Audiotranskription

Marcel Dux: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von „HTW-Online-Campus“, dem Podcastformat mit Einblicken und Praxisgesprächen rund um die Lehre und Organisation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Heute ist Andreas Kaiser bei mir zu Gast. Andreas hatte die Möglichkeit im Sommersemester bereits einige Erfahrungen bei der Vermittlung mathematischer Grundlagen für die Ingenieurswissenschaften zu sammeln. Erfahren Sie, wie die Konzepte für Online-Gruppenarbeiten, die Möglichkeiten von Moodle auf Basis des sogenannten Stacks Plugins und die einzelnen Hürden und Herausforderungen, wie man Studierende in Onlineumgebungen zur aktiveren Mitarbeit auch motivieren oder animieren kann, von ihm gelöst wurden. Ich freue mich auf das Gespräch und möchte, auch im Namen der gesamten Kollegen des digitalen Lehren- und Lernen-Teams, noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns auf die Begleitung von Ihnen und Ihren Lehreinsatzszenarien im Wintersemester freuen. Genug darüber geredet, ich freue mich, dass wir starten können und wünsche Ihnen gute Unterhaltung und einige gute Anregungen für Ihr Wintersemester 202/21.

Herzlich willkommen zu unserer weiteren Folge von „HTW-Online-Campus“. Ich habe heute die Möglichkeit mit Andreas Zeiser zu sprechen. Andreas ist im Fachbereich 1 einer der Spezialisten, die sich im Bereich Mathematik, auch in diesem Semester wieder, mit dem Thema der Vermittlung von Grundlagen und weiterführendem Wissen im Bereich Mathematik beschäftigt und in dem Zusammenhang bin ich neugierig zu erfahren, grundsätzlich erstmal, Andreas, wie es denn bei dir jetzt die Umstellung auf die Onlinelehre geglückt und was sind denn jetzt so deine Schlussfolgerungen? Was hat funktioniert und wo würdest du gerne nochmal ein bisschen nachjustieren?

Andreas Zeiser: Ja, Hallo Marcel. Also eigentlich hat dieses Semester erstaunlicherweise gut funktioniert. Ich hatte am Anfang so ein bisschen bedenken, wie stark man sich auf die Technik verlassen kann, so vor allem jetzt, wie sieht es aus mit den Video-Konferenzen, sind die stabil oder muss man vielleicht sogar alles sozusagen am Ende über Bücher abwickeln. Wie stabil sind die Moodle-Sachen und so weiter und da fand ich, dass hat sehr gut funktioniert und hat für das ganze Semester eben einen guten Ablauf garantiert. Insgesamt ist so, dass ich immer noch bevorzugen würde, hier ein Präsenzsemester zu haben. Es gab Schwierigkeiten, aus meiner Sicht, vor allem jetzt, eben für die neuen Studierenden im ersten Semester, da habe ich schon das Gefühl gehabt, dass dort einiges verloren gegangen ist.

Marcel Dux: Die Möglichkeiten des Kennenlernens, gerade im ersten Semester, was du beschrieben hast, sind ja online auch gegeben. Gleichzeitig, wenn wir jetzt auf die aktuellen Situationen schauen, wird sich das im Wintersemester wahrscheinlich gar nicht so groß ändern. Wie ist es dir dann vielleicht trotzdem gelungen das Ganze so ein bisschen menschlich zu gestalten?

