Krieg in Syrien: Wie schützen Museen ihre Schätze?

Sie hatten sich sorgfältig vorbereitet und im Flugzeug nicht nur persönliche Utensilien im Gepäck, sondern ein ganzes Labor mitsamt diverser Materialien und Unterlagen: Prof. Dr. Alexandra Jeberien und Christoph Rogalla von Bieberstein. Das Ziel der HTW-Wissenschaftlerin aus dem Studiengang “Konservierung und Restaurierung/Grabungstechnik” und ihres Mitarbeiters: das UNESCO Field Office, Beirut. Dort warteten zwölf Beschäftigte aus syrischen Museen und Sammlungen auf das lang ersehnte Intensivtraining in punkto Präventive Konservierung, Dokumentation und Monitoring.

Sehr intensiv war die Woche auch für Alexandra Jeberien, eine Expertin für Notfall- und Katastrophenprävention sowie Risikomanagement im Kulturgüterschutz. „Mich hat wirklich sehr beeindruckt, dass die Menschen nicht nur jahrelange Auseinandersetzungen aushalten, sondern trotz der Gefahren auch noch große Verantwortung für Sammlungen übernehmen“, sagt die Professorin.

Die syrischen Kurator_innen und Restaurator_innen — sieben Frauen und fünf Männer — kamen aus dem ganzen Land. Große Häuser waren vertreten, manche mit berühmten Sammlungen, aber auch ein kleineres Stadtmuseum, ein islamisches Museum und ein medizinhistorisches Museum. Sie alle mussten ihre Schätze in den Jahren 2011 und 2012 hastig einpacken, oft mit einfachen Mitteln. Seitdem verwalten und gestalten sie die traurige Interims-Situation.

Da stellen sich viele Fragen, auf die Alexandra Jeberien und Christoph Rogalla von Bieberstein in einer Mischung aus Englisch und Arabisch, für das zwei Dolmetscherinnen sorgten, fachlich fundierte Antworten gaben. Wodurch kann man die Lagersituation verbessern? Wie richtet man kontinuierliche Werte für Feuchtigkeit und Temperatur ein? Welche Möglichkeiten gibt es, die innerhalb der Verpackung entstehenden Schadstoffe zu detektieren? Wann ist es geboten, neu zu verpacken und wie bewerkstelligt man dies besser als vorher?

Das Intensivtraining bot eine Mischung aus Theorie und Praxis, letztere in Gestalt von Übungen und Fallbeispielen, für die das Archäologische Museum der American University Beirut seine Sammlung zur Verfügung stellte. Fünf Tage lang wurde fotografiert und geschrieben, diskutiert und verworfen, verpackt und gemessen. Mit praktischen Toolkits, darin unter anderem Meßgeräte, Materialien, Arbeitsschutzbrille und Datenlogger, kehrten die Teilnehmer_innen nach dem Kurs in ihre Museen und Sammlungen zurück. Schließlich sollen sie nicht nur in der Lage sein, ihren Kolleg_innen zu berichten, sondern das neue Know-how auch praktisch umzusetzen.

Das Intensivtraining der HTW Berlin in Beirut war Teil des Projekts „Stunde Null – Eine Zukunft für die Zeit nach der Krise“. Es wird vom Deutschen Archäologischen Institut in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit umgesetzt und ist in den Kompetenzverbund “Archaeological Heritage Network eingebettet”. Alle zwölf Teilnehmer_innen hatten von der Gerda-Henkel-Stiftung ein Stipendium erhalten. Die Stiftung kam auch für das Material und die Reisekosten der beiden HTW-Vertreter_innen auf.

„Natürlich haben wir in den fünf Tagen auch einen Blick in die Zukunft gewagt und überlegt, was Museen besser machen können, wenn die Auseinandersetzungen vorbei sind“, sagt Alexandra Jeberien. Diese Hoffnung will keiner aufgeben. Die Wissenschaftlerin hofft außerdem, dass dem Pilotprojekt weitere Intensivtrainings folgen können. Sie selbst würde gerne weitere Module entwickeln und auch das Museumspersonal in angrenzenden Ländern einbeziehen, u.a. Libanon, Jordanien oder den Irak.