Frei, sicher, selbstbestimmt: „NEIN“ zu Gewalt und Diskriminierung

Warum sich die HTW Berlin am Aktionstag beteiligt, erläutern der Präsident Prof. Dr. Carsten Busch, der Vizepräsident für Lehre Prof. Dr. Tilo Wendler und die hauptberufliche Frauenbeauftragte Dr. Sünne Andresen im Gespräch.

Was ist der Hintergrund des Internationalen Gedenktags?

Sünne Andresen: "Das Datum geht zurück auf die traurige Geschichte der drei Schwestern Mirabal. Die drei Frauen hatten sich in der Dominikanischen Republik gegen die Diktatur unter Rafael Trujillo zur Wehr gesetzt. Nach monatelanger Folter wurden sie am 25. November 1960 getötet. Durch eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen ist der 25. November seit 1999 offiziell internationaler Gedenktag."

Warum beteiligt sich die HTW Berlin am „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“?

Carsten Busch: "Die HTW Berlin ist eine Hochschule der Vielfalt: Eine große Vielfalt von Fächern und die gesamte Vielfalt aller Menschen. Deshalb sehen wir es als eine zentrale Aufgabe, möglichst gewaltfreie Räume zu bieten – physisch und virtuell. Leider halten sich nicht immer alle an diese Vorgabe. Deshalb müssen wir uns mit Nachdruck immer wieder dafür einsetzen, jeden Tag. Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ist ein besonderer Tag. Ein Tag, an dem wir unser Mitgefühl für die Frauen zeigen, die Gewalt ausgesetzt waren und sind. Ein Tag, an dem wir deutlich machen, dass wir für Gewaltfreiheit stehen und daran arbeiten, dies im Alltag der Hochschule umzusetzen."

Tilo Wendler: "Persönliche Freiheit und Gewaltfreiheit/körperliche Unversehrtheit sind wichtige Grundrechte! Wir wollen, dass unsere Hochschule ein Ort des unbeschwerten Lernens in guter, moderner Atmosphäre ist und bleibt. Deshalb setzen wir uns an der HTW Berlin für die gesellschaftlichen Grundwerte und gegen Gewalt ein."

Was ist sexualisierte Diskriminierung und Gewalt und wie verbreitet ist sie?

Sünne Andresen: "Wir fassen darunter alle sexualisierten Verhaltensweisen, die ungewollt, unerwünscht, unangebracht oder nicht einvernehmlich sind. Das reicht von anzüglichen Bemerkungen und Witzen über unangemessene Einladungen zu privaten Verabredungen bis hin zu Sexualstraftaten. Dafür, wie ein Erlebnis bewertet wird, ist allein entscheidend, dass sich der betroffene Mensch diskriminiert fühlt. Ob eine Diskriminierung beabsichtigt war oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Über das Ausmaß der Gewalterfahrungen von Frauen existieren nur wenige Daten. Laut einer EU-weiten Studie von 2014 hat jede dritte Frau seit ihrem 15. Lebensjahr physische und/ oder sexualisierte Gewalt erfahren. Auch zur Situation an den bundesdeutschen Hochschulen liegen kaum Daten vor. 2012 wurden für eine Studie der Ruhr-Universität Bochum 12.000 Studentinnen aus 16 Hochschulen befragt. 13% der Studienteilnehmerinnen erklärten, im zurückliegenden Jahr einen sexuellen Übergriff erlebt zu haben. Somit sind Studentinnen von sexuellen Übergriffen fast dreimal so häufig betroffen wie Studenten."

Was tut die HTW Berlin, um Frauen vor sexualisierter Diskriminierung und Gewalt zu schützen?

Sünne Andresen: "Diese Befunde zum Ausmaß der Gewalterfahrungen von Frauen sind erschreckend, besonders wenn man bedenkt, dass sich Gewalterfahrungen schwerwiegend auf die Gesundheit, das Studium und den gesamten Lebensweg der Betroffenen auswirken können. Die HTW Berlin steht in der Verantwortung, Prävention zu betreiben und Betroffenen bestmöglichen Schutz zu geben.

Schon immer gab es an der HTW die Möglichkeit, sich z.B. bei der Frauenbeauftragten oder auch bei anderen Personen des Vertrauens Beratung und Hilfe zu holen. Das allein reicht aber nicht aus. Deshalb hat die Hochschulleitung Anfang November eine Steuerungsgruppe eingesetzt, die in den kommenden Wochen ein Schutzkonzept erarbeiten wird, um präventive Maßnahmen umzusetzen, ein gutes Verfahren für den Umgang mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt festzulegen, die notwendigen Strukturen zu implementieren und alle Verantwortlichen auf ihre herausfordernde Aufgabe des Fallmanagements vorzubereiten.

Dieser Steuerungsgruppe gehören Hochschulangehörige aller Mitgliedergruppen an. Sie berichtet der Hochschulleitung sowie dem Antidiskriminierungsrat der HTW Berlin."

Was kann ich tun, wenn ich sexualisierte Diskriminierung und Gewalt in meinem Umfeld mitbekomme oder selbst betroffen bin?

Carsten Busch: "Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt umzugehen. Dennoch bitte ich: Wenn Sie davon betroffen sind oder Zeuge bzw. Zeugin werden, melden Sie es! Die Frauenbeauftragten der HTW Berlin – in den Fachbereichen, in den Abteilungen und auf zentraler Ebene – sind als Ansprechpersonen und Unterstützung für Sie da. Auch die Hochschulleitung und namentlich der Präsident. Sie können sich direkt melden oder auch unsere Website nutzen. Selbstverständlich werden Meldungen auf Wunsch anonym behandelt und der Schutz von Betroffenen steht für uns im Mittelpunkt. Aber nur, wenn wir etwas davon erfahren, können wir helfen. Und sofern das erforderlich sein sollte, auch Strukturen verbessern. Für eine gewaltfreie Hochschule."