Andreas Zeiser:  Also im Prinzip, meine Lehre, also was ich mir am Anfang eben vorgenommen habe, für die Lehre, ist, dass ich möglichst gut die Interaktion zwischen den Studierenden und mir sicherstellen möchte und dass ich versuchen möchte, dass die Studierenden auch untereinander kommunizieren und so ein bisschen das Fehlen der Präsenz so ein bisschen kompensieren können. Das heißt, was ich gemacht habe, ist, dass ich die Studierenden direkt in Gruppen eingeteilt habe und die gedrängt habe, mehr oder weniger schon, sich in diesen Gruppen zu besprechen, die Aufgaben dort zu bearbeiten. Was ich auch gemacht hab, dass ich diese Break-Out-Räume initiiert habe, um mit den Studierenden besser ins Gespräch zu kommen. Wenn so 20, 25 oder 30 Leute in einem Online-Termin sind, dann trauen sich die wenigsten irgendetwas zu sagen und da war sozusagen meine Strategie, dass ich die in kleinere Gruppen zerteile, die dann, in diesen Break-Out-Räumen sind sie irgendwie vielleicht vier Studierende oder so und da ist schon die Wahrscheinlichkeit höher, dass man mit den Studierenden dort ins Gespräch kommt. Das war sozusagen meine Idee, wie man eine bessere Kommunikation bekommt und das hat zum Beispiel bei meinen Master-Studierenden perfekt funktioniert. Also das fand ich eigentlich das beste Element aus meiner Lehre, dass man mit denen, mit jedem einzelnen ins Gespräch gekommen ist und die auch in der Gruppe gut miteinander gearbeitet haben. Bei den Erstsemestern war das eben leider jetzt nicht so der Fall, die sind trotz diesen kleinen Gruppen immer noch nicht so richtig in die Pötte gekommen und haben nicht richtig miteinander diskutiert in diesen kleinen Break-Out-Räumen, sondern waren doch meistens eher still untereinander. Also da hat das nicht so funktioniert und was ich dann nochmal versucht habe, ist wirklich mit den Gruppen Einzeltermine zu machen, das heißt wöchentlich Einzeltermine für eine Viertelstunde, um die noch mal ein bisschen mehr zu zwingen, dass sie miteinander reden und auch mit mir reden. Das ist dann leider ein bisschen nach hinten losgegangen, weil die Studierenden das wahrscheinlich irgendwann zu viel fanden und dann eher abgesprungen sind. Das heißt am Schluss war ich nicht mit Gruppen zusammen, sondern mit einzelnen Leuten, die engagiert sind und die in die Kommunikation gegangen sind.

Marcel Dux: Du hast zusätzlich dazu erwähnt, dass du die Aufgabenbearbeitung dazu ermöglicht hast und viel mit Moodle arbeitest. Kannst du vielleicht für eine deiner Veranstaltungen mal so prototypisch skizzieren, wie diese Punkte Moodle-Plattform, Kommunikation über Online-Meetings und eben Aufgabenbearbeitung ineinander verzahnt sind? Was ist so deine Grundstruktur, die da zum Einsatz kommt?

Andreas Zeiser: Also ist es eher interessant jetzt sozusagen für die Erstsemester, die Mathematik im Bachelor oder soll ich eher auf die Masterkurse eingehen?

Marcel Dux: Weil du gesagt hast, dass es bei den Masterkursen eher richtig gut funktioniert hat, wäre es schön, schauen uns mal die im ersten Semester an und reden dann nochmal über die Erfahrungen aus dem Master, wenn so ein bisschen um die Perspektiven geht.

Andreas Zeiser: Okay, fangen wir mit dem an, was nicht so gut funktioniert. Also ich habe mir viele Gedanken gemacht, wie ich meinen Moodle-Kurs strukturiere, weil ich denke sozusagen, das war der hub von allen und da sollten eben alle Informationen transportiert sein und auch übersichtlich irgendwie zusammengefasst sein. Ich habe mich da so ein bisschen an MOOCs angelehnt, die ich auch selbst mal gemacht habe und habe mal da so ein bisschen die Erfahrung mit rübergebracht. Das heißt, ich habe wirklich das wochenweise geclustert, also große Themen waren sozusagen diese Kapitel und dann in jeder Woche habe ich gesagt, was ist zu tun, welche Materialien müssen vorbereitet werden, welche Übungsblätter, Übungsaufgaben sollen gemacht werden, was sind die Themen in unserer Veranstaltung und dann eben final die Prüfungen oder kleinen Mathematikaufgaben mit diesem Stack, mit diesen Online-Aufgaben in Mathematik. Das heißt, so hatte ich versucht eben das hier so durchzuplanen. Also erstmal die Struktur kam bei den Studierenden ganz gut weg, also die hatten dann so eine kleine Untersuchung gemacht oder einen kleinen Bericht, auch über andere Kurse und da wurde erstmal mein Kurs ganz gut gelobt, dass es eben sehr übersichtlich ist, also insofern sozusagen die Struktur hat erst mal da gestimmt. Was dann nicht so gut lief und wo ich auf jeden Fall besser werden möchte, ist, ich habe also immer Material zur Verfügung gestellt, das die Studierenden optimalerweise, bevor wir uns treffen, eben vorbereiten sollten und das hat nur so halb geklappt. Also viele, hatte ich eben das Gefühl, waren nicht richtig gut vorbereitet. Dann gab es auch noch ein bisschen Abstimmungsprobleme, wann ist es geschickt also diesen großen, diese Begleitübung sozusagen zu haben und wann ist es geschickt, diese Einzeltermine zu haben mit den einzelnen Gruppen. Da war es auch am Anfang noch so ein bisschen schlecht, weil erst die Einzeltermine kamen und dann die Gruppentermine, das ist ein bisschen ungeschickt und das hatte ich eben so ein bisschen auch abgefragt in der Evaluation, so einen anonymen Fragebogen für die Studis und das war eine Rückmeldung, die ich bekommen habe und daraufhin habe ich umgestellt, also so ein bisschen die Zeiten verschoben. Ist besser, aber immer noch nicht optimal.

