Von Rügen zum Campus Wilhelminenhof

Die Teilnehmer_innen hören gespannt zu

"Was bedeutet programmieren?" "Sprachen lernen!", antwortet ein junger Mann mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. Mit neun weiteren jungen Leuten nimmt er gerade an einem Programmier-Workshop teil.

Die Veranstaltung ist Part des ingenieurwissenschaftlichen Schnupperstudiums für Geflüchtete an der HTW Berlin. Vom 21. Bis 25. November lernen die Teilnehmer_innen die Hochschule und ihre ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge kennen, können an Vorlesungen und Workshops teilnehmen und erhalten Informationen zu Bewerbungsmodalitäten und Studienfinanzierung.

Der junge Mann, der die Antwort auf die Frage des Workshop-Leiters Tobias Winslow wusste, ist sich der Doppeldeutigkeit seiner Aussage bewusst. Auch wenn es in diesem Fall um Programmiersprachen geht, ist das Lernen von linguistischen Sprachen wie Deutsch oder Englisch ein essentieller Aspekt im Leben vieler Geflüchteter. Doch die Teilnehmer_innen des Schnupperstudiums können da schon einiges vorweisen. Neben einer Hochschulzugangsberechtigung benötigen sie zur Teilnahme nämlich auch Deutschkenntnisse auf B1-Niveau, schließlich möchten sie in nächster Zeit ein deutschsprachiges Studium aufnehmen. Entsprechend selbstverständlich tauschen sie sich mit Tobias Winslow, der selbst an der HTW Berlin studiert, aus. In den letzten Tagen haben sie schon viele Fragen zu Studienbewerbung, BAföG und den Studieninhalten stellen können. Im Programmier-Workshop und einer Physik-Vorlesungen können sie das Studieren nun auch praktisch ausprobieren.

Für die gebündelten Informationen und den detaillierten Einblick in den Studienalltag nahmen einige der Teilnehmer_innen eine weite Anreise in Kauf. Alaa Abou Ammar aus Syrien zum Beispiel. Der 25-Jährige lebt in Saßnitz auf Rügen. Auf das Schnupperstudium an der HTW Berlin ist er über Facebook aufmerksam geworden. In Syrien hat er schon vier Jahre lang Jura studiert. Hier in Deutschland müsste er aber von vorne anfangen und könnte mit einem Abschluss in deutschem Recht in Syrien nicht viel anfangen, sollte er irgendwann wieder in seine Heimat zurückkehren. Nun interessiert er sich für den Studiengang Regenerative Energien an der HTW Berlin. Die Physik-Vorlesung hat ihm schon gut gefallen.

Auch Zakaa Souda gefällt es an der HTW Berlin. Die junge Syrerin ist eine von zwei Frauen, die am Schnupperstudium teilnehmen. Sie ist dafür aus Ansbach in Bayern angereist. Sie erzählt, wie schwierig es ist, sich in Deutschland für ein Studium zu bewerben, und hofft, dass es in Berlin mehr Angebote für Geflüchtete gibt als in Bayern. In ihrer Heimat hat sie schon zwei Studiengänge studiert, hier in Deutschland interessiert sie sich für Wirtschaftsingenieurwesen. Ihr Traum ist es, irgendwann als fertig ausgebildete Ingenieurin arbeiten zu können. Um diesem Traum noch einen Schritt näher zu kommen, möchte sie sich demnächst für das studienvorbereitende Programm HTW-Integra bewerben.

Derweil beschreibt Tobias Winslow seinen Zuhörer_innen, welche Programmiersprache sich am besten für welches Vorhaben eignet. Man merkt ihm an, dass er von der Offenheit und Lernbereitschaft der Geflüchteten begeistert ist. Selbst in der Pause sitzen alle zusammen. Einer der Teilnehmer kann gar nicht aufhören, ihn weiter über Einsatzgebiete der Informatik auszufragen. Nachher wird Tobias Winslow sie noch mit in eine seiner Vorlesungen nehmen. Leistungselektronik steht dann auf dem Programm. Zum Abschluss der Woche wird es noch ein gemeinsames Abendessen geben. Und wer weiß, vielleicht trifft man einige der Teilnehmer dann demnächst regelmäßig in der Mensa.