Feminine Fahrzeugtechnik, männliche Mode?

Es gibt sie auch an der HTW Berlin: die typischen Frauen- und Männer-Studiengänge. Bekleidungstechnik/Konfektion studieren zu 97% Frauen. Bei Modedesign sind es 86%, bei Wirtschaftskommunikation 73%. Fahrzeugtechnik hingegen studieren zu 96% Männer. Bei Maschinenbau und Elektrotechnik (jeweils 94%) sieht es nicht viel anders aus. Dr. Ulrike Richter und Jette Hausotter vom Referat „Frauenförderung & Gleichstellung“ erklären, warum das so ist und was sich daran ändern lässt.

Woher kommen unterschiedliche Präferenzen in der Studienwahl? Und was ist daran überhaupt so schlimm?

Jette Hausotter: Im Einzelfall gar nichts. Problematisch wird es, wenn die Berufswahl zu einer systematischen Benachteiligung führt. Denn Frauenberufe sind häufiger schlecht bezahlt, befristet, auf Teilzeit ausgelegt als Männerberufe.

Dr. Ulrike Richter: Selbst in Frauenberufen gelangen Männer deutlich häufiger in Führungspositionen. Zudem ist problematisch, dass die unterschiedliche individuelle Studienwahl häufig gesellschaftliche Ursachen hat.

Welche sind das? Warum entscheiden sich Frauen so viel seltener als Männer für einen ingenieurwissenschaftlichen Studiengang?

Dr. Ulrike Richter: Die Ursachen liegen in der Sozialisation. Es gibt keine wissenschaftlich haltbaren Beweise für geschlechtsspezifische Unterschiede. Mädchen und Jungen sind in der Grundschule gleich gut in Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern. Das ändert sich aber mit der Pubertät. Dann setzt sich in den Köpfen der Jugendlichen fest: Mathe und Nawi sind eher was für Jungs.

Jette Hausotter: Hier werden die Grundlagen gelegt für bestimmte Rollenverständnisse, mit denen wir uns in allen Lebensbereichen auseinandersetzen müssen. Ein Beispiel: Ländervergleiche zeigen, dass in der Bundesrepublik die Normen von Weiblichkeit besonders wenig passfähig sind mit Vorstellungen von beruflichem Erfolg, vor allen in technischen Bereichen. Gerade Frauen sind mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert: Sie sollen auf der einen Seite berufstätig sein und werden als Fachkräfte der Zukunft angesehen, auf der anderen Seite sind sie es, die beruflich zurückstecken sollen, um Sorgeaufgaben zu übernehmen.

Wie lässt sich das denn überhaupt ändern?

Jette Hausotter: Um ein Beispiel aus der HTW Berlin zu nennen: Wenn die Vorpraktikumsregel flexibler gestaltet wird, profitieren auch jene, die z.B. noch keine technische Berufsausbildung absolviert haben, was in vielen Fächern eher für Frauen als für Männer zutrifft. Solch eine Flexibilisierung kommt gleichzeitig allen Studierenden zugute, die sich zu Beginn des Studiums eventuell noch einmal umorientieren.

Dr. Ulrike Richter: Ein anderer Ansatz ist, das Studium von Beginn an anwendungsorientiert zu gestalten und Gruppenarbeit zu fördern. Häufig sind die ersten Semester sehr theorielastig und erst später wird in Projekten gearbeitet. Zumindest implizit bevorteilen viele Studiengänge Studienanfänger_innen mit gutem Vorwissen in Mathe und Naturwissenschaften. Eine Unterstützung beim Erlernen der theoretischen Grundlagen, verbunden mit Anwendungsbeispielen, senkt die Abbruchquote von Studierenden, die mit anderen Vorkenntnissen an die Hochschule kommen.

Jette Hausotter: Barrieren abzubauen und Dinge konkret an der Hochschule zu verändern, kommt letztlich einer Detektivarbeit gleich. Die messbaren Benachteiligungseffekte zum Nachteil von Frauen sind der Ausgangspunkt, um Hürden zu identifizieren und Diskriminierungen abzubauen. Allerdings liegen die Lösungen nicht immer auf der Hand.

Dr. Ulrike Richter: Frauen dürfen zwar studieren, was sie möchten, über ihren Lebensweg entscheiden, über ihr Geld verfügen etc. Aber Diskriminierungen laufen oft subtil ab und ihre komplexen Ursachen sind schwierig zu identifizieren. Um das sichtbar zu machen, ist der Internationale Frauentag auch im Jahr 2018 für uns wichtig.