Marcel Dux: Das, was du beschreibst, in der fehlenden Bearbeitung der Aufgaben oder Inhalte, die du vorher bereitstellst, vor den einzelnen Sessions, wird ja oftmals mit dem Thema selbstverantwortlichen Lernens verbunden, wo da auch gesagt wird, das spiegelt sich so ein bisschen auch wieder in den jüngeren Semesterklassen. Würdest du sagen, dass du das jetzt noch mal probieren würdest in einer Masterklasse und da eine höhere Verantwortlichkeit erwartest oder liegt es vielleicht an anderen Punkten, die da eine Rolle spielen könnten, was eben das Bearbeiten von Aufgaben vor der eigentlichen Einheit, dieses klassische „Flipped Classroom“ liegt da ja im Hintergrund, die Rolle spielt?

Andreas Zeiser: Also ich habe auf jeden Fall die Masterkurse, wie gesagt sind die deutlich besser gelaufen und da kann man denen das auf jeden Fall zumuten, dass sie sich vorbereiten und die tun das dann auch, also zumindest die Mehrheit, würde ich erst mal sagen. Also da sehe ich das entspannter und es hat auch geklappt. Bei dem Bachelor muss man das, denke ich, noch mal mehr forcieren, man muss die wirklich dazu zwingen das zu machen und ja ich habe so ein paar Ideen für das nächste Semester, das heißt, da würde ich das noch mal probieren, weil ich denke, für einen Online-Kurs ist eben dieses „Flipped Classroom“ eigentlich das Modell, das am besten darauf läuft und das möchte ich also auch weiterverfolgen, aber muss verbessert werden bei mir.

Marcel Dux: Da hast du jetzt natürlich uns schon neugierig gemacht. Was wären denn die Überlegungen, die da greifen?

