Tobias Nettke

Tobias Nettke

Tobias Nettke ist seit 2010 als Professor für Bildungs- und Vermittlungsarbeit in Museen an der HTW Berlin tätig. Er lehrt und forscht im Bachelor-Studiengang Museumskunde, der ab Oktober Museologie heißen wird, sowie im Master-Studiengang Museumsmanagement und -kommunikation. Zuletzt arbeitete er in seinem Forschungssemester für das Stadtmuseum Berlin, das sechs Museumsstandorte umfasst. Meistens war Nettke im Märkischen Museum, das ohne Corona ab April eine Ausstellung zu "100 Jahre Groß-Berlin" gezeigt hätte.

Haben Sie ein Lieblingsmuseum?

Ein einziges Lieblingsmuseum habe ich nicht, genauso wenig wie ein einziges Lieblingsessen. Gerade die Vielseitigkeit der Museen macht für mich den Reiz aus, so dass ich je nach Bedürfnislage und Begleitpersonen ein anderes Angebot nutzen kann. Das Technikmuseum nutze ich gerne mit befreundeten Familien. Seine Freiflächen sind gerade im Sommer für Kinder mit Bewegungsdrang sehr gut geeignet. Das Naturkundemuseum ist für mich im Winter eine gute Alternative zum Zoo, wenn ich mit mehreren Generationen unterwegs bin. Mit erwachsenen Freunden gehe ich gerne ins Jüdische Museum oder in eine Sonderausstellung des Stadtmuseums Berlin. 

Wie sieht das Museum der Zukunft aus?

Das ist für mich so schwer zu fassen, wie das Museum der Gegenwart. Wir haben allein in Deutschland über 6.000 sehr verschiedene Museen. Museen der Zukunft sind im Stadtraum sowie bei Communities im digitalen Raum anzutreffen. Sie verbinden bedeutsame Aspekte der Geschichte mit unserem Alltag, z.B. lassen sich an vielen U-Bahn-Stationen spannende Geschichten erzählen. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass noch mehr Museen die Breite der Gesellschaft erreichen. Sie bereiten Themen stärker multiperspektivisch, niedrigschwellig und leicht verständlich auf. Zukünftig entwickeln Museen Angebote verstärkt mit Gruppen aus der Gesellschaft, um noch mehr Zugänge für diverse Nutzergruppen zu schaffen, auch digital. 

Welche Chancen bietet die Coronakrise für die Digitalisierung in Museen?

Jetzt in der Coronakrise haben wir eine paradoxe Situation. Einerseits sind Museen geschlossen. Sonderausstellungen, Events, Workshops und Führungen wurden abgesagt. Das ist ein Drama. Andererseits haben gerade öffentlich geförderte Museen nun die Möglichkeit, ihre Angebote für den digitalen Raum noch aktiver zu erweitern. Ihnen bietet diese Phase neue Chancen, denn viele sind dankbar für gut gemachte, interessante digitale Zugänge. Und sie verzeihen gerade jetzt Fehler, wenn gut gemeinte Angebote noch nicht so nutzerfreundlich entwickelt sind. Ich hoffe, dass die guten Ideen, die jetzt am Start sind, nach der Krise für diversere Nutzergruppen fortgeführt werden.

Welches digitale Angebot können Sie statt eines Museumsbesuchs empfehlen?

Von der Aufmachung und der Breite der Produktformate her kann ich besonders die Angebote des Städel Museum Frankfurt am Main empfehlen. Allerdings setzt das Kunstinteresse voraus. Wer in diesen Tagen gerne alleine oder zu zweit draußen Kultur erleben möchte, kann über die Berlin History App oder die About Berlin App kostenfrei interessante Aspekte der Stadtgeschichte Berlins erfahren. Um sich über die Vielfalt der digitalen Angebote in Berlin einen Überblick zu verschaffen, empfehle ich das Museumsportal Berlin, da dürfte für sehr viele etwas dabei sein. 

Tobias Nettke vor der Fassade des Märkischen Museums
Tobias Nettke vor der U-Bahn-Station Märkisches Museum Tobias Nettke arbeitet auf den Treppen des Märkischen Museums am Laptop
Tobias Nettke surft auf der Webseite des Städel Museums

Fotos: Alexander Rentsch
© HTW Berlin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

7. April 2020