Nachhaltig leben in der Smart City

Wie nachhaltig ist die Smart City? Zu dieser Frage hat Florian Koch, Professor im Studiengang Immobilienwirtschaft, eine dreiteilige Veranstaltungsreihe organisiert. Vertreter_innen aus Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und von Nichtregierungsorganisationen werden über digitale Technologien in der Stadtentwicklung, die Pläne der Stadt Berlin und smartes Wohnen diskutieren. 

Was ist eine Smart City?

Florian Koch: Im Grunde gibt es dazu keine klare Definition; unter diesem Begriff wird alles Mögliche verstanden. Die Smart City ist allgemein eine Stadt, in der Digitalisierung und neue Technologien eine Rolle spielen. Viele haben dazu ein Zukunftsszenario im Kopf, in der die Kaffeemaschine zum Beispiel mit dem Wecker vernetzt ist, die Grünphase der Ampel für Fußgänger_innen bei schlechtem Wetter dank Sensoren länger andauert und bestimmte Abläufe über das Internet of Things automatisch funktionieren. Die Smart City ist aber eigentlich keine Zukunftsvision, denn viele dieser Technologien gibt es bereits heute. Sie warten nur auf ihren Einsatz. 

Inwiefern kann eine Smart City denn nachhaltig sein?

Technologien können dazu beitragen, dass man zu einer nachhaltigeren Lebensweise kommt. Beim smarten Wohnen lassen sich zum Beispiel dank Sensoren Energie und Heizkosten sparen: Die Technik kann dafür sorgen, dass das Licht ausgeht, wenn ich nicht mehr im Raum bin, oder dass sich die Heizung nur dann einschaltet, wenn jemand zuhause ist.

Das gilt auch für das Thema Stadtplanung: Neue Technologien können dabei helfen, dass eine Stadt nachhaltiger wird. Straßenlaternen eignen sich nicht nur als Lichtquelle, sondern messen mit Sensoren ausgestattet die Luftverschmutzung, Luftfeuchtigkeit oder die Fußgängerfrequenz. Die Smart City kann jedoch generell nur Mittel zum Zweck sein, denn Digitalisierung ist nicht per se gut. Man muss überlegen, was man dadurch erreichen will. Diese Technologien haben das Potenzial, zur Nachhaltigkeit in der Stadt beizutragen, aber sie sind kein Selbstläufer.

Was sind Risiken der digitalen Technologien in einer smarten Stadt?

Zwei Risiken sind zum Beispiel der Verlust der Privatsphäre und die möglichen Folgen einer Privatisierung von Angeboten. Überwachung wird oft als Element von Smart City gesehen, gehört aber nicht notwendigerweise dazu. Der Einsatz solcher Technologien wird meist damit begründet, dass man eine sichere Stadt schaffen will. Da stellen sich mehrere Fragen: Was passiert mit meinen Daten? Was bedeutet Überwachung für das soziale Leben in der Stadt? Wenn private Unternehmen die Angebote innerhalb einer Smart City bereitstellen, birgt dies zudem die Gefahr, dass eine digitale Kluft entsteht. Ärmere Personen können dann nicht mehr so ausgeprägt am Leben in der Stadt teilnehmen.

Solche kritischen Aspekte und Ängste werden wir bei dem zweiten Termin der Veranstaltungsreihe diskutieren. Es wird unter anderem um das Smart-City-Projekt von Alphabet – dem Konzern, zu dem Google gehört – in Toronto gehen. Der Konzern baut in der kanadischen Stadt ein ganzes Stadtviertel mit smarten Technologien auf. Bei intelligenten und vernetzten Städten sollte man schauen: Wer will sie bauen und warum?

Was zeichnet die Smart-City-Strategie von Berlin aus?

Berlin hat einen relativ breiten Ansatz gewählt. Da gehören auch neue Technologien dazu, aber es geht beispielsweise auch um einen besseren Umgang mit Grünflächen und um Luftqualität. Bei der ersten Veranstaltung in unserer Reihe werden wir unter anderem mit der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, die zur Umsetzung der Smart-City-Strategie Berlins beiträgt, darüber sprechen, wo Berlin steht.

Ein spannendes Projekt wird aktuell in Adlershof umgesetzt: Dort entsteht das erste Smart-City-Projekt in Berlin mit Smart-Home-Wohnungen. Welche Techniken da eingebaut werden und wer die Menschen sind, die hier voraussichtlich einziehen werden, besprechen wir beim dritten Veranstaltungstermin. 

Was ist das Ziel Ihrer Veranstaltungsreihe?

Die Diskussionen sollen zeigen, dass das Thema viele Facetten hat und die Auswirkungen der Smart-City-Technologien oft noch unsicher sind. Viele Akteur_innen arbeiten an dem Thema, aber meist läuft das nebeneinander her. Diese Veranstaltung soll einen Beitrag dazu leisten, dass verschiedene Beteiligte miteinander ins Gespräch kommen.

Dass man das Thema breit diskutiert und Personen aus der Praxis einlädt, sind Ideen, die Studierende im vergangenen Sommersemester in meinem Kurs „Smart Cities – Theorien, Akteure und empirische Beispiele“ entwickelt haben. In dem Wahlfach haben wir die Veranstaltung konzipiert. Die Studierenden hatten auch großes Interesse, das Thema Smart City mit Aspekten der Nachhaltigkeit zu verbinden. Neue Technologien dienen oft der Bequemlichkeit, aber man kann auch noch mehr mit ihnen erreichen, wenn man sie richtig einsetzt.