Andreas Zeiser: Also ich habe ein bisschen auch mit meinen Kollegen hier in der Physik im Fachbereich 1, die hatten eben auch dieses „Inverted Classroom“-Modell gemacht und da habe ich auch so ein paar Ideen davon hergezogen. Das heißt, der erste Schritt ist besseres Material, wie gesagt, ich hatte viel zu tun, leider ist das Material bei Weitem nicht perfekt. Ich hatte also viel auf Bücher gemacht und Bücher im Erstsemester ist anscheinend sehr schwierig, das heißt, was ich eben versuchen werde ist, noch sozusagen mehr Videos am Anfang, also mehr Erklärung und dann vielleicht eine graduelle Überleitung zu mehr Text, zu mehr Büchern, aber im Lauf von einem oder zwei Semestern und das ganze Ding noch ein bisschen mehr einheitlich. Aich hatte so ein bisschen Stückwerk, mal von dem was genommen, mal von dem und das hat die Studis doch ein bisschen überfordert, diese verschiedene Flut an, vielleicht auch ein bisschen widersprüchlichen Informationen. So, das heißt, der erste Punkt ist: Material besser machen. Der zweite Punkt ist: kleine Fragen, damit man sicherstellt, dass die das gelesen, gesehen oder was auch immer haben. Das heißt, sie sollten in der Lage sein, diese kleinen Aufgaben sofort eben zu beantworten, wieder das in Moodle-Tests, um das eben abzuprüfen und dann als Voraussetzungen, zum Beispiel dafür, dass sie überhaupt zugelassen werden zur Klausur. Das ist sozusagen der erste Punkt, um das sicherzustellen. Der zweite Punkt ist gleich mal Übungsaufgaben online bereitzustellen, damit sehr einfache Übungsaufgaben diese Basics von diesem Stoff eben abdecken und die auch zu Zulassungsvoraussetzungen zu machen. Aber, dass man dort erlaubt, dass man auch Fehler machen kann oder dass die Studis Fehler machen können. Das heißt, sie können entweder die Zulassung über richtige Ergebnisse erreichen oder wenn sie mir schreiben, wo sie stecken geblieben sind. Also was fiel ihnen schwer und sozusagen daraufhin könnte ich dann sozusagen direkt im nächsten Online-Treffen eingehen und diese ganz speziellen punkte eben noch mal erklären oder Beispiele rechnen oder was auch immer. Dann hoffe ich eben, dass sie vorbereitet sind und dann noch mal so einen individuellen Gruppentermin oder also wirklich wo ich dann den Schubs gebe, damit sie dann für sich die finalen Aufgaben, wieder über Online-Tests, bearbeiten können. Das wäre sozusagen so ein bisschen meine Vorstellung oder mein Ideal, was ich im nächsten Semester ausprobieren möchte.

Marcel Dux: In dem Zusammenhang wird auch davon gesprochen, dass eine kleinteiligere Bewertung, wie du es jetzt als Zulassungsvoraussetzung für die Klausur definiert hast, dass man damit ja arbeiten kann. Daraus höre ich, dass du das in diesem Semester anders gemacht hast. Wie sah denn die Bewertungslogik in diesem Semester aus und was würdest du vielleicht auch bei dem Thema ändern, Stichwort kleinteiliger prüfen, muss man am Ende die Klausur schreiben? Was sind da die Überlegungen aus diesem Semester und vielleicht Änderungen für das nächste Semester?

Andreas Zeiser: Also ich hatte diese kleinteiligen Prüfungen, also ich hatte auch von den letzten Semestern schon viel diese Online-Aufgaben als Zulassungsvoraussetzung genommen. Diesmal habe ich mich entschieden, dass ich das als Teil der Note mache, das heißt ein Teil der Note, 20 Prozent war das, kann eben über diese kleinen Prüfungen erreicht werden. Ich weiß nicht, ob das Ganze so richtig fair ist. Ein Teil der Mathematik ist auch ein bisschen einfach Technik, man muss das einfach durchmachen und man muss auch bestimmte Sachen, ohne den Computer, ohne Hilfen schaffen, aber das kann sozusagen nicht durch diese Online-Tests abgedeckt werden. Da habe ich auch noch leider keine so richtige Lösung parat. Ich fand diese ganzen Online-Prüfungen schon schwierig, nämlich um sicherzustellen, wird da abgeschrieben, ist derjenige, der das abgibt, wirklich der, der das bearbeitet hat. Das schien mir ein bisschen zu risikoreich für mich und habe mich deshalb entschieden, stattdessen eine Hausarbeit zu stellen. Also, dass die Studierenden selbst ein bisschen angewandteres Thema in der Mathematik wirklich bearbeiten und die Methoden, die sie dort gelernt haben auf ein Thema eben ausprobieren und eine kleine Arbeit schreiben. Und damit dort auch keine Plagiate sind, ist auch eine kleine Rücksprache integriert, das heißt, ich stell mir dann eben vor, dass man dann zehn
Minuten über die Kernpunkte von ihrer Arbeit spricht und kleinen Fragen gestellt, um zu sehen, ob sie das wirklich gemacht haben. Das heißt, das war dann meine Überlegung zu Prüfungen im Allgemeinen und ja von gestern auf heute ist die Arbeit sozusagen frei geschaltet auf Moodle. Die Studis haben jetzt das Thema, ich bin mal gespannt auf die ersten Rückmeldungen von den Studierenden und dann eben auch auf die Abgaben, wie das am Ende so läuft. Prinzipiell war das nicht optimal in meinem Kurs, ich hätte noch ein bisschen mehr auf diese Prüfung hinarbeiten müssen, das heißt schon während des Semesters, die so langsam an solche Sachen heranführen sollen. Das ist auch noch was, was ich zumindest in dem Erstsemesterkurs nicht so richtig gemacht habe, in dem Masterkurs ist es wieder besser gelaufen so Stichwort Constructive Alignment.

