arbeit bekommen?

Dr. Sünne Andresen: Das ist möglich mit Hilfe von eg.check.de. So heißt ein anerkanntes und recht komplexes Prüfinstrumentarium, das 2010 von zwei Wissenschaftlerinnen entwickelt wurde und von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt wird. Dieses Verfahren beinhaltet drei Prüfschritte: Zuallererst wurde statistisch ausgewertet, wie die hochschulweite Verteilung der Bezüge in geschlechtsspezifischer Hinsicht aussieht. Dann wurden die Regeln, nach welchen die HTW Berlin Leistungs- und Berufungszulagen vergibt, auf Diskriminierungspotentiale hin untersucht, also: sind diese Regeln einheitlich, sind sie transparent etc. Zu guter Letzt wurden vier sogenannte Paarvergleiche angestellt, um herauszufinden, ob und wie diese Regeln im Einzelfall in der Praxis funktionieren. An der HTW Berlin kam dann noch ein weiterer Schritt dazu: Eine statistische Untersuchung der Leistungs- und Berufungszulagen für 153 Professorinnen im Zeitraum von 2006 bis 2015.

Zu welchem konkreten Ergebnis kam die Steuerungsgruppe?

Prof. Dr. Klaus Semlinger: In den Leistungsbezügerichtlinien der HTW Berlin steckt keinerlei Potenzial für eine Geschlechterdiskriminierung. Wir haben also solide Spielregeln aufgestellt, wenn wir besondere Leistungen von Professor_innen in den Bereichen Forschung, Lehre, Nachwuchsförderung und Weiterbildung finanziell würdigen möchten. Das ist gut.

Anders verhält es sich bei den Bezügen, die bei der Berufung individuell ausgehandelt werden können. Die variieren naturgemäß, je nachdem, wie dringend die HTW Berlin eine Professur besetzen muss, wie viele Wissenschaftler_innen sich beworben haben, wie gefragt die jeweiligen Kompetenzen „auf dem Markt“ sind. In diesem Bereich hat eg.check.de tatsächlich eine nicht erklärbare Lohnlücke aufgetan. Demnach erhalten Professorinnen durchschnittlich 43,- Euro pro Monat weniger als ihre männlichen Kollegen. Strukturelle und arbeitsmarktrelevante Unterschiede, die zu Unterschieden führen können, wurden dabei bereits berücksichtigt. Fachleute sprechen von einem „bereinigten Gender Pay Gap“.

Wie bewerten Sie das Ergebnis? Vermutlich unterscheiden sich Ihre Einschätzungen?

Dr. Andresen: Ich bin einerseits zufrieden, weil die Hochschule ein gutes Zeugnis für ihren Status Quo bekommen hat. Die Erkenntnisse können wir für die Überarbeitung der Leistungsbezügerichtlinien nutzen, die ja schon seit Längerem ansteht. Andererseits müssen wir aber einen genauen Blick auf die zu Tage getretene Lücke bei den Berufungszulagen werfen, die sich übrigens auch von Fachbereich zu Fachbereich unterscheidet. Die dürfte es nicht geben und wir müssen überlegen, wie wir objektivierbare Kriterien entwickeln und vorgeben können, die eine geschlechtsspezifische Diskriminierung in Berufungsverhandlungen verhindern.

Prof. Dr. Semlinger: Ja, die Erkenntnisse geben Hinweise darauf, was wir bei der geforderten Neufassung unserer Leistungsbezügerichtlinien bewahren sollten. Ich hoffe sehr, dass dem auch die Senatskanzlei folgt, die die neue Fassung ja genehmigen muss. Was die Zulagen bei Berufungen anbelangt: eg.check.de hat uns sensibilisiert für das Problem. Aber ich warne davor, eine Kriterienliste aufzustellen und diese schematisch anzuwenden. Denn es handelt sich immer um Einzelfälle. Die Wissenschaftler_innen, die wir berufen, stammen aus völlig verschiedenen Branchen und wir haben bei Berufungsverfahren nicht immer die Möglichkeit auf gleichgeeignete Alternativen auszuweichen. Und all dies unterliegt dann auch noch einer großen Dynamik. Das lässt sich meines Erachtens nicht in Form eines Entscheidungskatalogs festschreiben.

Derzeit prüft eine zweite Steuerungsgruppe die Bezahlung der Tarifbeschäftigten. Bis wann werden Ergebnisse vorliegen?

Dr. Andresen: Wir sind schon recht weit und ich gehe davon aus, dass wir die Ergebnisse in diesem Jahr kommunizieren.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse des „Teilprojekts 1: W2-Professuren“ sowie der Endbericht und die ausführliche statistische Auswertung des Entgeltprüfverfahrens eg-check.de stehen als im Wiki zur Verfügung.