Marcel Dux: Okay, die jetzige Note wird am Ende über die Hausarbeit und demnach über das Thema Abgabe im Moodle geklärt oder wie muss man sich das jetzt im Detail vorstellen, weil gerade bei dem Thema des Arbeitens mit mathematischen Fragestellungen auch immer die Kritik an dem System Moodle lautet: es ist recht unflexibel bzw. deckt eben auch Rechenprozesse sehr schwer ab. Wie wird das dann jetzt gehandhabt, also gibt es Scan-Möglichkeiten oder wie ist das konzipiert worden, dass man eben auch diese Punkte sehr stark auf Rechenprozesse ausgelegte Lehre abbilden kann?

Andreas Zeiser: Auf jeden Fall ist es ein Thema mit diesen Rechenprozessen, das ist also für komplexe Aufgaben sehr schwierig in Moodle umzusetzen, das ist definitiv so. Bei mir ist es ja so, 20 Prozent der Note ist von diesen Online-Aufgaben und 80 Prozent ist von dieser Hausarbeit. Das heißt, die Hausarbeit ist der wesentliche Aspekt. So, wie kann man es sozusagen schaffen, dass man diese Moodle-Aufgaben doch ein bisschen robuster sind und auch erlauben, dass die Studis mehr oder weniger Folgefehler machen? Für die klassische zu Hause Arbeit ist meine Lösung eben, dass ich die mehrfach beantworten lassen. Das heißt, sie können ihre Lösung eingeben, drücken dann prüfen und bekommen dann die Rückmeldung, ist es richtig oder es ist nicht richtig und meistens mache ich so ungefähr 20 Prozent Abzüge, für jedes Mal falsche Lösung  einreichen kriegen sie 20 Prozent Abzüge, sie können aber dann nochmals ihre ganze Rechnung durchgehen und schauen, wo habe ich denn meinen Fehler gemacht. Insofern wird da schon aus meiner Sicht zumindest den Studierenden die Möglichkeit gegeben, Folgefehler zu machen, das wird zwar nicht von dem System abgefragt aber sie können, dadurch, dass sie es verbessern können, im Prinzip das Ding richtig machen. Das finde ich für die Arbeit zu Hause eigentlich ausreichend. Ich hatte auch schon e-Klausuren mit Mathematik gemacht, also mathematischen Fragestellungen und da muss man, aus meiner Sicht, eine ganz andere Strategie fahren. Und meine Strategie war, dass man dort eben, wenn man normalerweise in einer Klausur eine große Aufgabe stellen würde, wie zum Beispiel: „Lösen Sie eine Differenzialgleichung mit Hilfe der Laplace Transformation“, da kann man mehrere Schritte machen, an jedem Schritt kann man Fehler machen und da wäre es nicht sinnvoll sozusagen nur das Endergebnis in Moodle abzufragen, wenn sie auch in der Klausur keine Korrekturmöglichkeiten haben. Das heißt, was ich mir da gedacht habe ist, dass ich diese Aufgabe in, sagen wir mal, vier Teilaufgaben zerlege, die unabhängig voneinander bearbeitet werden können, aber eben jeden Rechenschritt dann eben abdecken und dadurch muss man, aus meiner Sicht, dann nicht mehr so ein Folgefehler-Konzept aufbringen. Was natürlich verloren geht durch diese Art von Prüfungen, aus meiner Sicht, ist der Blick aufs große Ganze, also mal einmal ein Problem von Anfang bis zum Ende durchziehen und daher würde ich auch die Prüfung wieder teilen, das heißt, ein Teil die Finger- Fertigkeiten, kann man auf diese Weise, glaube ich, sehr, sehr gut in Moodle abfragen und ein anderer Teil, wie wende ich die Mathematik an auf bestimmte Probleme, die würde ich dann auslagern. Eine Möglichkeit wäre eben eine Hausarbeit oder eine längere Prüfung, also das ist so gerade so ein bisschen diese Idee, die ich jetzt habe und ich jetzt dann auch weiter gehen möchte.

Marcel Dux: Das heißt, es deutet sich an, dass du mit Blick auf das Wintersemester zum Einen bei den Inhalten noch mal nacharbeiten möchtest, was die Qualität der eigens bereitgestellten Materialien angeht und gleichzeitig, aber auch damit spielst und überlegst, was vielleicht in einer vermeintlichen Präsenz-Phase wirklich sinnvoll wäre dann diese Zeit zu nutzen um daran zu arbeiten. Wie würdest du denn mit einer Zuversicht, dass es eine gewisse Form von Präsenz geben könnte, wie würdest du vorgehen? Was suchst du dafür aus? Was ist es wert jetzt genau in persönlicher Form daran zu arbeiten?

Andreas Zeiser: Das ist eine schwierige Frage. Also nach meinen jetzigen Erfahrungen ist eigentlich das Wichtigste an dieser persönlichen Sache, dass die Studierenden sich untereinander kennenlernen. Ich glaube, das ist, aus meiner Sicht, das Wichtigste. Und ich denke, es ist gut, wenn sie mich einmal persönlich sehen, aber dann muss man sich nicht unbedingt regelmäßig oder sehr oft treffen, sondern vielleicht reicht das 1, 2, 3-mal im Semester, also dieses direkte Treffen. Ein bisschen schwieriger, also wenn man jetzt immer weiterhin noch diese Abstandsregelung einhält, dann wird es auch in Präsenz-Veranstaltungen schwierig irgendwo eine Gruppenarbeit zu machen. Wie soll das so richtig laufen? Also der Benefit von einer Präsenz-Veranstaltung wird durch die Kontaktbeschränkung doch ein bisschen ausgehebelt und darum muss man noch ein bisschen überlegen, wie man das handhabt. Eine Möglichkeit wäre wieder, wenn man jetzt mal diese Gruppen hat also, wenn wirklich Leute sich gefunden haben, dass man die, nur eine Gruppe allein, in einem Seminarraum hat und da hätte man ja die Möglichkeit mit der Tafel zu arbeiten, das heißt jeder kann mal zwei Meter zurückgehen, die Tafel ist groß genug, wer was sagen will oder was schreiben will geht wieder an die Tafel hin und so könnte auch eine Gruppendiskussion möglich sein. Aber das mit mehreren Gruppen in einem Seminarraum zu machen, das wird schwierig und da bleibt im Prinzip nur dieser seminaristische Unterricht, das heißt ein bisschen wie Schule, also mit melden und so weiter. Hat auch was, aber ja es fehlt was vom normalen Leben würde ich sagen.

Marcel Dux: Was mir sehr gefällt ist, dass du dir ja wirklich Gedanken machst, wofür ist Präsenz geeignet was du mit dem Kennenlernen der Studenten untereinander verbindest und gleichzeitig auffällt, dass Präsenz, so wie wir es bisher gemacht haben, an einigen Stellen gar nichts so notwendig ist, wie es jetzt da bisher erfolgt ist, das ist ein schöner Ansatz. Können wir noch mal kurz darauf zurückkommen, weil mir ist es ja bekannt, dass du bereits im Vorfeld viel mit Moodle gearbeitet hast und da auch eben mit Stack und ähnlichem, Übungsaufgaben bereitstellt, die auch im Selbststudium funktionieren können. Wie bist du generell vorgegangen bei der Zusammenstellung dieser Übungsaufgaben
und was genau ist in dem Sinne Stack und welche Vorteile bietet dieses System für Lehrende und auch für Studierende?

Andreas Zeiser: Also erstmal muss man natürlich sagen solche Stack-Aufgaben, die erste Erstellung kostet Zeit.

Marcel Dux: Das habe ich schon oft gehört, in jeder Form von Interview, die ich geführt habe.

Andreas Zeiser: Insofern habe ich natürlich meine Aufgaben erst mal weiterverwendet, die eher ein bisschen gedacht waren natürlich als Ergänzung von einem Präsenz-Unterricht. Das heißt in Zukunft muss man die Fragen dann auch später noch mal anpassen. Das habe ich noch nicht gemacht und werde ich im neuen Semester dann eben auch machen. Aus meiner Sicht, also sozusagen, was super sinnvoll ist, ist, dass die Studierenden eben mit diesen Stack-Aufgaben gezwungen sind sich mit dem Stoff zu beschäftigen das ist eigentlich das Wichtigste von allem. Aus meiner Sicht sind die genauen Details oder so noch gar nicht so wichtig, weil es ja auch immer Möglichkeiten gibt, dass die Studierenden durch Abschreiben, durch Hilfestellungen oder durch gute Programme wie Wolfram Alpha oder irgendwelche anderen Sachen auch diese Aufgaben lösen können, obwohl sie keine Ahnung haben. Das ist immer möglich. Also sie kommen immer darum herum, bei fast allen Aufgaben ist das so und das heißt, ich nutze das eh nur als „Bitte beschäftigt euch mit diesen Sachen“ und ohne, dass ich diesen riesigen Korrekturaufwand habe, den ich dann auch nicht leisten kann am Ende oder auch weil das einfach zu viel Zeit kostet. Und das hat schon, aus meiner Sicht, eben dazu geführt, dass die Studis in den Klausuren besser vorbereitet waren und weniger durchgefallen sind. Die andere Möglichkeit, die ich dann jetzt noch ein bisschen besser machen möchte, ist eben, dass man auch mehr Übungen macht, das heißt man kann eben neben diesen Tests, die dann eben zur Zulassung führen, noch Tests einführen, die es ihnen möglich machen, immer mehr und mehr die Aufgabe zu üben, bis sie es dann geschafft haben. Das wäre dann auch noch mal so eine Sache, die dann noch mehr auf dieses Selbststudium zugeschnitten ist, dass sie da diese Möglichkeit bekommen und nicht nur das als Abfrage oder Hürde und damit als „Beschäftige dich mal“ verwendet werden kann.

Marcel Dux: Die jetzige Situation, ausschließlich als Online-Semester zu arbeiten, vielfach hört man, das klang jetzt auch durch, es ist sehr viel Arbeit, es ist sehr viel Kommunikation. Gibt es aber auch Dinge, wo du meinst, das hat dich auf eine vielleicht auch positive Art und Weise überrascht, wenn du jetzt zurückblickst, wie deine Lehre ausgefallen ist, wie die Studierenden reagiert haben, wie die Kollegen vielleicht auch gearbeitet haben? Gibt es da Sachen, die dir in Erinnerung geblieben sind, die dir jetzt so spontan einfallen würden?

Andreas Zeiser: Also wie gesagt, ich fand die Master Kurse, also sozusagen, wenn man engagierte Studierende hat, die sich untereinander kennen, das waren ja die Masterstudierenden und die sich trauen mit den Lehrenden zu sprechen mit mir zu sprechen, dann können diese Break-Out-Räume super laufen und ich würde fast sagen, dass man mehr Kommunikation hatte, als jetzt in klassischen Veranstaltungen. Ein Vorteil war auch noch, dass ich sie in diesen Master Kursen auch viel programmieren habe lassen. Das heißt, ich konnte mich dann einfach in diese Kleingruppen einarbeiten, die Studis haben den Bildschirm geteilt, ich konnte direkt sehen an was sie arbeiten und Tipps geben, was macht man anders, wo liegen Fehler und das lief also wunderbar. Wenn man jetzt auf die reine Mathematik wiederkommt, dann ist da immer so ein bisschen das Technikproblem. Ich habe jetzt mal so eine Ausrüstung gefunden, mit der ich zufrieden bin, mit der ich gut arbeiten kann, aber das ist natürlich nicht bei den Studierenden so und gerade mathematische Formeln kann man super schwer in Chats und so weiter reinschreiben, da braucht man ewig, das heißt, wenn die Studis es dann nicht schaffen oder technisch nicht die Möglichkeit haben Formeln mal auf so einem Whiteboard oder so zu schreiben, dann wird die Diskussion doch zäh und ich habe es dann meistens so gemacht, dass ich mir Sachen diktieren habe lassen, dass sozusagen sie sagen, was sie schreiben wollen, ich schreibe, weil sonst dauert das immer viel zu lang. Das waren so diese Punkte. Also, was sehr positiv war: die Kommunikation mit den Gruppen in diesen Break-Out-Räumen, das würde an erster Position bringen.

Marcel Dux: Aber das leidet immer wunderbar zu unserer jetzt schon fast traditionellen Frage über, nämlich dem Wunsch für die Idealsituation für das nächste Semester. Wenn du die Möglichkeit hättest, jetzt Dinge noch dir zu gestalten, zu wünschen, auch seitens der Hochschule, was vielleicht noch verbessert werden könnte, um die Lehre noch zu verbessern und zu unterstützen, was wäre das, was dir in diesem Zusammenhang einfällt was man vielleicht noch angehen sollte, was noch „geliefert“ werden müsste?

Andreas Zeiser: Also es gibt Studierende, die einfach nicht die technische Ausstattung hatten. In dem Erstsemester hat mir dann jemand geschrieben, dass er leider nicht teilnehmen kann, weil ihm die technische Ausstattung fehlt. Ja, man vertraut darauf, dass die Studenten technisch perfekt ausgestattet sind, aber stellt das selbst nicht sicher und verliert so einige Studierende. Das heißt, da müsste man schon gucken, wie man auch diese Studierenden unterstützen kann. Also gibt es Zugang zu Räumen oder sogar Technik oder kann man ihnen was ausleihen oder keine Ahnung, wie das gehen würde, aber das würde ich mir schon wünschen, dass da was geht. Dann Kleinigkeiten. Also ich finde BigBlueButton erstmal sehr gut, dass wir das auf den HTW-Servern haben, dass der Datenschutz gewährleistet ist, dass es open source ist, finde ich schon sehr gut. Hat natürlich ein paar Macken dieses Denken, da könnte man zum Beispiel auch vielleicht auch von der Hochschule mal ein bisschen Geld in die Hand nehmen und vielleicht auch eine Entwicklung einfach vorantreiben und nicht jetzt überlegen, welche kommerziellen Angebote mache ich oder wie kann ich einfach kostenlos Software abgreifen, sondern sich wirklich in der Weiterentwicklung engagieren, entweder durch Personal, durch wirklich Arbeit am Code oder durch Mittel, die man den Programmierern zur Verfügung stellt. Also das wären sozusagen von der technischen Seite meine Wünsche und von der organisatorischen Seite, wie kann man diese zumindest teilweise Präsenz schaffen, wie kann man versuchen vor allem die Erstsemester abzuholen. Das ist, denke ich von der Stundenplan Planungen auch keine einfache Sache, aber dann müsste man irgendwie versuchen, wie man das am besten machen kann. Das denke ich ist sinnvoll und auf lange Sicht muss man sich wirklich was mit diesen Prüfungen überlegen, weil bei diesen Online-Prüfungen habe ich Bauchschmerzen auf lange Sicht. Also für ein Semester ist das okay, so ist es nun mal, da konnte keiner planen, aber wenn wir das längerfristig machen wollen und das zweite Semester auch schon, da muss man glaube ich besser werden.

Marcel Dux: Wir nehmen eine ganze Reihe von Anregungen mit. Die „Flipped Classroom“-Ansätze, die von dir auch eingesetzt werden und auch die kritischen Punkte dazu, sind sicher auch für viele Kollegen sehr interessant zu hören und an dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich für diesen kleinen Einblick bedanken.

Andreas Zeiser: Ja, ich danke auch.